
Als sich Mitte März die Möglichkeit bot, das Bockwurstgeschäft des Molkerei-Konzerns Hochwald (Glücksklee, Bärenmarke) aus Rheinland-Pfalz zu übernehmen, witterte Clemens Tönnies eine Chance. Sein Plan: Für rund sieben Millionen Euro wollte Tönnies den Wursthersteller in Meppen samt Markenrechten, Vertriebsverträgen und Grundstücken übernehmen und anschließend aus der Wurstproduktion eine Tiernahrungsfabrik machen.
Markenrechte und Verträge mit Lieferanten könnten weiterverkauft werden, so die Überlegungen. Das die Tönnies-Gruppe aus Gründen der Risikostreuung in die Sparte Tiernahrung investieren soll, darüber herrscht zwischen Onkel und Neffe grundsätzlich Übereinstimmung.
Die Pläne für die Übernahme wurden Mitgesellschafter Robert Tönnies dann in einer außerordentlichen Hauptversammlung am 15. April vorgestellt und erläutert. Schließlich braucht Clemens die Zustimmung seines Neffen. Beide halten jeweils 50 Prozent am sechs Milliarden Euro Umsatz schweren Fleischriesen aus dem westfälischen Rheda-Wiedenbrück. Mittlerweile hat Firmenchef und Schalke-Boss Clemens Tönnies auch sein doppeltes Stimmrecht verloren, mit dem er bis vor kurzen ähnliche Pattsituationen einfach für sich entschieden hätte.
Robert stimmte der Übernahme nur unter Vorbehalt zu. Zunächst sollte geprüft werden, ob es eine Möglichkeit gäbe, die Wurstproduktion zu erhalten und selber in das Wurstgeschäft einzusteigen. Nicht einverstanden war er zudem mit der Option, dass die Markenrechte und Vertriebsverträge nach der Übernahme weiterverkauft werden sollten. Denn Robert ahnte, worauf sein Onkel möglicherweise hinauswollte.
Clemens' Sohn spielt auch mit
Schließlich gehört Clemens Tönnies privat der größte deutsche Wursthersteller, die Zur-Mühlen-Gruppe mit Bockwurstmarken wie Böklunder und Redlefsen. In einer Erklärung zum Protokoll der außerordentlichen Hauptversammlung schreibt Robert in seiner Schlussbemerkung: „Hätte ich zugestimmt, wäre die Tönnies-Gruppe der Zur-Mühlen-Gruppe dabei behilflich gewesen, einen Wettbewerber loszuwerden. Die Geschäftsführer wären frei darin gewesen, Kennzeichenrechte und Vertriebsverträge an Unternehmen der Zur-Mühlen-Gruppe zu veräußern.“
Noch während Robert prüfen ließ, ob es Möglichkeiten gebe, die Wurstproduktion samt Rechten und Verträgen mit Handelskunden für den eigenen Tönnies-Konzern zu nutzen, erfuhr er laut Informationen aus seinem Umfeld aus der Presse, das Maximilian Tönnies, 26-jähriger Sohn von Clemens Tönnies, das Hochwald-Wurstunternehmen mit seinen 130 Mitarbeitern gekauft hatte. Dem Clemens-Filius gehört bereits die Nölke-Gruppe mit der Geflügelwurstmarke Gutfried. Die wiederum wird der Zur-Mühlen-Gruppe zugerechnet, die Clemens Tönnies gehört und mehr als zwei Milliarden Euro jährlich umsetzt. Damit ist Clemens – außerhalb der Familienfirma Tönnies und auf eigene Rechnung – der größte deutsche Produzent von Wurstwaren.





Kenner der Vorgänge berichten, dass Maximilian Tönnies unmittelbar nach seinem Kauf die Hochwald-Wurstfabrik wieder dem Tönnies-Konzern angeboten haben. Allerdings unter veränderten Bedingungen: Zum Kauf standen nun nur noch die Produktionsmittel und Räumlichkeiten. Markenrechte und Lieferverträge mit Kunden aus dem Lebensmittelhandel, wen wundert‘s, waren außen vor. Die hätten Vater und Sohn ja im Rahmen ihrer eigenen Aktivitäten bei der Zur-Mühlen-Gruppe bestens selber nutzen können.