Kundenbetreuer Beratung mit Hand und Fuß

Seite 2/3

Neue Begriffe wie „Riesterrente“, „Abgeltungsteuer“ oder „Allianz Global Investors“, die Investmentsparte der Konzernmutter, muss Davis seinen Kunden dagegen zunächst buchstabieren. Im Laufe des Gesprächs einigt man sich dann auf ein Zeichen. Für die Riesterrente hat sich inzwischen ein mit Daumen und Zeigefinger angedeuteter spärlicher Haarkranz eingebürgert – wegen der nicht gerade üppigen Haarpracht des ehemaligen Bundesarbeitsministers Walter Riester. Dass auch Gehörlose dem Staat nicht zutrauen, vernünftig mit Geld umzugehen, zeigt die Gebärde fürs Finanzamt. Der Daumen wird zwischen Zeige- und Mittelfinger hin und hergerieben, eine auch in der hörenden Welt bekannte Geste für Geld, danach schlägt man die geballte Faust in die andere Handfläche. „Ich glaube, ich bin sogar ein besserer Berater als früher“, sagt Davis, weil er inzwischen nichts mehr für selbstverständlich nehme. Bei der Beratung von Gehörlosen achtet er vor allem darauf, optische Reize zu setzen. Daher benutzt Davis auch keine Visitenkarten, sondern lieber ein Flugblatt mit einem großen Foto von ihm. Wenn er seinem Gegenüber zeigen will, wie hoch dessen Zinserträge sind, rechnet er ihm alles auf dem Monitor seines Rechners vor. Andreas Unruh ist einer von Davis’ Kunden. Er arbeitet als Masseur in einer Massagepraxis. Er möchte heute ein Zweitkonto eröffnen, weil er als selbständige Nebentätigkeit Massagen für die Mitarbeiter der Dresdner Bank in Düsseldorf anbieten möchte. Bis zu 25 000 Euro dürfe er damit verdienen, erklärt ihm Davis. Gemeinsam werden Sie das Angebot demnächst der Geschäftsführung und dem Betriebsrat vorstellen. Der gehörlose Unruh schätzt es sehr, mit seinem Bankberater direkt, ohne Gebärdendolmetscher, über seine persönlichen Finanzen sprechen zu können: „Robert ist sehr geduldig und erklärt alles ausführlich.“ Für seine Kunden sei der direkte Kontakt eine ganz neue Erfahrung, sagt Davis: „Ich finde das extrem wichtig, weil Geldangelegenheiten schließlich Vertrauenssache sind.“ Gerade junge Menschen, wie Unruh, die noch nicht so lange berufstätig seien, bräuchten eine umfassende Beratung. Das sei nicht anders als bei Hörenden. Der Bedarf für ein solches Angebot ist da. In Deutschland gibt es nach Angaben des Deutschen Schwerhörigenbundes mehr als 14 Mill. Hörgeschädigte. Etwa 140 000 davon sind auf die Gebärdensprache angewiesen.

Lesen Sie weiter auf Seite 3: Die Akzeptanz von Hörgeschädigten und Gehörlosen erhöhen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%