Bilfinger Tom Blades gibt kritische Zahlen nicht preis

Der neue Bilfinger-Chef Blades könnte mit Offenheit überraschen und die genaue Lage des wichtigen Servicebereichs für die Öl- und Gasbranche offen legen. Stattdessen macht er es seinen gescheiterten Vorgänger gleich.

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Tom Blades könnte überraschen, aber stattdessen kommuniziert er wenig Quelle: dpa

Tom Blades möchte Vertrauen schaffen zu Anfang seiner Amtszeit beim Krisenkonzern Bilfinger. Was das Vertrauen in die Person betrifft, hat der frühere Linde-Vorstand einen Vorschuss absolut verdient. Er übernimmt schließlich ein Desaster, für das er nicht verantwortlich ist und hat in der Vergangenheit mindestens solide Arbeit abgeliefert. Wer keinen Vertrauensvorschuss verdient hat, ist hingegen das Unternehmen, das er nun führt. Bilfinger hat seit der Ära Roland Koch jegliches Vertrauen aufgebraucht – bei Aktionären und Beobachtern, vor allem aber auch in der eigenen Belegschaft. Anonyme Informationen aus dem Bilfinger-Kosmos erreichen die Medien, weil keiner dort weiß, welche Vorgabe von gestern heute noch gilt.

Eben erst kassierte Blades nebenbei eine strategisch hoch relevante Ansage ein, die sein Vorgänger Per Utnegaard vor einem halben Jahr ausgerufen hatte: dass Bilfinger sich auf das Europa-Geschäft beschränkt und an Aktivitäten jenseits des Kontinents nicht mehr interessiert ist. Nun sagt Blades zu der Frage, ob Bilfinger nach einem jüngst verkündeten Iran-Deal sich auch grundsätzlich außerhalb Europas betätigen will: „Die Wahrscheinlichkeit ist hoch.“

Das entscheidet nichts, zwingt aber in allen Sparten die Mitarbeiter zu einer erneuten Umorientierung. Diese Kehrtwende zeigt, wie chaotisch und überfordert aus Sicht der Belegschaft die Mannheimer Chefetage erscheinen muss. Erst hörten sie, das Gebäudemanagement solle Kerngeschäft bleiben – nun wird es verkauft. Sie hörten, die Powersparte solle komplett verkauft werden. Nun bleibt sie – weil unverkäuflich – teilweise im Konzern.

Was kein Vertrauen ins Unternehmen schafft – und am Ende auch nicht in Blades -, ist das Festhalten an der formalistischen Verweigerung relevanter Zahlen zu Geschäftsbereichen, die den Konzern fundamental belasten. Angesichts seiner desolaten Lage bringt das dem defizitären MDax-Konzern gar nichts. In der Prosa der Unternehmensmitteilungen gesteht Blades ein, der drastische Rückgang des Umsatzes im einzigen vollständig verbleibenden Geschäftsbereich Industrieservice sei vor allem eine Folge des „herausfordernden Umfelds im amerikanischen Projektgeschäft“ und der „Nachfrageschwäche im Öl- und Gasbereich“.

Im Zahlenteil aber bleibt er auf die Frage, wie genau die Umsätze und Gewinne sich in diesem existenziellen Geschäftsfeld entwickeln, das fast 40 Prozent des Industrieservicegeschäfts ausmachen, die Antwort schuldig.

Als Begründung verweist Blades auf die Bilfinger-Gepflogenheit, keine detaillierten Zahlen der einzelnen Divisionen und ihrer einzelnen Unternehmen zu veröffentlichen. Aber warum hält er sich daran? Das wirkt mutlos und defensiv. Sich über diese Regel hinweg zu setzen, tiefere Einblicke zu gewähren und zu erklären, ob es stimmt, dass etwa der Öl- und Gasdienstleister Westcon statt eines angestrebten Gewinns fundamental im roten Bereich ist, das wäre souverän – er ist der Chef! - und längst an der Zeit und könnte die im Unternehmen und darüber hinaus brodelnden Gerüchte vielleicht beruhigen.

Klar, Offenheit ist schmerzhaft – angesichts der Lage des Unternehmens aber sinnvoll. Ein neuer Bilfinger-Chef, der sich demonstrativ nicht an die Usancen seiner krachend gescheiterten Vorgänger hält, würde zumindest eines schaffen: Vertrauen - ins Unternehmen und in seine Person.

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