




Es ist der entscheidende Schritt im Rückzug des Großmeisters: Der weltweit bedeutendste Weinkritiker, Robert M. Parker jr., wird keine neuen Bordeaux-Jahrgänge mehr beurteilen. „Die Zeit ist reif, diese Funktion zu übergeben“, erklärte der 67-Jährige. Bereits vor drei Jahren zog sich der Kritiker aus der Chefredaktion seines Newsletters „The Wine Advocate“ zurück. Mit dem Abgang von der traditionsreichen Bordeaux-Bühne emanzipiert Parker endgültig das geschaffene Imperium von seiner Person.
Als sein Nachfolger wird künftig der britische Weinkritiker Neal Martin über die Parker-Punkte in Bordeaux entscheiden. Dieser kündigte bereits einen „flippigeren Zugang“ zu den Weinen an. Entsprechend beunruhigt sind die Bordelaiser Winzer. Sie sind unsicher, ob „seine“ Parker-Punkte die Preise ebenso prägen werden wie die des Großmeisters a.D..
Parker hat seinen Rückzug gut vorbereitet: Sein System funktioniert seit langem ohne ihn. So stammt auch Neal Martin aus der neunköpfigen Mannschaft, die Parker aufgebaut hat. Weltweit bewerten sie Weine und vergeben die begehrten Parker-Punkte. Der Mann, der Weine zu weltberühmten Marken macht, ist so längst selbst eine geworden.
Wo die Deutschen ihren Wein kaufen
Tankstellen, Restaurants, etc.
2012: 5%
2013: 5%
Absatzmengen von Wein in Deutschland nach Einkaufsstätten für die Jahre 2012 und 2013.
Fachhandel
2012: 7%
2013: 7%
Lebensmitteleinzelhandel (bis 1500 qm Ladenfläche)
2012: 12%
2013: 13%
Selbstbedienungswarenhäuser und Verbrauchermärkte
2012: 13%
2013: 13%
Winzer
2012: 15%
2013: 14%
Aldi
2012: 27%
2013: 26%
Discounter (mit Ausnahme Aldi)
2012: 27%
2013: 26%
Absatzmengen von Wein in Deutschland nach Einkaufsstätten für die Jahre 2012 und 2013
Quelle: GfK Consumer Scan
Die Inflation der Parker-Punkte
Die Punkte von Robert Parker zählen als weltweite Währung in der Weinbranche. Eine hohe Bewertung auf der 100er-Skala kann den Preis eines Weines über Nacht in die Höhe schießen lassen, gar verdoppeln. Die Magie der Punkte ist ein Verkaufsgarant für den Handel: Wer möglichst viele Punkte im Regal stehen hat, kann sich sicher sein, die Flaschen hochpreisig loszuwerden.
Die Parker-Benchmark hat es bis in das preisaggressive Discountumfeld geschafft: Aldi und Lidl nutzen den Effekt der Punkte, um neben ihrem Durchschnittspreis von 2,60 Euro pro Flasche auch einmal teurere Weine für unter zehn Euro zu verkaufen.




„In den letzten Jahren gab es eine regelrechte Inflation von Parker-Spitzenweinen auf dem Markt. Meiner Ansicht nach nimmt die Bedeutung der Punkte dadurch stark ab“, sagt Christoph Schikora, Geschäftsführer von Mövenpick Wein. Das 100er-Punktesystem hat seine eigene Dynamik entwickelt, auch Aldis Mitbewerber Lidl lässt in dieser Systematik von dem britischen Weinkritiker Richard Bampfield Punkte vergeben, statt im weltweit ebenso gebräuchlichen 20-Punkte-System.
Denn noch bietet das Parker-Rating vielen Weintrinkern eine Orientierung. Bei Hawesko, der größten Weinhandelsgruppe in Deutschland, sind die Punkte deshalb ein wichtiges Marketinginstrument: „Gerade dort, wo nicht probiert werden kann, sind sie für die Kunden entscheidend. Deshalb nutzen wir sie vor allem im Versandhandel gezielt. Die Parker-Punkte sind sehr wichtig für uns“, erklärt ein Sprecher der Hawesko-Gruppe.