Rocket Internet Geldanlegen mit den Samwers

Oliver Samwer und seine Brüder stecken Millionenbeträge in Rentenfonds und Immobilien. Damit federn sie den Kurssturz ihrer Start-up-Schmiede ab.

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Alexander Kudlich, Oliver Samwer und Peter Kimpel. Quelle: REUTERS

Er hat sich selbst einmal als „aggressivsten Mann im Internet“ bezeichnet. Doch davon war Oliver Samwer heute wenig anzumerken. Bei der Hauptversammlung seiner börsennotierten Start-up-Schmiede Rocket Internet in Berlin machte ein Aktionär gar eine „neue Demut“ bei Rocket Internet und Vorstandschef Samwer aus. Tatsächlich scheint die Ära vorerst vorbei zu sein, in der Samwer mit Kampfansagen und markigen Sprüche á la „Ich bin süchtig nach schnellem Wachstum, Formel 1 und nicht Golf“ für Schlagzeilen sorgte.

Beteiligungen von Rocket Internet (mit Aussicht auf Börsengang)

Kein Wunder: Die Rocket-Aktie ist mit knapp 19 Euro derzeit nur halb so viel wert wie zum Börsengang 2014. Die Beteiligungen von Rocket schreiben weiter Verluste, Börsengänge von Tochterunternehmen wurden erst an- und dann wieder abmoderiert. Entsprechend zurückhaltend äußert sich Samwer bei der Hauptversammlung – und dämpft die Erwartungen seiner Anleger. Börsengänge von Beteiligungen? Mal schauen. Dividendenzahlungen? „Sehr unwahrscheinlich“, so Samwer.

Nicht nur kommunikativ agiert Samwer zurückhaltender als in früheren Zeiten. Auch bei der privaten Geldanlage hat Samwer zuletzt offenbar ein Faible für wenig disruptionsanfällige Investments entdeckt: Statt hippe Hightech-Werte – oder gar zusätzliche Rocket-Aktien zu kaufen – steckten Samwer und seine Brüder Marc und Alexander zuletzt mehr als 300 Millionen Euro in betuliche Rentenfonds und investieren in großem Stil in Immobilien.

Teils mischten sie im Offline-Geschäft Seit‘ an Seit‘ mit prominenten Partnern wie Alexander Dibelius, Ex-Deutschlandchef der Investmentbank Goldman Sachs, oder dem schillernden Immobilienunternehmer Rolf Elgeti mit. Das geht aus Handelsregisterauszügen und einer internen Bilanz der Samwer-Gesellschaft Global Founders hervor, die der WirtschaftsWoche vorliegen. Ein Rocket-Sprecher wollte sich nicht zu den privaten Aktivitäten der Großaktionäre äußern.

Der Hang der Samwers zu buchhalterischer Bodenständigkeit

Bei Global Founders mit Sitz in Grünwald bei München haben die Brüder ihre Beteiligungen an Rocket und dem Online-Modehändler Zalando gebündelt. Der Einbruch der Rocket-Aktie um rund 45 Prozent im vergangenen Jahr hinterließ allerdings kaum Spuren in der Bilanz des Samwer‘schen Finanzvehikels. So erzielte Global Founders 2015 einen Jahresüberschuss von 175,3 Millionen Euro.

Kapital in Höhe von rund 345 Millionen Euro bunkerten die Brüder bei verschiedenen Fondsgesellschaften. Allein rund 185 Millionen Euro landeten etwa im DWS Money Plus, einem Rentenfonds für sicherheitsorientierte Großanleger, wie es auf der DWS-Homepage heißt.

Auch sonst offenbart die Global-Founders-Bilanz einen überraschenden Hang der Samwers zu buchhalterischer Bodenständigkeit. Bewirtungskosten über 35 Euro und Geschenkgutscheine über 44 Euro gehören schon zu den Extravaganzen im Zahlenwerk. Selbst Leasingraten für einen Dienst-Porsche Panamera, die im Vorjahr noch mit 19.463 Euro zu Buche schlugen, entfielen 2015.

Umso glanzvoller strahlen die Immobilieninvestments, um die sich vor allem Alexander Samwer kümmert. Schon im vergangenen Herbst wurde bekannt, dass die Brüder das historische Ullsteinhaus in Berlin erworben haben. Daneben gründeten sie zahlreiche Immobiliengesellschaften, darunter die Münchner Augustus Capital, zu der wiederum verschiedene Tochterunternehmen gehören. Eines davon trägt den Namen Nerthus Grundbesitz.

Als Geschäftsführer und Mitinhaber firmiert Promi-Investor Elgeti, der unter anderem Aufsichtsratschef des Immobilienunternehmens TAG mit Sitz in Hamburg, ist. Mit dem früheren Deutschland-Statthalter von Goldman Sachs sind die Samwers über die Berliner Framquartier Verwaltungs GmbH geschäftlich verbunden. Auch zu „etwaigen Immobiliengeschäften“ will sich der Rocket-Sprecher nicht äußern. Samwer-Biograph Joel Kazmarek („Die Paten des Internet“) taxiert den Offline-Schatz des Trios derweil auf einen Wert von rund einer Milliarde Euro

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