Tönnies Schlachtkonzern zerfleischt sich selbst

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Scharf auf die Unterlagen der Steuerfahndung

Der Aufsichtsratsvorsitzende des FC Schalke 04, Clemens Tönnies, und Ehefrau Margit Quelle: dpa

Der Ordner enthält internen Schriftverkehr des Tönnies-Managements zu Fragen, mit denen Robert und seine Anwälte den Onkel vor der Gesellschafterversammlung löcherten. Tönnies-Mitarbeiter erklären den Aufkleber so: Die Fahnder wollten den Ordner beschlagnahmen, wurden aber von den herbeigeeilten Tönnies-Anwälten daran gehindert, weil dies nicht vom Durchsuchungsbeschluss gedeckt sei. Der Ordner blieb bei Tönnies, der Aufkleber mit P.s Namen versehentlich dran.

Offenbar nahmen die Beamten auch Unterlagen zu Kartellverfahren mit. Dies war nach Auffassung der Tönnies-Anwälte ebenfalls nicht vom Durchsuchungsbeschluss gedeckt. Und Teile dieser Unterlagen würde das Robert-Lager im Streit mit dem Onkel um die verschenkten fünf Prozent am Schlachtimperium nach eigenen Angaben gerne sehen. Die Schreiben an das Kartellamt enthalten auch Informationen zu Clemens Tönnies’ Engagement bei Zur Mühlen – um das sich Neffe und Onkel ebenfalls streiten.

Verdacht auf gewerbsmäßigen Betrug

Dass Robert Tönnies und seine Anwälte scharf sind auf die Unterlagen der Steuerfahndung gegen den Onkel, ist Fakt. Seit die Steuerfahnder Robert Tönnies im Frühjahr dieses Jahres über das Ermittlungsverfahren gegen seinen Onkel informiert haben, fordern sie Akteneinsicht.

Die Akten bearbeitet mit Rüdiger P. ausgerechnet ein Fahnder, der bereits in einem anderen Strafverfahren gegen Clemens Tönnies eine ebenso zentrale wie zwielichtige Rolle spielte. Nach einer anonymen Anzeige ermittelte die Staatsanwaltschaft Bochum in einem Monsterverfahren über Jahre hinweg gegen den Westfalen. Die Fahnder verdächtigten Tönnies und zahlreiche Mitarbeiter des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges, der Steuerhinterziehung, der Korruption und anderer massiver Straftaten. Doch von den 24 Vorwürfen brach einer nach dem anderen zusammen. Nur wegen eines Vorwurfs wurde Clemens Tönnies 2011 schließlich angeklagt – angebliche Verstöße gegen das Lebensmittelrecht. Das Landgericht Essen stellte das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage, aber ohne Schuldspruch ein.

Anwälte reagieren nicht

Spannend war jedoch, was die Essener Verhandlung am Rande zutage förderte. Denn während des Verfahrens tauchten Dokumente auf, nach denen Rüdiger P. dem anonymen Anzeigenerstatter beim Verfassen der Anzeige behilflich gewesen sein soll. Zeugen belasteten P. vor Gericht, er selbst konnte sich an nichts erinnern.

Auf Anfragen der WirtschaftsWoche zu den neuen Vorwürfen von Clemens Tönnies’ Anwalt reagierte P. nicht. Robert Tönnies und sein Anwalt Binz bestreiten jede Verbindung. Für Clemens Tönnies sprechen die Indizien eine klare Sprache. "Es ist ein Klassiker, dass bei Gesellschafterstreits auch versucht wird, Unterlagen der Steuerfahndung zu verwenden", sagt sein Anwalt Sven Thomas, der nun P. selbst ins Visier nimmt: "Wir prüfen intensiv, welche rechtlichen Schritte wir jetzt einleiten."

Die juristischen Scharmützel werden also weitergehen. Und im November könnte auch Robert Tönnies seine Klage gegen Onkel Clemens auf Schenkungswiderruf bei Gericht einreichen.

*Name von der Redaktion geändert

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