Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf haben die Erlaubnis des Bundeswirtschaftsministeriums zur Übernahme von Kaiser´s Tengelmann durch Edeka zunächst außer Kraft gesetzt. Der Senat sei zu dem Ergebnis gelangt, dass die "Ministererlaubnis unter mehreren [...] Gesichtspunkten rechtswidrig sei", heißt es in der offiziellen Mitteilung des Gerichts. Die Begründung ist zugleich eine deutliche Kritik an Sigmar Gabriel.
Der Wirtschaftsminister habe "über die Erteilung der Erlaubnis nicht entscheiden dürfen, da sein Verhalten im Erlaubnisverfahren die Besorgnis seiner Befangenheit und fehlenden Neutralität begründe", heißt es. Stein des Anstoßes sind geheime Treffen: Gleich zweimal habe es im Dezember 2015 „Sechs-Augen-Gespräche“ zwischen Gabriel, dem Edeka-Chef Markus Mosa und dem Kaiser's-Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub gegeben.
Wirtschaftsminister Gabriel hatte die Fusion im Januar 2016 gegen das Veto des Bundeskartellamts und den Rat der Monopolkommission - unter Auflagen - bewilligt.
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Quelle: TradeDimensions / Statista
Deutliche Kritik an Sigmar Gabriel, der wehrt sich
Auch darüber hinaus kritisieren die Richter den Ablauf bis zur Ministererlaubnis. Diese sei rechtswidrig, "da der Bundesminister bei seiner Entscheidung zu Unrecht den Erhalt der kollektiven Arbeitnehmerrechte bei Kaiser's Tengelmann als einen Gemeinwohlbelang berücksichtigt habe". Gemeint sind etwa die Tarifverträge der Beschäftigten. Der Erhalt und die Sicherung dieser Arbeitnehmerrechte könne jedoch kein Gemeinwohlbelang sein, welches die ministerielle Erlaubnis einer wettbewerbsschädlichen Unternehmensfusion rechtfertigen könne, argumentieren die Richter.
Zudem entkräften die Düsseldorfer Richter das Hauptargument für die Fusion: die Sicherung von Arbeitsplätzen. So ist vor allem von der Rettung von rund 16.000 Arbeitsplätzen bei Kaiser's Tengelmann die Rede. Unklar sei aber, ob und in welchem Umfang die Möglichkeit eines fusionsbedingten Stellenabbaus bei Edeka in die Abwägungsentscheidung einbezogen wurde.
Gabriel wies die Vorwürfe am Dienstagnachmittag zurück. „Die vom Gericht behauptete Befangenheit wurde von keinem Verfahrensbeteiligten zu keinem Zeitpunkt vorgetragen“, sagte er im Wirtschaftsministerium. Den gegen ihn gerichteten Vorwurf der Befangenheit nannte Gabriel "absurd". Wie in solchen Verfahren üblich, habe er auch Gespräche mit den Antragstellern geführt. Dies sei „üblich, möglich und zulässig“. Der Edeka-Konkurrent Rewe sei - anders als vom Gericht behauptet - im Verfahren nicht schlechter behandelt worden. Ein Gegenangebot von Rewe, das die Richter unter Verweis auf den Erhalt fast aller Arbeitsplätze bei Kaiser's Tengelmann anführen, sei geprüft worden: „Dieses Angebot von Rewe stellte gegenüber dem Angebot von Edeka allerdings aus kartellrechtlichen Gründen keine Alternative dar.“
Ich bedauere das Urteil sehr", sagte Gabriel zudem der Nachrichtenagentur Reuters. "Dass die Sicherheit der Arbeitsplätze und der Schutz der Arbeitnehmerrechte durch Tarifverträge und Betriebsräte nach Auffassung des Gerichts keinen Gemeinwohlgrund darstellen sollen, halte ich für mehr als problematisch." Das Ministerium prüft nun das Urteil und will dann entscheiden, ob es juristisch dagegen vorgeht.