Umfrage des Weltenergierates Cyberattacken bereiten Energiekonzernen Sorge

Die Energiewirtschaft fürchtet gezielte Attacken auf ihre IT-Systeme. Die Versorger müssten sich mit neuen Bedrohungsszenarien beschäftigen, sagte der Chef des Weltenergierates in Deutschland, Uwe Franke, WirtschaftsWoche online.

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Die größten Hacker-Angriffe aller Zeiten
Telekom-Router gehackt Quelle: REUTERS
Yahoos Hackerangriff Quelle: dpa
Ashley Madison Quelle: AP
Ebay Quelle: AP
Mega-Hackerangriff auf JPMorganDie US-Großbank JPMorgan meldete im Oktober 2014, sie sei Opfer eines massiven Hackerangriffs geworden. Rund 76 Millionen Haushalte und sieben Millionen Unternehmen seien betroffen, teilte das Geldhaus mit. Demnach wurden Kundendaten wie Namen, Adressen, Telefonnummern und Email-Adressen von den Servern des Kreditinstituts entwendet. Doch gebe es keine Hinweise auf einen Diebstahl von Kontonummern, Geburtsdaten, Passwörtern oder Sozialversicherungsnummern. Zudem liege im Zusammenhang mit dem Leck kein ungewöhnlicher Kundenbetrug vor. In Zusammenarbeit mit der Polizei gehe die Bank dem Fall nach. Ins Visier wurden laut dem Finanzinstitut nur Nutzer der Webseiten Chase.com und JPMorganOnline sowie der Anwendungen ChaseMobile und JPMorgan Mobile genommen. Entdeckt wurde die Cyberattacke Mitte August, sagte die Sprecherin von JPMorgan, Patricia Wexler. Dabei stellte sich heraus, dass die Sicherheitslücken schon seit Juni bestünden. Inzwischen seien die Zugriffswege jedoch identifiziert und geschlossen worden. Gefährdete Konten seien zudem deaktiviert und die Passwörter aller IT-Techniker geändert worden, versicherte Wexler. Ob JPMorgan weiß, wer hinter dem Hackerangriff steckt, wollte sie nicht sagen. Quelle: REUTERS
Angriff auf Apple und Facebook Quelle: dapd
 Twitter Quelle: dpa

Die Top-Entscheider in der Energiewirtschaft in Europa und Nordamerika fürchten Hackerangriffe auf ihre Informationstechnik. Das ergab die jährliche Umfrage des Weltenergierates. In der neuesten Ausgabe des „World Energy Issues Monitors“, die der WirtschaftsWoche exklusiv vorliegt, nennen die Energiemanager die Angst vor Cyberangriffen als zweitwichtigstes Thema, das sie derzeit umtreibt.

Noch größere Sorgen bereitet der Branche nur Russland. Wegen des Konfliktes zwischen der Ukraine und Russland und den westlichen Sanktionen gegen Russland, sorgt sich die Branche darüber, wie zuverlässig die Gasimporte aus Russland noch sind.

Der Weltenergierat gründete sich vor 90 Jahren als Netzwerk von Managern, Politikern und Wissenschaftlern. In der diesjährigen Umfrage sind mehr als 1200 Entscheider in der Energiewirtschaft aus über 90 Ländern befragt worden. Die erhöhte Sorge über Cyberattacken bei den Energie-Managern wird in dem aktuellen World Energy Issues Monitor 2016 mit der Debatte über europaweite Regelungen zu Cybersecurity in Verbindung gebracht.

Verbrechen 4.0 - das ist möglich

Eine neue EU-Richtlinie soll die Betreiber von „essentiellen Dienstleistungen“ in den Bereichen Energieversorgung, Transport, Bankenwesen, Gesundheit, Wasserversorgung und digitale Infrastruktur zu mehr Sicherheitsvorkehrungen verpflichten. Schwerwiegende Vorfälle müssen an die Aufsichtsbehörden gemeldet werden. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen die entsprechenden Akteure in ihren Ländern identifizieren, für die diese neue Verordnung gelten soll.

Die Cyber-Bedrohung nimmt zu

Vor allem wegen der Einführung von intelligenten Stromnetzen („Smart Grids“) und intelligenten Systemen zur Strommessung („smart meter“) werde das Thema Cyberattacks in Deutschland als kritisches Thema wahrgenommen, sagt Uwe Franke, Präsident des Weltenergierates Deutschland WirtschaftsWoche online.

„Die Energiebranche befindet sich durch die Energiewende in einem tiefgreifenden Wandel und erfährt mit der Digitalisierung eine weitere Umwälzung. Intelligente Netze und Messeinrichtungen, spielen dabei eine wesentliche Rolle. Je digitaler die Energiewirtschaft wird, desto wichtiger wird der Schutz von Daten, Systemen und Infrastrukturen vor Cyberattacken“, erklärt Franke.

Organisationen und Unternehmen müssten umfassende, länderübergreifende und mehrstufige Sicherheitsstrategien entwickeln, damit die europäische Energieinfrastruktur nachhaltig sicher bliebe „Die europäischen und deutschen Sicherheitsstandards in der Energiewirtschaft sind heute schon sehr hoch, aber man wird sich in Zukunft immer wieder mit neuen Bedrohungsszenarien beschäftigen müssen. Immer professionellere Cyberattacken sind ein Beispiel dafür“, sagt Franke.

Bedrohungslage spitzt sich zu

Durch die Hackergruppe „Dragonfly“ kam es 2014 zu Cyberattacken auf westliche Energieunternehmen.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) weist in seinem Bericht zur Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2015 darauf hin, dass die Anzahl der Schwachstellen und Verwundbarkeiten in Informationssystemen weiterhin auf einem hohen Niveau liegt und sich die asymmetrische Bedrohungslage weiter zuspitzt. Laut Bericht war 2015 durch eine Reihe von IT-Sicherheitsvorfällen, die eine fortschreitende Professionalisierung der Angriffsmittel und -methoden verdeutlichen, geprägt.

Dies gilt insbesondere für die Angriffe, die als „Advanced Persistent Threat (APT)“ bezeichnet werden. Sie werden aktuell und zukünftig als eine große Bedrohung für Unternehmen und Verwaltungseinrichtungen eingeschätzt.

Und laut einer Bitkom-Studie aus dem vergangenen Jahr sind gut die Hälfte  aller Unternehmen in Deutschland in den vergangenen zwei Jahren Opfer von digitaler Wirtschaftsspionage, Sabotage oder Datendiebstahl geworden. Dabei entstünden Jahr für Jahr Schäden in zweitstelliger Milliardenhöhe.

Wie geht es mit der Klimapolitik weiter?

Auf globaler Ebene treibt die Energiebranche drei weitere Themen besonders um: Die volatilen Rohstoffpreise, der Klimaschutz und Stromspeicher. Seit Mitte vergangenen Jahres ist der Ölpreis um gut 60 Prozent gefallen.

Nach der Klimakonferenz in Paris Ende vergangenen Jahres herrscht in der Energiebranche weiter Unsicherheit darüber, wie die festgelegten Ziele umgesetzt werden sollen, ob die großen CO2-Emittenten China und USA zu ihren Zusagen stehen und welche weiteren Klimaschutzanforderungen auf die Energiekonzerne zukommen.

Wann kommen Stromspeicher?

Große Bedeutung messen vor allem die Energieentscheider in Deutschland dem Thema Stromspeicher zu. Ein technischer und wirtschaftlicher Durchbruch bei den Stromspeichern könne die deutsche Energiewende maßgeblich beeinflussen, sagt Franke. Noch ist die konventionelle Stromerzeugung mit Kohle und Gas unabdingbar, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Ohne die Möglichkeit der Energiespeicherung müssen Solar- und Windstrom immer dann genutzt werden, wenn sie zur Verfügung stehen. Mit Stromspeichern ließen sich Versorgungslücken mit erneuerbaren Energien schließen.

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