
Als der kriselnde Mannheimer MDax-Konzern Bilfinger am vergangenen Mittwoch Gespräche über den Verkauf seiner florierenden Gebäudemanagement- und Bausparte (Facility Management, FM) bestätigte, kursierte sofort ein halbes Dutzend Namen angeblicher Interessenten. Nach WirtschaftsWoche-Informationen sind aber weder europäische Baukonzerne noch internationale Immobilienmakler oder deutsche Gebäudedienstleister aussichtsreiche Kaufinteressenten für Bilfingers Tafelsilber, sondern Finanzinvestoren.
Vor allem die Londoner Dependance des amerikanischen Private-Equity-Anbieters KKR wird in gut unterrichteten Kreisen als Topkaufkandidat genannt. KKR-Europachef Johannes Huth und Bilfinger haben auf Anfrage dazu nicht Stellung genommen. Der wahrscheinliche Verkauf der FM-Sparte mit 2,4 Milliarden Euro Umsatz und 22.000 Mitarbeitern ist die neueste Wende im Bilfinger-Drama. Noch im Oktober verkündete Vorstandschef Per Utnegaard eine Zwei-Säulen-Strategie auf Basis des kerngesunden Gebäudemanagement- und Baugeschäfts sowie der zu sanierenden Industrieservicesparte.
Bilfingers Kandidaten-Karussell
Wer kommt in Frage für die Übernahme der erfolgreichen Gebäudemanagement- (neudeutsch Facility-Management, kurz FM) und Bau-Sparte des erfolgslosen Bilfinger-Konzerns? Seit in der vergangenen Woche bekannt wurde, dass Bilfinger-Vorstandschef Per Utnegaard doch bereit ist, sein einziges Tafelsilber zu verkaufen, wird eifrig spekuliert über die potentiellen Kauf-Kandidaten. Hier – in alphabetischer Reihenfolge - die wiwo.de- Einschätzung, wer wirklich auf dem Kandidaten-Karussell sitzen könnte und wer nicht.
Der spanische Baukonzern hat das Gebäudemanagement seiner feindlich übernommenen deutschen Tochter Hochtief vor zweieinhalb Jahren an die französische Spie-Gruppe verkauft. Würde sich ACS-Großaktionär Florentino Perez nun bei Bilfinger zum Höchstpreis wieder in dasselbe Geschäft einkaufen? Kaum zu glauben. Es wäre eine Eigentor, das dem Unternehmer und Präsidenten von Real Madrid kaum zuzutrauen ist. Übernahme-Chance: fast null.
CBRE ist das weltweit größte Dienstleistungsunternehmen auf dem gewerblichen Immobilienmarkt. Der kalifornische Makler-Gigant mit 9 Milliarden Umsatz setzt aber lieber auf margenstarke Beratung als auf Arbeit im Blaumann. „Die geben Gebäudemanagementaufträge nach unten weiter und quetschen Unternehmen wie Bilfinger dabei aus“, beschreibt ein Branchenkenner das Geschäftsmodell von CBRE. Warum sollte der FM-Markt CBRE plötzlich reizen, fragt er rhetorisch. Übernahme-Chance: gering.
Hinter dem Schweizer Anlagenbau- und Gebäudemanagement-Unternehmen steht die französische GDF Suez-Gruppe, die seit vergangenem Jahr Engie SA heißt. Für den Energie-Giganten mit 75 Milliarden Umsatz wäre der Milliarden-Kauf in Deutschland ein Klacks. Dagegen spricht: Eigentlich will Engie wegen der gesunkenen Öl- und Gaspreise seine Investitionen zwar deutlich zurückschrauben. Dafür spricht: Eine Investition in das solide FM-Geschäft würde gerade deshalb gut passen.
Wiederum gegen den Milliardenkauf spricht, dass die französische Unternehmenskultur weniger Freiräume bietet als sie der starke Bilfinger-FM-Chef Otto Kajetan Weixler gewohnt ist. Übernahme-Chance: man soll nie nie sagen.
Das Unternehmen ist besser bekannt als Jones Lang La Salle und wie CBRE einer der ganz großen Immobilienmakler und –dienstleister weltweit. Auch für JLL mit seinen rund fünf Milliarden Euro Umsatz ist zu bezweifeln, dass das Unternehmen seine Fertigungstiefe durch die reine Ausführung von Gebäudemanagment-Arbeiten durch die Bilfinger-Sparte so weit vergrößern will. Allenfalls kleine Teile von Bilfinger-FM und -Bau wären nach dem bisherigen Geschäftsmodell für die Amerikaner interessant. Übernahme-Chance: gering.
Die Londoner Dependance der US-Heuschrecke war wohl unter den ersten, die im vergangenen Jahr in Mannheim anklopften. Dass die Profi-Investoren wirklich bereit sein könnten, eine Milliarde Euro für den FM- und Baubereich zu zahlen, mochte Utnegaard angeblich zunächst kaum glauben. Ist offenbar aber so. Neben KKR gibt es wohl weitere Bieter aus der Private-Equity-Branche, die dringend gute Anlageziele sucht. Übernahme-Chance: der Top-Kandidat.
Die Milliarde Euro als Kaufpreis ist viel für den österreichischen Bauriesen, der unter dem Preiskampf in der europäischen Baubranche gelitten hat. Ein Insider sagt der WiWo: „Da hebt sich die Strabag einen Bruch“. Zudem: Die Wiener würden eine sehr homogene und selbstbewusste Sparte übernehmen, die sich nicht so einfach wie andere typische Strabag-Erwerbungen in die unter dem Deutschen Thomas Birtel agierende österreichische Gruppe integrieren ließe. Übernahme-Chance: unwahrscheinlich.
Siehe die Cofely-Einschätzung: Geld ohne Ende hat auch der französische Baukonzern. Das Häppchen Bilfinger wäre für den größten Baukonzern Europas kein Problem. Dagegen steht einzig die Frage, ob Vinci den FM-Chef Otto Kajetan Weixler, der schon unter Holzmann diesen Bereich führte und ihn aus der Holzmann-Pleite zu Bilfinger rettete, sich auf ein Arbeiten unter französischer Regie einließe. Die Bilfinger-Gebäudeprofis aber ohne ihren Kopf Weixler zu übernehmen, wäre eine Schwächung des Investments und schürte sicher auch Skepsis in der insgesamt 22 000 Mann starken Bilfinger-Sparte. Übernahme-Chance: nicht auszuschließen.
Für die Gebäudemanagement-Tochter des Familien-Unternehmens Wisser aus Frankfurt/Main ist der Bilfinger-Brocken einfach eine Nummer zu groß und die Euro-Milliarde Kaufpreis kaum zu finanzieren? Übernahme-Chance: minimal.
Komplett verkauft werden sollte nur der von der Energiewende total gerupfte Bereich Kraftwerks-Service. Drei Monate später ist es Utnegaard offenbar wichtiger, dass der schwedische Finanzinvestor und Großaktionär Cevian aus seinem 2011 begonnenen Fehlinvestment von inzwischen 26 Prozent der Bilfinger-Aktien noch Kapital schlagen kann. Cevian-Statthalter und Bilfinger-Aufsichtsratschef Eckhard Cordes behauptet, die Angebote für die FM-Sparte seien „völlig überraschend“ gekommen.
Tatsächlich aber liegt der Anfang der Überlegungen ein halbes Jahr zurück. Kurz nach Utnegaards Amtsantritt schlug FM-Chef Otto Kajetan Weixler Utnegaard den Verkauf seines Bereichs vor. Weixler hatte diese 2002 selbst vom gescheiterten Baukonzern Philipp Holzmann zu Bilfinger gebracht.
14 Jahre später nun will der 57-Jährige mitsamt der Sparte runter vom sinkenden Bilfinger-Schiff. Denn unter Utnegaard drohen dem FM Kollateralschäden durch Spar- und Abbauwellen im Gesamtkonzern. Investiert wurde kaum noch. Ein Bericht über Weixlers Vorschlag (WirtschaftsWoche 27/2015) rief Interessenten auf den Plan. Als die WirtschaftsWoche am Abend des 12. Januar dazu Fragen schickte, machte Bilfinger am nächsten Morgen mit einer Ad-hoc-Meldung die Verkaufsverhandlungen publik.
Utnegaard und Cevian hatten Weixlers Vorstoß zunächst abgelehnt. Aber mit den gebotenen Preisen wuchs die Bereitschaft zum Verkauf. Rund eine Milliarde Euro soll KKR für die Sparte mit 2,6 Milliarden Euro Umsatz bieten, das 14-Fache des Jahresgewinns.
Üblich wäre das Sieben- oder Achtfache. Aber Finanzinvestoren stehen wegen der dank Niedrigzins kräftig fließenden Gelder unter Anlagedruck. Und die Betreuung von Büro- und Wohnimmobilien verspricht zuverlässige Margen. In zwei, drei Jahren könnte der Käufer die FM-Sparte – abgerundet durch internationale Zukäufe – an die Börse bringen, „mit einem Erlös zwischen zweieinhalb und drei Milliarden Euro“, spekuliert ein Topmanager aus der Branche.
Dass Cevian mit dem Verkaufserlös Bilfingers Industrieservice sanieren würde, bezweifelt der Insider: „Sie werden eine Sonderausschüttung beschließen und die Löcher in der eigenen Kasse stopfen.“
Für den einst stolzen Bilfinger-Konzern sei der FM-Verkauf „der Anfang vom Ende“.