Rewe gegen Aldi, Lidl und Amazon Die wichtigsten Aufgaben des neuen Rewe-Chefs

Rewe-Chef Alain Caparros verabschiedet sich mit einem Rekordergebnis von der Spitze des Kölner Handelskonzerns. Doch seinem Nachfolger Lionel Souque wird die Arbeit nicht ausgehen: Drei zentrale Themen muss er anpacken.

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Der scheidende Vorstandsvorsitzende des Handelskonzerns Rewe, Alain Caparros (rechts), und sein Nachfolger Lionel Souque. Quelle: dpa

Rewe-Chef Alain Caparros hält kurz inne, bevor er die Frage beantwortet. Welche Aufgaben solle sein Nachfolger dringend angehen, hatte ihn ein Journalist bei der Vorstellung der Rewe-Bilanz gefragt. Caparros schaut nach rechts zu Lionel Souque, der ab Juli den Chefposten übernimmt. Souque - krawattenfrei im dunklen Anzug – grinst zurück und hält seine Hand theatralisch ans Ohr, um zu zeigen, er höre jetzt ganz genau zu. Doch Caparros antwortet nur trocken: „Ich sehe da keinen Punkt“, um schnell noch nachzuschieben: „Er weiß sehr genau, was er zu machen und zu lassen hat.“

Tatsächlich hinterlässt Caparros Souque ein gut bestelltes Haus. Rewe steigerte im vergangenen Jahr den Umsatz um fünf Prozent auf den Rekordwert von 45,6 Milliarden Euro, der Konzerngewinn kletterte um über 20 Prozent auf 463 Millionen Euro. „Ich finde“, sagt Caparros ganz unbescheiden, „wir haben einen guten Job gemacht.“

Tatsächlich hat der Kölner Handelsriese in der Ära Caparros zwar viel erreicht. Doch auch auf Souque warten noch reichlich Aufgaben. Eine Baustellenbesichtigung.

1. Amazon Paroli bieten

Seit Jahren halten sich die Gerüchte, nun wird es konkret: Insidern zufolge bereitet Amazon bei frischen Lebensmitteln den Sprung auf den deutschen Markt vor und will zunächst in Berlin, dann sukzessive landesweit antreten. Die Deutsche Post soll für den US-Riesen ausliefern. Amazon hat dazu eine Kooperation für seinen Lebensmittel-Dienst „Amazon Fresh“ mit der Post-Tochter DHL geschlossen.

Für den gesamten deutschen Lebensmittelhandel – und damit auch für Rewe ist das eine Herausforderung. „Wahrscheinlich wird nicht nur Staub aufgewirbelt, sondern ein Sturm entfacht“, sagte Caparros schon im vergangenen Jahr der WirtschaftsWoche. "Für Amazon ist Deutschland der zweitwichtigste Markt der Welt. Wer glaubt, dass dieses Unternehmen hierzulande nur mal so testet, was geht oder nicht geht, ist naiv." Ein Vorstoß der Internet-Größe ins Geschäft mit Lebensmitteln werde zu einer "Verschärfung des Verdrängungswettbewerbs führen".

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Zwar hält Rewe seit geraumer Zeit mit einem eigenen Lieferdienst dagegen, der in Deutschland mehr als 100 Millionen Euro umsetzt, aber Verluste schreibt. Doch die neue Konkurrenz dürfte die Kosten für Marketing und Vertrieb steigern – und so auch die Verluste. Trotzdem muss Souque mithalten und das unprofitable Geschäft sogar ausbauen. Sollten langfristig Marktanteile ins Netz abwandern, leidet die Frequenz in den stationären Läden. Der Aufbau des Online-Geschäfts ist somit auch eine Versicherung gegen eine mögliche Abwanderung der Kundschaft.

"Der Beste wird überleben"

2. Neue Wachstumsmöglichkeiten erschließen

Vor allem ein Thema beherrschte im vergangenen Jahr die Handelszunft: Der Kampf zwischen Edeka und Rewe um die Übernahme der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann. Ursprünglich wollte Edeka die angeschlagene Kette komplett übernehmen, am Ende gelang es Caparros immerhin, mehr als 60 Läden in Berlin abzubekommen. Wesentlich geräuschloser wickelte Rewe die Übernahme von Coop Kiel mit rund 200 Märkten ab. Doch die Auseinandersetzung hat gezeigt, dass es für größere Übernahmen im deutschen Lebensmittelmarkt kaum noch wettbewerbsrechtlichen Spielraum gibt. Souque muss daher auf dem Heimatmarkt stärker noch als Caparros das Wachstum aus eigener Kraft forcieren – etwa mit neuen Ladenformaten, Beteiligungen an Online-Playern und Gastro-Ketten oder einem Ausbau des Touristik-Engagements. Auch das Auslandsgeschäft dürfte in Zukunft für Rewe wieder deutlich wichtiger werden.

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3. Von Discountern abgrenzen

Die Diagnose ihres Chefs dürfte bei den Betreibern der Rewe-Supermärkte für wenig Begeisterung gesorgt haben. „In fünf Jahren wird es keinen reinen Discounter mehr geben“, sagte Caparros vor einigen Monaten im Interview mit der „Welt am Sonntag“. „Die Grenzen zwischen Supermarkt und Discounter verschwimmen zunehmend.“

Aldi etwa biete plötzlich Markenware, habe statt 600 über 2000 Produkte im Sortiment und wolle sich nun auch noch vom Palettenverkauf verabschieden. Caparros-Nachfolger Souque muss darauf reagieren. Denn wenn sich die Discounter immer stärker in Richtung Supermarkt entwickeln, könnte für die Kunden auf Dauer auch der Anreiz wegfallen, noch beim Original zu kaufen. Zumal die Leute „sogar für zwei Cent“ woanders hingingen, wie Caparros jüngst dem Kölner Stadtanzeiger sagte. Rewe sei in der Wahrnehmung der Kunden zu teuer, auch wenn Billigmarken wie die ja-Produkte mit Aldi-Preisen mithalten könnten. „Wenn unsere Konkurrenten besser werden, ist das immer eine Bedrohung. Der Beste wird überleben.

Der Verdrängungswettbewerb ist in vollem Gang“, erklärte Caparros dem Blatt und räumte ein: „Wir kämpfen nicht mehr mit Händlern, wir kämpfen gegen Maschinen: Ich nenne das Industriediscount. Aldi und Lidl haben einen gewaltigen Marktanteil und haben die ganze Nation geprägt.“ Für Souque dürfte es daher von zentraler Bedeutung sein, sich wieder stärker von den Discountern anzugrenzen – etwa über zusätzliche Gastronomieangebote in den Märkten - und gleichzeitig Rewes Preisimage zu korrigieren.

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