Kuka Hauptversammlung Warum Kuka-Aktionäre eine chinesische Übernahme fürchten

Der Maschinenbauer Kuka will seine Roboter intelligent machen. Das angekündigte Übernahmeangebot aus China könnte bei dieser Strategie helfen. Die Aktionärsvertreter sind allerdings skeptisch.

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Deutsche Robotertechnik auf der Einkaufsliste chinesischer Investoren Quelle: dpa Picture-Alliance

Auf der Hauptversammlung am Firmensitz Augsburg haben die Aktionäre keinen Grund zu meckern angesichts der Leistung des Vorstandsteams. Schließlich hat die Mannschaft um CEO Till Reuter den einst kriselnden Maschinenbauer wieder in die Spur und die Gewinnzone gebracht. So hat der bayerische Roboterhersteller ein Rekordjahr hinter sich, die 12.000 Mitarbeiter erwirtschafteten rund 2,8 Milliarden Euro Umsatz, 42 Prozent mehr als im Jahr davor.

Trotzdem gibt es scharfe Kritik von Aktionärsvertretern, natürlich nicht an den guten Zahlen aber an der grundsätzlich aufgeschlossenen Haltung des Kuka-Managements gegenüber dem bevorstehenden Übernahmeangebot des chinesischen Hausgeräteherstellers Midea. Die Chinesen wollen 115 Euro je Aktie bieten, die Übernahmeprämie läge dann mehr als ein Drittel über dem Kurs von 77,50 Euro zum Zeitpunkt des Angebots Mitte Mai.

Kuka-Chef Reuter begrüßt den Vorstoß. „Das Angebot wird, so wie es angekündigt wurde, unsere Strategie unterstützen“, erwartet der Vorstandsvorsitzende. Allerdings müssten die Details zunächst geprüft werden, sobald sie vollständig vorliegen. Midea will diese erst nach der Hauptversammlung liefern, wovon sich viele der zur Hauptversammlung nach Augsburg gereisten Aktionäre düpiert fühlen.

Welche Roboter unseren Alltag erobern
Johanna Wanka Quelle: dpa
Roboter YuMi Quelle: ABB
Schunk Fünf-Finger-Hand Quelle: Schunk GmbH & Co. KG
DLR IPS-Box Quelle: DLR-Institut für Verkehrssystemtechnik (CC-BY 3.0)
Smart Home Quelle: Hager
Fraunhofer Dedave Quelle: Fraunhofer IOSB
AMFIS Quelle: Fraunhofer IOSB

Reuter will den Umsatz von Kuka auf bis zu 4,5 Milliarden Euro fast verdoppeln. Als wichtige Säulen dieses Ziels sieht er den chinesischen Markt und das Innovationsfeld Industrie 4.0, also die digitale Vernetzung von Fabriken, Maschinen und Robotern mit den Kunden und Zulieferern von Industrieunternehmen wie Kuka. Dabei sei China laut Reuter der weltgrößte Robotermarkt, der Umsatz des bayerischen Unternehmens dort beträgt schon jetzt 400 Millionen Euro und soll bald sogar bei einer Milliarde liegen.

Ein chinesischer Eigentümer könnte Kuka bei der weiteren Eroberung chinesischer Kundengruppen helfen. Mit Midea ließe sich irgendwann einmal vielleicht sogar ein Haushaltsroboter entwickeln, der beim Abwasch oder Putzen hilft. Aktionärsvertreter sehen eine Übernahme durch den chinesischen Hausgerätekonzern trotzdem kritisch.

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz stellt auf der Hauptversammlung die Frage, wo Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel bleibe, angesichts des bevorstehenden Ausverkaufs deutscher Technologie. In den USA, Frankreich und eben China sei es nicht möglich, dass ausländische Investoren einfach Unternehmen mit industriellen Kernkompetenzen einkaufen.

Was Roboter schon heute alles können
Im Geschäft persönlich vom Roboter begrüßt zu werden - auch das kann bald für mehr Menschen Realität sein. „Pepper“ hat Knopfaugen, und er ist in astreinem Deutsch recht schonungslos: „Meiner bescheidenen Meinung nach ist dieses Modell nicht besonders schmeichelhaft für Ihre Figur. Dürfte ich Ihnen ein paar neu eingetroffene Modelle zeigen, die mir für Sie besonders gut gefallen?“ Eigene Infos werden per QR-Code auf dem Smartphone gespeichert, den der Roboter im Geschäft dann scannt. In Japan ist Pepper (von SoftBank) bereits aktiv. Quelle: dpa
„iPal“ ist ein künstlicher Freund und Spielgefährte. Der Roboter ist so groß wie ein sechsjähriges Kind. Er kann singen und tanzen, Geschichten vorlesen und spielen. Durch Gesichtserkennung und automatisches Lernen wird „iPal“ mit der Zeit immer schlauer. Er erinnert sich an Vorlieben und Interessen des Kindes. „iPal“ ist keine gefühllose Maschine“, behauptet John Ostrem vom Hersteller AvatarMind. „Er kann Emotionen erspüren und fühlt, wenn das Kind traurig ist.“ Der Roboter, der in rosa oder hellblau angeboten wird, übernimmt auch gleich ein paar vielleicht leidige Erziehungspflichten: Der eingebaute Wecker holt das Kind aus dem Schlaf. Die Wetter-App sagt ihm, was es anziehen soll, und eine Gesundheits-App erinnert ans Händewaschen. „iPal“ wurde vor allem für den chinesischen Markt entwickelt. Ostrem erläutert: „Dort gibt es in den Ein-Kind-Familien viele einsame Kinder, deren Eltern wenig Zeit haben und die einfach niemanden zum Spielen haben.“ Anfang 2016 soll es „iPal“ dort für etwa 1000 US-Dollar (knapp 900 Euro) geben. Quelle: dpa
Wer auf Reisen die Zahnbürste vergessen hat, kann sie bald von einer freundlichen Maschine aufs Zimmer gebracht bekommen. „Relay“, der Service-Roboter, wird in einigen US-Hotels im Silicon Valley getestet. Die Rezeptionistin legt Zahnbürste, Cola oder Sandwich in eine Box im Roboter, dann gibt sie die Zimmernummer des Gastes ein. „Relay“ kann sich selbst den Fahrstuhl rufen – auch wenn er noch ziemlich lange braucht, um wirklich einzusteigen. Er scannt vorher sehr ausgiebig seine gesamte Umgebung, um ja niemanden umzufahren. Vor der Zimmertür angekommen, ruft der Roboter auf dem Zimmertelefon an. Wenn der Hotelgast öffnet, signalisiert ihm „Relay“ per Touchscreen: Klappe öffnen, Zahnbürste rausnehmen, Klappe wieder schließen. „Das Hotel ist für uns erst der Anfang“, sagt Adrian Canoso vom Hersteller Savioke. „Wir wollen „Relay“ auch in Krankenhäuser, Altenheime und Restaurants bringen, einfach überall dahin, wo Menschen essen oder schlafen.“ Quelle: PR
„Budgee“ trägt die Einkäufe und rollt hinterher. Per Funksender in der Hand oder am Gürtel gesteuert, kann er bis zu 22 Kilogramm schleppen, so der US-Hersteller. Er folgt Herrchen oder Frauchen mit mehr als 6 Kilometern pro Stunde. Die Batterie hält angeblich zehn Stunden. „Budgee“ lässt sich zusammenklappen und im Kofferraum verstauen. Die ersten Vorbestellungen werden ausgeliefert, Stückpreis rund 1400 US-Dollar. Quelle: PR
Roboter können nicht nur Einkäufe schleppen, sondern auch für viele Menschen unliebsame Arbeiten im Haushalt abnehmen – und damit sind nicht nur die Staubsaug-Roboter gemeint. Der „PR2“ des Institute for Artificial Intelligence (IAI) der Universität Bremen kann auch in der Küche zur Hand gehen, zumindest in der Laborküche. Quelle: dpa
Ja, heutige Roboter können bereits feinmotorische Aufgaben übernehmen und etwa zuprosten, ohne dass das Sektglas zu Bruch geht. Das ist aber nicht die Besonderheit an diesem Bild. Der Arm rechts gehört Jordi Artigas, Wissenschaftler am Institut für Robotik und Mechatronik des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen bei München. Der Roboterarm wird von Sergei Wolkow gesteuert – und der war nicht in Oberpfaffenhofen, sondern auf der Internationalen Raumstation ISS, wie im Hintergrund auf dem Monitor schemenhaft zu erkennen ist. Der „Tele-Handshake“ war nach Angaben des DLR ein weltweit einzigartiges Experiment. Quelle: dpa
Solche Aufgaben, wie etwa dieses Zahnrad zu greifen und weiterzugeben, konnte der DLR-Roboter „Justin“ schon 2012. Dass er aus dem All gesteuert wird, ist jedoch neu und bislang einzigartig. Quelle: dpa

Es sei unhöflich, dass sich Midea-Lenker Paul Fang nicht vor den Aktionären in Augsburg blicken lasse und die Details des Übernahmeangebots bis nach der Hauptversammlung zurückhalte. Kunden und Mitarbeiter von Kuka seien besorgt, wie verlässlich grundsätzliche Bekenntnisse der Chinesen zum Standort Augsburg und den deutschen Mitarbeitern sei. Schließlich habe Fang sein Unternehmen auf einer Neujahrsansprache als Haifisch bezeichnet und seine Leute zum Bruch althergebrachter Regeln aufgerufen.

Diese generelle Angst vor China und chinesischen Geschäftspraktiken wird eine Übernahme von Kuka durch Midea allerdings nicht aufhalten. Die Aktionäre werden auf solche Ängste keine Rücksicht nehmen, solange das Angebot gut genug ist. Und wenn chinesisches Geld einem deutschen Unternehmen dabei hilft, seine strategischen Ziele schneller oder besser zu erreichen, lässt sich auch aus volkswirtschaftlicher Sicht nichts gegen einen solchen Plan einwenden.

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