Starkbierzeit "Grauslich" Bier für wahrhafte Büßer

Um sich auch in der Fastenzeit zünftig ernähren zu können, machten unsere Vorfahren aus Bier flüssiges Brot. Starkbier ist nicht nur kräftig, hochprozentig und schmackhafter als die industrielle Einheitsplörre - es hat sogar den kirchlichen Segen.

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Ein Kellner füllt einen Bierkrug Quelle: dpa

Machen wir uns nichts vor. Mengenmäßig sind die starken Biere die absoluten Schwächlinge: Sie kommen im gesamten deutschen Biermarkt nicht mal auf ein Prozent Marktanteil. Einigen Brauereien ist es dennoch gelungen, durch ein Starkbier ihr Überleben zu sichern. Prösslbräu bei Regensburg ist so ein Kandidat, da fließt in jedes fünfte Fass der dickschwarze Palmator-Saft. Am Palmsonntag, den 13. April, ist es am Adlersberg, rund 15 Kilometer außerhalb von Regensburg, wieder soweit: der Palmator wird angestochen. Eigentlich handelt es sich dabei um keinen klassischen Anstich. Wenn die erste Maß ausgeschenkt wird, gilt der Bock als angestochen.

Im katholischen Bayern gehört es während der Fastenzeit zur Tradition, dem nahrhaften Starkbier zu frönen. Eine Äbtissin des ehemaligen Dominikanerinnenkloster auf dem Adlersberg hatte verfügt, dass am Palmsonntag jeder Gast seinen Palmator und jedes Kind eine Brezel erhalten sollte. Das war der Ursprung des Bockanstichs; jeweils am Palmsonntag auf dem Adlersberg. Schon vor Monaten wurde in der kleinen Prösslbräu damit begonnen, den diesjährigen Bock zu brauen. Dabei kommen insgesamt fünf verschiedene Malzsorten zum Einsatz. Dunkle Röstmalze sorgen für die dunkle, ja fast schwarze Farbe des dunklen Doppelbock. Denn je mehr Malz in den Sud kommt, umso mehr Stammwürze entwickelt sich. Und ein Bock der auf „ator“ endet, muss mindestens über 18 Prozent Stammwürze verfügen.

Was Sie für den perfekten Biergenuss brauchen
LagerungAuch wenn es dauert, bis Bier ausflockt, länger als sechs Wochen sollte man es nicht lagern. Starke Temperaturschwankungen tun dem Aroma außerdem nicht gut, also sollte das Bier direkt vom Getränkemarkt in den kühlen, dunklen Keller wandern. Quelle: AP
Die richtige TemperaturEgal, welches Bier Sie mögen - warm schmeckt es ganz sicher nicht. Damit sich alle Aromen entfalten, sollte das Bier deshalb zwischen sieben und neun Grad kühl sein. Und je weniger Alkohol das Getränk hat, desto kälter sollte es sein. Davon, das Bier im Eisfach schnell runterzukühlen, sollte man jedoch absehen, weil sonst die Aromen leiden. Quelle: dpa
EinschenkenDass ein gutes Pils sieben Minuten dauert, ist Quatsch. Richtig ist, dass das Bier nicht in einem Rutsch eingegossen beziehungsweise gezapft werden sollte. Und das Schwenken der Flasche ist nur beim Weizen wirklich sinnvoll, damit sich die Hefe, die sich am Boden abgesetzt hatte, wieder mit dem restlichen Bier mischen kann. Quelle: dpa
Mythos vom billigen DosenbierDosenbier hat kein gutes Image. Dabei ist es - neben dem Fass - das einzige Gefäß, mit dem das lichtscheue Bier luft- und lichtdicht verpackt werden kann. Dosenbier ist also in der Regel nicht schlechter als Bier aus Partyfässchen oder den großen Fässern in der Kneipe. Wegen der Hygiene sollte man das Bier aber trotzdem in ein Glas einschenken. Besucher von Festivals, auf denen Glasverbot herrscht, einmal ausgenommen. Quelle: dpa
Das richtige GlasWer nicht aus der Flasche trinkt, sollte Pils aus der klassischen Biertulpe, Kölsch aus Kölschstangen, Weizen aus Weizengläsern und Schwarzbier aus bauchigen Gläsern trinken. Grundsätzlich gilt: je schwerer das Bier, desto dickwandiger das Gefäß. Quelle: dapd
Reinigung der GläserEs kommt aber nicht nur auf die Lagerung des Bieres und das passende Glas drauf an, sondern auch darauf, wie das Glas gereinigt wurde. Wer seine Biergläser nämlich mit Spülmittel reinigt oder in den Geschirrspüler stellt, muss damit rechnen, dass die Spülmittel mit der Zeit einen Film auf dem Glas bilden. Den schmeckt man zwar nicht, aber es bildet sich auch keine Schaumkrone mehr. Zum perfekten Bier gehört also auch ein Glas, das nur mit heißem, klaren Wasser gespült und nicht mit einem Handtuch getrocknet worden ist. Quelle: AP
Mythos BierbauchDamit vom Bier trinken der Bauch nicht wächst, reicht es, daneben auf Erdnüsse, Chips und den fettigen Mitternachtssnack zu verzichten. Bier selbst hat nämlich weniger Kalorien als Apfelsaft. Ein Glas Bier schlägt mit durchschnittlich sieben Kalorien zu Buche. Je mehr Alkohol das Bier enthält, desto höher ist die Kalorienanzahl. Quelle: KNA

Namensgeber aller Biere, die mit –„ator“ enden, ist der Salvator, ein Starkbier, das der bayerische Brauer Franz Xaver Zacherl 1806 zum Ausschank brachte. Der Name Salvator geht dabei angeblich auf den ursprünglichen Namen Sankt-Vater-Bier zurück, den die Braumönche nutzten. Dieses Starkbier wurde durch den König gefördert. König Ludwig I. erteilte dem Bier, das einen höheren Stammwürzegehalt besaß als das übliche Lagerbier, seinen königlichen Segen mit den Worten: „Solange ich nichts anderes verfüge, soll die Kreisregierung ermächtigt werden, alljährlich zum Ausschenken des Salvatorbieres Erlaubnis zu erteilen. Die Schankzeit ist dabei festzusetzen, aber keine bestimmte Taxe, da dieses Bier als Luxusgetränk zu betrachten ist.“

"Flüssiges bricht Fasten nicht"

Seitdem wird jedes Jahr im März auf dem Münchner Nockherberg das Salvator-Bierfest gefeiert. Der Ruhm des königlichen Getränks veranlasste viele andere Brauereien, ihrem Starkbier ebenfalls die so eingängigen Endsilben anzuhängen. Animator, Delicator, Patronator, Triumphator und Kulminator zählen zu den bekanntesten Biernamen und -Marken, die auf den gemeinsamen Vater Salvator zurückgehen. Benediktiner, Franziskaner oder Dominikaner - jahrhundertelang halfen sich brauende Mönche nach dem Grundsatz „Flüssiges bricht Fasten nicht“ mit ihrem gehaltvollen Trunk über die karge Zeit.

Und das sogar mit päpstlichem Segen, denn der Inhalt eines von Rom angeforderten Probefässchens, das auf dem langen Weg über die Alpen kräftig geschüttelt und unter italienischer Sonne warm geworden war, schmeckte abscheulich. „Wer solch ein grauslich Bier trinket“, soll der Heilige Vater ausgerufen haben, „ist ein wahrer Büßer“.

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