Nacht im Spielwarenladen "Der geilste Abend meines Lebens"

Was eine Nacht im Spielwarenladen aus einer Gruppe erwachsener Männer macht und wie Lego Männern Lust auf ein Ding mit Haken macht.

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Die beliebtesten Männer-Spielzeuge
LegoIst der Nachwuchs nur annährend im Bauklotz-fähigen Alter, schleppt Mann auch schon die ersten Lego-Duplo-Sets an. Spätestens nach dem dritten Geburtstag des Sprösslings ist kein Geschenk mehr vor dem Vater sicher - alles was Noppen hat wird zusammengebaut. Oft einträchtig mit dem Sohnemann, aber eigentlich spielt es sich auch als Enddreißiger prima allein mit den bunten Steinen. Davon profitiert natürlich auch die Lego-Gruppe. Vergangenes Jahr konnten sie einen Umsatzwachstum von 11 Prozent verbuchen. Verantwortlich dafür sind die klassischen Produktlinien wie Lego Duplo oder Lego Friends. Aber auch neue Innovationen wie Lego Legends of Chima und andere Neuheiten tragen zu dem Erfolg bei. Lego entwickelt sich weiter: Statt der klassischen Bausteine-Sets gibt es jetzt auch Spiele in der digitalen Welt. Durch Apps, auf lego.com und über Videos wird physisches und digitales Spielen verbunden. Quelle: dpa
Die weltweit größte Spielwarenmesse in Nürnberg ist bei deutschen Herstellern und Händlern auf positive Resonanz gestoßen. Der Geschäftsführer des Deutschen Verbands der Spielwarenindustrie, Ulrich Brobeil, berichtete von einer positiven Stimmung unter den Ausstellern, die im Nachgang zur Messe nun noch zahlreiche Aufträge vor allem aus dem Ausland erwarteten. Auch Willy Fischel vom Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandels sagte zum Abschluss der Branchenschau am Montag: „Der Handel ist sehr zufrieden mit der Messe.“ Mehrere Tausend Besucher aus 112 Ländern kamen nach Nürnberg, um die aktuellen Spielzeug-Trends zu begutachten. Im Mittelpunkt hätten besonders die Produktgruppen Baby und Kleinkind, Karneval und Festartikel sowie Modelleisenbahn und Zubehör gestanden. Die Messe hat gezeigt: Spielzeug begeistert jede Altersklasse. Welche Spielzeug-Trends bei Männern sonst noch hoch im Kurs liegen. Quelle: dpa
MatchboxEs ist wohl das erste Auto eines jeden Mannes - das Matchbox-Auto. Seit 1952 gibt es die kleinen Metallflitzer, mit denen sich so hervorragend Massenkarambolagen und Unfälle jeder Art nachstellen lassen. Seit 1997 gehört die Marke dem Spielzeugriesen Mattel. Quelle: dpa
Tipp-KickEin Überbleibsel aus der analogen Welt - aber immer noch ein Renner in der Spielzeugkiste des Mannes. Die Figuren sind aus Zink und haben ein bewegliches Bein, das per Druck auf den Knopf auf dem Kopf ausgelöst wird. Quelle: dpa/dpaweb
Märklin EisenbahnDie Modelleisenbahn macht seit mehr als 100 Jahren Jungs und Männer glücklich. Auf der Spielwarenmesse in Nürnberg stellt das schwäbische Unternehmen eine neue iPhone-App vor, mit der sich bis zu 16 Lokomotiven einer Modellbahn steuern lassen. Quelle: dpa
CarreraDie Carrera-Bahn hält in der Grundschulzeit Einzug ins Jungs-Kinderzimmer - und gibt es nicht im Laufe der Zeit eine Partnerin, die das Set mutwillig auf den Müll schmeißt, bleibt die Bahn im Besitz des Mannes bis zu seinem Ableben. Sie macht jeden Umzug mit, ist der Hit auf allen Junggesellenfeiern und wird auch gerne noch zum 30. oder 40. Geburtstag verschenkt und aufgebaut.
SpielzeugpistolenFrüher hießen sie Colt und knallten zu Karneval mittels roter Papierbänder, die man vor den Abzug fisseln musste. Die neuen Modelle laufen mit Smartphone. Mittels einer App können auf der "App Tag" von Wikanplay Schieß-Spiele gespielt werden. Das Spielzeug wurde unter dem diesjährigen Motto der Nürnberger Spielwarenmesse "Toys 3.0" vorgestellt. Quelle: dpa

Heinz Lehmann beschert Männern die Nacht ihres Lebens. "Scharenweise", erzählt der umtriebige 63-jährige Hannoveraner, fallen sie ihm um den Hals, bedanken sich für "den absolut geilsten Abend", den sie je hatten. Gegen Mitternacht verlassen die gut 50 Männer Lehmanns Laden. 30 Euro pro Nase, an Samstagen 40, hat sie der Spaß gekostet. Noch tagelang werden sie ihren Frauen davon erzählen - für viele war der Abend ein Geschenk der Gattin höchstpersönlich - mit leuchtenden Augen und einem Grinsen quer über das ganze Gesicht. Lehmann betreibt das unschuldigste "Freudenhaus", das sich Mann vorstellen kann - den Spielwarenladen idee+spiel in Hannover - und bietet seit 2010 Männerspieleabende an. Die Jungs rennen Lehmann förmlich die Bude ein. Über 10.000 Männer schätzt Lehmann, waren schon da.

Ab 20 Uhr dürfen Vorstandsvorsitzende, Bankdirektoren, Anwälte und Metzgerlehrlinge bei Lehmann einfach nur sie selbst sein. Vier Stunden lang wird in Vierer-Teams gekickert, gezockt und gedartet - bis Lehmann die vom Carrera-Bahn-fahren und Hubschrauber-Steuern berauschten Männer (ein, zwei Bierchen gibt es auch) gegen Mitternacht wieder vor die Tür setzt. "Ich hätte niemals für möglich gehalten, dass das so einschlägt", erzählt Lehmann. Der Erfolg reiße einfach nicht ab, bis Weihnachten ist Lehmann komplett ausgebucht.

Lego auf einen Blick

Dabei waren die Männerspieleabende ursprünglich als einmalige Wohltätigkeits-Aktion zu Weihnachten 2009 gedacht. Doch danach gab es so viele Anfragen, dass Lehmann den Spieleabend erst zwei Mal die Woche und nun schließlich fünf Mal die Woche anbietet.

"Wir Männer sind geboren zum Spielen, zum Kämpfen - wir suchen den Wettbewerb", erklärt sich Lehmann den riesigen Andrang. Sein Modell hat im ganzen Bundesgebiet Nachahmer gefunden. Auf mensclub-germany.de finden sich Angebote für Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsens und Sachsen. Land auf Land ab, so hat es den Anschein, wollen Männer nichts als spielen.

Rudolf Stross verwundert das kaum: "Natürlich spielen Männer gerne. Alle Männer bleiben Kinder, das ist eine Tatsache". Für den Psychologen, der in Bergisch Gladbach eine Praxis betreibt, ist die Erklärung ganz einfach. "Männer müssen in ihrem Alltag so vielen Ansprüchen gerecht werden, im Job, in der Partnerschaft und so weiter. Wo ein Mensch spielt, ist er befreit von allen Zwängen, von allem Erfolgsdruck, er kann in eine andere Welt eintauchen und in eine andere Rolle schlüpfen - egal ob Rennfahrer oder Lokführer. Im Spielen erfüllen wir unsere Sehnsüchte. Da kann uns keiner rein reden. Wir erfinden, erobern, erbauen, erschaffen." Das Spielen, so der Psychologe, ist im positiven Sinne eine Flucht. "Das ist wie ein Ventil, über das wir den Druck loswerden, eine Gegenwelt, in der wir Kraft tanken können." Spielen sei sogar ein gutes Mittel, dem Burnout zu entgehen, so Stross.

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