Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sprach von einem „Super-Börsengang“. Terium habe dabei „alles richtig gemacht“. Innogy sei jetzt nicht nur der wertvollste Versorger, sondern auch der „Ausschüttungskönig“ und habe jetzt das „klarste und reinste Geschäftsmodell“ unter den deutschen Energiekonzernen. „Schlechte Nachrichten sehe ich, ehrlich gesagt, gar keine“, hielt Hechtfischer fest.
Nicht so euphorisch war Thomas Deser, Portfoliomanager bei Union Investment. Der Börsengang sei für RWE sicher zum perfekten Zeitpunkt erfolgt. „Das Geschäftsmodell ist aber kein Selbstläufer“, sagte Deser. Er sieht gerade im hohen Anteil des regulierten Geschäfts ein Risiko. Bei den Netzen stünden die Renditen unter Druck und bei Ökostromprojekten sei die Attraktivität gesunken. Er verwies auf die jüngste Auktion in Deutschland für Offshore-Windparks, bei denen EnBW mit einem Gebot zum Zuge kam, das komplett ohne Förderung auskommen will. In allen Geschäftsfeldern von Innogy gebe es kaum Wachstumschancen, sagte Deser. Eine „solide Kostenkontrolle“ müsse deshalb „oberste Priorität“ haben.
Das will Terium befolgen. „Wir haben einen langfristigen und nachhaltigen Kurs eingeschlagen“, sagte er, „was Innogy verspricht, ist Verlässlichkeit und Perspektive.“ Mit Blick auf den harten Wettbewerb etwa bei Offshore-Projekten versprach er: „Wir verfolgen Projekte nicht um jeden Preis. Wir wägen genau ab und investieren nur, wenn es für uns wirtschaftlich ist.“ Der Innogy-Chef sieht aber sehr wohl Wachstumschancen – etwa bei der Photovoltaik oder der Elektromobilität.
Die Börsengänge der Töchter von Eon und RWE
Die von der Energiewende gebeutelten Energieriesen Eon und RWE treiben ihre Konzernumbauten voran. Eon hat die Kraftwerkstochter Uniper im September an die Börse gebracht, RWE brachte das Ökostromgeschäft Innogy im Oktober an den Aktienmarkt.
Die Eon-Tochter Uniper hat ihren Sitz in Düsseldorf, beschäftigt knapp 14.000 Mitarbeiter und erzielte nach Konzernangaben 2015 auf Pro-Forma-Basis ein Ebit von 0,8 Milliarden Euro und einen Nettoverlust von rund vier Milliarden Euro. Chef ist der ehemalige Eon-Finanzvorstand Klaus Schäfer.
Die RWE-Tochter Innogy hat ihren Sitz in Essen, beschäftigt knapp 40.000 Mitarbeiter und erzielte rein rechnerisch nach RWE-Angaben 2015 einen operativen Gewinn (Ebitda) von 4,5 Milliarden Euro und einen Nettoergebnis von 1,6 Milliarden Euro. Geführt wird das Unternehmen von RWE-Chef Peter Terium, der nach dem Börsengang den Chefposten des Mutterkonzerns abgegeben hat.
Uniper betreibt Kohle- und Gaskraftwerke in Europa und Russland mit rund 40 Gigawattt. Hinzu kommen Wasser- und Atomkraftwerke in Schweden sowie der Energiehandel.
RWE Innogy bündelt das Geschäft mit Ökostrom, Strom- und Gasnetzen sowie den Vertrieb von Strom und Gas.
Eon hat im Zuge eines Spin-Offs 53 Prozent der Uniper-Anteile an die Börse gebracht und sie den eigenen Aktionären ins Depot gelegt. Einnahmen erzielt der Konzern dabei zunächst nicht. Eon will allerdings mittelfristig die restlichen Aktien versilbern, allerdings nicht vor 2018.
RWE und die neue Tochter Innogy brachten zunächst 23 Prozent der Anteile an die Börse. Später könnten weitere Anteile verkauft werden, RWE will aber die Mehrheit behalten.
Uniper und Innogy geben keine konkrete Geschäftsprognosen. Beide könnten aber bereits für 2016 eine Dividende ausschütten. Uniper steht von Beginn unter Druck. Der Konzern will bis 2018 Beteiligungen im Wert von mindestens zwei Milliarden Euro verkaufen und die Personalkosten senken.
Innogy erwartet stabile Geschäfte, da der größte Teil der Einnahmen, etwa für den Betrieb der Strom- und Gasnetze staatlich reguliert ist. Das Unternehmen peilt eine Dividende von 70 bis 80 Prozent des bereinigten Nettogewinns an.
Emotional wurde Terium aber bei einem anderen Thema. Am Ende seiner Rede verließ er das Rednerpult, um ein besonderes „persönliches Anliegen“ anzusprechen: Terium sorgt sich um das vereinte Europa, das nach seinen Worten in einer ernsten Krise steckt. „Diese Krise trifft mich ganz persönlich“, hielt der Niederländer fest, „ich bin ein Kind Europas“.
Jetzt sieht er nicht nur den Zusammenhalt, sondern auch die Wirtschaft in Gefahr – und will dagegen entschlossen vorgehen: „Ich fühle mich verpflichtet, mich zu Wort zu melden“, versprach Terium, „ich werde das Thema Europa auf die Tagesordnung setzen.“ Mit dem gesamten Management wolle er sich in und außerhalb des Unternehmens für das vereinte Europa einsetzen: „Die Zukunft Europas ist verdammt noch mal unsere Verantwortung.“