Teva schluckt Ratiopharm Das große Geschäft mit den Billigpillen

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Ein Medikament von TEVA neben Quelle: dpa

Längst haben sich die deutschen Patienten an die Generika gewöhnt. Etwa zwei Drittel der hierzulande verschriebenen Medikamente sind Billigpräparate. Nach den USA ist Deutschland der zweitwichtigste Generikamarkt der Welt – mit einem Umsatz von etwa sechs Milliarden Dollar. Weltweit sind es nach Angaben von IMS Health 80 Milliarden Dollar. Die Originalpräparate erreichen ungefähr den zehnfachen Umsatz.

Um ihren mangelnden Nachschub an selbst entwickelten Medikamenten auszugleichen, mischen auf dem Generikamarkt auf einmal auch große Hersteller mit, die Billigpillen bislang eher verschmäht haben. So wollen der US-Konzern Pfizer und die französische Sanofi ihr Nachahmergeschäft ausbauen,

Pfizer etwa sind seit der Potenzpille Viagra, die bereits vor mehr als zehn -Jahren in die Apothekenregale kam, nicht mehr allzu viele aufregende Neuentwicklungen gelungen. In jüngster Zeit fiel der größte Pharmakonzern der Welt vor allem dadurch auf, dass viele hoffnungsvolle Präparate in den klinischen Tests scheiterten.

Pfizer hätte denn auch Ratiopharm gern übernommen. Konzernchef Jeffrey Kindler war sogar im Vorfeld der Entscheidung eigens nach Ulm gereist, um vor den Ratiopharm-Führungskräften für sein Unternehmen zu werben. Am Ende musste er sich dann Tevas höherem Gebot geschlagen geben.

Einkaufstour der Konzerne

Als einer der ersten Konzerne hat Novartis das Potenzial der Generika erkannt. Anfang 2005 übernahmen die Schweizer den deutschen Billigpillen-Produzenten Hexal von den Unternehmensgründern Thomas und Andreas Strüngmann – für stolze 5,6 Milliarden Euro.

Gleichzeitig bauten einige Generikakonzerne ihre Marktposition durch Übernahmen aus. Die indische Dr. Reddy’s übernahm Betapharm aus Augsburg. Der US-Anbieter Mylan kaufte dem Darmstädter Merck-Konzern das Generikageschäft ab.

Teva hat mit Barr und Ivax bereits zwei US-Anbieter übernommen. Mit dem Kauf von Ratiopharm wollen die Israelis nun endlich ihr Geschäft in Europa und vor allem im wichtigen deutschen Markt erweitern. Zuvor hatte Teva ohne Erfolg auch bei Merck Generics und Betapharm mitgeboten. Nun musste es eben Ratiopharm sein. Die Israelis hatten während der Verhandlungen schon mal durchblicken lassen, ihre Europazentrale in Ulm ansiedeln zu wollen.

Ein größerer Arbeitsplatzabbau bei Ratiopharm in Deutschland steht nicht zu befürchten, da Teva hierzulande erst relativ schwach vertreten ist. Auch die Übernahmen von Merck Generics oder Hexal durch ausländische Anbieter gingen bislang ohne größere Job-Blessuren vonstatten.

„Teva und Ratiopharm passen strategisch extrem gut zusammen“, sagt Berater Hültenschmidt. „Teva verfügt über die unternehmerische Kompetenzen vor allem in Asien und den USA, Ratiopharm in Deutschland und Europa.“

Durch die Übernahme von Ratiopharm verstärkt sich Teva auch in einem wichtigen Zukunftsfeld: bei den Biosimilars. Das sind Biotech-Medikamente, die von Generikaunternehmen nachgebaut werden dürfen. Sie sind meist um 25 bis 30 Prozent billiger als die Originalpräparate. Ratiopharm hat in Ulm bereits 60 Millionen Euro in den Aufbau einer entsprechenden Produktion investiert und ist mit Mitteln zur Chemotherapie (Ratiograstim) und gegen Blutarmut (Eporatio) am Start.

Teva galt bei den Biosimilars bereits vor dem Ratiopharm-Kauf als Weltmarktführer. Die Biotech-Kopien gelten als das nächste große Geschäftsfeld im Generikamarkt. Bis 2014 könnten nach Meinung von Fachleuten weltweit biotechnologisch hergestellte Medikamente im Wert von rund 60 Milliarden Dollar ihren Patentschutz verlieren – diese könnten dann von Generikaherstellern nachgebaut werden. Selbst Pharmariese Pfizer überlegt bereits, in den Markt für Biosimilars einzusteigen.

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