
Silbrig-grau glänzt das filigran verzweigte Werkstück, zentraler Bestandteil des Lenksystems eines Porsche-Rennwagens 919. Noch wird das gute Stück aus Knet-Aluminium im Druckgussverfahren hergestellt, doch in wenigen Monaten schon soll es aus dem 3D-Drucker kommen. Additive Fertigung heißt das Verfahren, wenn ein Laser unter hohen Temperaturen Granulat auf Eisen-, Aluminium- oder Titanbasis zu einem komplexen Ganzen verschmilzt. Europas größter Werkzeugmaschinenhersteller DMG Mori, früher Gildemeister, setzt noch was drauf, wenn das Werkstück anschließend in der gleichen Maschine gefräst, gebohrt und anderweitig bearbeitet werden kann.
„Früher hat so ein Vorgang von der Idee bis zur Fertigung schon mal sechs Wochen und länger gedauert“, sagte Vorstandschef Rüdiger Kapitza am Donnerstag in Frankfurt. „Heute erstellen Sie die Konstruktion bis mittags am Computer und können das fertige Werkstück abends in die Hand nehmen.“
Der Bereich additive Fertigung ist die am stärksten wachsende Sparte des Maschinenbauers mit Wurzeln im ostwestfälischen Bielefeld. Rund 70 Millionen Euro betrug hier der Umsatz 2015, im laufenden Jahr sollen es schon rund 100 Millionen sein. „Sehr profitabel“, sei der Bereich ohnehin, sagt Kapitza.
Die Maschinen für 2016 sind bereits ausverkauft. Werkstücke aus dem 3D-Drucker erobern immer mehr Industriebereiche. Die Qualität ist in Teilen sogar schon höher als die aus klassischen Produktionsverfahren. Die Anwendungsbereiche: Überall dort, wo geringes Gewicht bei hoher Festigkeit benötigt wird – und schnell geliefert werden muss, weil sich die Konstruktion immer wieder ändert. Die Kunden kommen aus der Luft- und Raumfahrt – und zunehmend auch aus der Autoindustrie.
Das Ende des Saugers - Porsche 911 Carrera S
Die Sportwagenabteilung von Porsche, die den 919 fit für die Langstrecken-Prüfung in Le Mans macht, ist für die Ingenieure von DMG Mori ein interessanter Sparring-Partner: „Wir lernen unheimlich viel aus der Kooperation“, sagt Kapitza. Selbst sicherheitsrelevante Teile eines Flugzeuges, ist sich Kapitza sicher, werden in fünf Jahren aus dem 3D-Drucker kommen. „Die Lasertechnik entwickelt sich unheimlich schnell.“ Schon jetzt rechne sich eine 3D-Fertigung bis zu einer Größenordnung von bis zu 100 Stück. Das mache das Verfahren mehr und mehr auch für Premiumanbieter aus der Autoindustrie interessant. „Selbst der Bau von Motoren ist irgendwann vorstellbar", sagt der DMG Mori-Chef.
Mit 3D-Druck und dem Ausbau der industriellen Dienstleistungen will sich DMG Mori noch stärker als bisher den konjunkturellen Zyklen der Werkzeugmaschinenbranche entziehen. Schon jetzt gelingt das vorzüglich: Der Konzern, an dem der japanische Partner DMG Mori inzwischen gut 60 Prozent der Anteile hält, legte für 2015 das beste Ergebnis der 147-jährigen Firmengeschichte vor: Der Umsatz erreichte 2,3 Milliarden Euro (plus drei Prozent), das Ergebnis vor Steuern 217 Millionen, ein deutlicher Zuwachs von einem Viertel. Allerdings sind Sondereffekte dafür verantwortlich. Dabei war Kapitza zu Jahresanfang noch skeptisch gewesen, ein weiteres Rekordjahr anschließen zu können.
„Die Chinesen wollen Hightech-Maschinen“





Ähnlich vorsichtig äußerte er sich am Donnerstag zu den Aussichten des laufenden Jahres: „Wir wollen mal schauen, wo wir hinkommen.“ Dabei sind die Perspektiven gar nicht so schlecht: Die weltweite Nachfrage nach Werkzeugmaschinen wächst, wenn auch moderat. Selbst Länder mit aktuellen wirtschaftlichen Problemen wie China kommen an der Erneuerung ihrer Fabriken nicht vorbei. „Die Chinesen wollen Hightech-Maschinen“, sagt Kapitza. „Da werden wir uns gut halten.“
Doch angesichts der Unwägbarkeiten der weltweiten Konjunktur blieb der ewige Optimist aus Ostwestfalen bei einer eher verhaltenen Prognose: Den Umsatz erwartet er auf Vorjahresniveau, der Gewinn vor Steuern werde wegen des Wegfalls der Sondereffekte deutlich unterhalb des Wertes von 2015 ausfallen, sagte Kapitza voraus.