Pharmabranche Zulassungsboom bringt Renditen unter Druck

Die Neuzulassungen von Arzneimitteln sind 2017 auf einen Rekordwert gestiegen. Das verstärkt aber auch den Preisdruck in der Pharmabranche. Den Herstellern bleibt so immer weniger Geld in den Kassen.

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2017 wurden auf dem wichtigsten Markt für Arzneimittel in den USA 46 neue Präparate zugelassen – und damit fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Quelle: dpa

London In der Pharmabranche wird der Wettbewerb immer schärfer. Das zeigen die maßgeblichen Statistiken zu den Arzneimittel-Zulassungen im abgelaufenen Jahr. So stiegen diese in den USA, dem weltweit wichtigsten Medikamentenmarkt, auf den höchsten Stand seit 21 Jahren. Insgesamt 46 neue Präparate erhielten dort 2017 grünes Licht von den Behörden, mehr als doppelt so viele wie im Jahr zuvor. In der EU stieg die Zahl von 81 auf 92 an.

Ein wachsender Anteil der Neuarzneien stammt von jungen Biotechunternehmen. Viele der Mittel dienen der Bekämpfung seltener Krankheiten und spezieller Krebsarten, von denen ebenfalls relativ wenige Patienten betroffen sind. Hinzu kommt, dass sich Pharmafirmen mitunter auf Therapien konzentrieren, die einen medizinischen Durchbruch versprechen. Das kann zwar Erleichterungen im Entwicklungsprozess bringen, zugleich aber den Preisdruck verschärfen, wenn mehrere konkurrierende Medikamente mit ähnlichen Wirkweisen auf den Markt kommen. Die Folge ist, dass den Herstellern weniger Geld in den Kassen bleibt.

So werfen bei den weltweit zwölf führenden Konzernen der Branche die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen nur noch 3,2 Prozent Rendite ab, wie die Beratungsgesellschaft Deloitte errechnete. Das ist das niedrigste Niveau seit acht Jahren.

Der zweitgrößte Pharmamarkt ist bereits China, das die Zulassungen forcieren will. Die Volksrepublik folgt damit der US-Gesundheitsbehörde FDA. Sie hat mit einer Reihe von Maßnahmen das Tempo in den vergangenen Jahren erhöht. In Europa hingegen könnte es zu Verzögerungen kommen. Denn die Aufsichtsbehörde EMA dürfte vorübergehend verstärkt mit sich selbst beschäftigt sein: Sie bereitet ihren Umzug von London nach Amsterdam vor. Dieser wird nötig, weil Großbritannien die EU verlassen will.

Eine große Hoffnung in der Branche sind neue Zell- und Gentherapien, die von Anbietern wie Novartis, Gilead Sciences und Spark Therapeutics stammen. Diese Produkte tauchen in der herkömmlichen Zulassungsstatistik nicht auf, sondern werden in einer separaten Kategorie erfasst. FDA-Chef Scott Gottlieb lobt sie als ein "komplett neues wissenschaftliches Verfahren für die Behandlung schwerer Erkrankungen". Allerdings wird zugleich heiß diskutiert, wie das klamme Gesundheitssystem diese Therapien finanzieren soll.

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