Gesundheit Großstädter sind öfter einsam

Heutzutage sind nicht nur Ältere und Kranke einsam. Selbst junge Singles und Karrieretypen fühlen sich oftmals allein – häufig in Großstädten. Die Ursache dafür liegt aber oft in der Kindheit.

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Die Gründe für Einsamkeit liegen oftmals in der Kindheit. Quelle: dpa

Der Wecker klingelt, die andere Hälfte des Bettes ist leer. Der einzigen Stimme, der man beim Frühstück lauscht, ist die des Radiomoderatoren. Die Kollegen sind zwar freundlich und höflich – zu mehr als ein paar belanglosen Gesprächen über die Arbeit kommt es aber nicht. Und nach Feierabend ist es einzig und allein der Fernseher, der ein bisschen gesellschaftliches Leben in die eigenen vier Wände bringt.

Wenn sich so oder so ähnlich – Tag ein und Tag aus – der Alltag gestaltet, dann fühlen sich viele Menschen einsam. Nicht nur Ältere oder Kranke fühlen sich heutzutage allein. Auch Karrieretypen und selbst junge Singles leiden manchmal darunter, wie die Rhein-Jura-Klinik herausgefunden hat. Laut dem Statistischen Bundesamt gab es im Jahr 2014 mehr als 40 Millionen Single-Haushalte in Deutschland.

Dieses Gefühl der Einsamkeit tritt besonders häufig bei Menschen auf, die in Städten leben: Dort haben laut einer repräsentativen Umfrage von TNS Infratest mehr Menschen Angst vor dem Alleinsein als auf dem Land: Während jeder fünfte Städter angab, sich vor Einsamkeit zu fürchten, war es unter den Landbewohnern nur fast jeder siebte.

Wer kaum Sozialkontakte hat, lebt kürzer

Eine Analyse von 148 Studien aus dem Jahr 2010 hat laut der Rhein-Jura-Klinik bewiesen, dass Einsamkeit das Leben verkürzen kann – und zwar so stark wie das Rauchen oder Übergewicht.

Die Experten sind überzeugt, dass das Alleinsein mehrere Gründe haben kann – oftmals würden sich die Anfänge allerdings im Kindesalter finden: Wer bereits im Kindergarten ein Außenseiter ist, für den ist es oftmals auch in der Schule schwieriger, Freunde zu finden. Denn: "Findet ein Kind keinen Halt in seinem Umfeld, führt das zu einer Verunsicherung, die es für den Betroffenen schwierig machen kann, Kontakte und Beziehungen zu pflegen", heißt es seitens der Einrichtung.

Und diese Verunsicherung nimmt womöglich im fortschreitenden Alter zu: Die Einsamen lehnen sich laut den Forschern selbst ab, weil sie denken, dass sie nicht liebenswert seien. Oftmals würden sie eine stille Wut auf all diejenigen hegen, die glücklich wirken, einen Partner und Kinder haben. "Sie ziehen sich weiter zurück, haben das Gefühl, sie hätten es nicht verdient, Spaß zu haben", sagt Andreas Jähne, Ärztlicher Direktor und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie an der Rhein-Jura Klinik.

Dabei sei vor allem der Spaß am Leben genau das, was die Einsamkeit bekämpft: für sich selbst kochen, den Tisch schön herrichten, sich etwas gönnen. Und ganz wichtig: das Schneckenhaus verlassen und soziale Kontakte knüpfen.

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