WirtschaftsWoche: Herr Lewicki, die Nasa will den Asteroiden Bennu erforschen. Er gilt als Gefahr für die Erde, kann Kontinente verwüsten. Sie dagegen sehen Asteroiden als Chance für die Menschheit. Warum?
Chris Lewicki: Die Nasa besucht Bennu aus vielen Gründen. Die Abwehr von gefährlichen Asteroiden ist einer davon; ein anderer ist, seine Rohstoffe zu studieren. Wir gehen davon aus, dass Asteroiden einen der wertvollsten Rohstoffe im All enthalten. Und an den wollen wir ran.
Gold? Diamanten?
Wasser. Es gehört zu den wichtigsten Dingen, die Sie dabeihaben sollten auf einer Raumstation, auf dem Mond oder dem Mars – zum Trinken, Kochen und Atmen von Sauerstoff. Außerdem schützt Wasser Sie vor gefährlicher Strahlung. Wie in Kernkraftwerken, wo Wasser die Radioaktivität der Brennstäbe abschirmt.
Zur Person
Chris Lewicki ist CEO des Raumfahrt-Start-ups Planetary Resources mit Sitz in Redmond bei Seattle. Zuvor war Lewicki bei der Nasa Flugdirektor der Mars-Roboter-Missionen Spirit und Opportunity und Manager der Marssonde Phoenix. Der Asteroid 13609 Lewicki ist nach ihm benannt. Planetary Resources will als erstes Unternehmen Rohstoffe im Weltraum abbauen. Zu den Investoren zählen Google-Gründer Larry Page und Hollywood-Regisseur James Cameron.
Warum nicht Wasser von der Erde mitnehmen?
Weil der Transport per Rakete extrem teuer ist. Das Gleiche gilt für Treibstoff. Wenn wir Wasser von Asteroiden gewinnen, können wir Treibstoff daraus produzieren – und Zapfsäulen im All bauen. Raumschiffe könnten weiter ins All reisen als je zuvor.
Ein tollkühner Plan. Womöglich zu tollkühn?
Viele Regierungen glauben daran. Luxemburg hat im Frühjahr eine 200 Millionen Euro starke Initiative für den Weltraumbergbau gestartet, bei der wir Partner sind. Und die USA haben ein Gesetz für die Vergabe von Schürfrechten im All verabschiedet.
Schneller schlau: Weltraum-Recht
Als erste und grundlegende völkerrechtliche Vereinbarung des Weltraumrechts gilt der Weltraumvertrag, der 1967 unterschrieben wurde und dem heute 107 Staaten zugestimmt haben (Stand: Juli 2017).
Darin sind Grundsätze festgelegt, die die staatlichen Weltraumaktivitäten regeln. So wird etwa das Hoheitsrecht an Teilen des Weltraums, am Mond und an anderen Himmelskörpern ausgeschlossen. Für Forschung und wirtschaftliche Nutzung ist der Weltraum weitestgehend frei. Aber es gibt Beschränkungen. So muss die Erforschung und Nutzung des Weltraums Sache der gesamten Menschheit sein. Geschlossen wurde der Vertrag einst insbesondere aus Furcht vor einem Wettrüsten im All vor dem Hintergrund des Kalten Krieges.
Das Weltraumrettungsübereinkommen wurde kurz nach dem grundlegenden Weltraumvertrag 1968 verabschiedet und regelt die Gewährung von Hilfe an in Not geratene Raumfahrer und zur Rückgabe von in den Weltraum gestarteten Gegenständen.
Mit dem Weltraumhaftungsübereinkommen wurde 1972 die Haftung im Weltraum in Regeln festgelegt. Zur Sicherstellung angemessenen Schadensersatzes für durch Weltraumgegenstände verursachte Schäden gibt es seitdem einen handfesten Rechtssatz – allerdings bezieht dieser sich in erster Linie auf staatliche und nicht auf private Aktivitäten im Weltraum.
Nach dem allgemeinen Weltraumvertrag gilt der Mondvertrag von 1979 als die wichtigste Vereinbarung im Weltraumrecht. Darin wurden spezielle Regelungen über die Nutzung des Monds und der eventuellen Ausbeutung seiner Naturschätze festgehalten. Allerdings ist dieser Vertrag wenig bindend, denn im Vergleich zum Weltraumvertrag wurde der Mondvertrag bislang nur von 18 Staaten ratifiziert.
Stand: August 2023
Sie haben vergangenes Jahr ein Weltraumteleskop zum Test in den Orbit geschickt. Was ist das Ziel?
Wir suchen Asteroiden, die es lohnt, näher zu untersuchen. Mit Wärmebildkameras und Infrarotsensoren – ähnlich wie in Nachtsichtgeräten – fahnden wir nach Hinweisen auf Wasser. Wir arbeiten zusammen mit der Nasa auch an Sensoren, die anhand des reflektierten Lichts genau erfassen, woraus ein Asteroid besteht. Die Technik wird uns bald auch auf der Erde nützlich sein.
Wie das?
Wir bringen 2018 eine Flotte von Satelliten in den Erdorbit, die die Erde überwachen. Mit der Nasa arbeiten wir daran, schädliche Algenblüten im Wasser von harmlosen zu unterscheiden. Gerade haben wir auch eine Partnerschaft mit Bayer gestartet, um Landwirte mit Informationen aus dem All zu versorgen. Landwirtschaft ist ein Drei-Billionen-Dollar-Geschäft, das sich zunehmend digitalisiert.