„Frauen, die denken, eine Geburt sei das Schmerzhafteste, was ein Mensch aushält, hatten noch nie eine Männergrippe.“ Solche Sprüche bietet das Internet zuhauf, wenn es um das scheinbar unermessliche Leid der Männer geht, die ein Schnupfen plagt. Doch US-Forscher zeigten unlängst, dass an dem viel belächelten Phänomen tatsächlich etwas Wahres dran ist.
Nicht nur das Geschlecht lässt Menschen Erkrankungen ganz unterschiedlich durchleben. Auch unsere sozialen Beziehungen haben darauf einen wichtigen Einfluss. Genauer gesagt: Fühlen wir uns in unseren sozialen Gruppen angenommen und wohl? Oder als einsamer Außenseiter. Denn das beeinflusst entscheidend, wie wir eine Erkrankung wahrnehmen: Forscher der Rice University konnten in einem Experiment mit 160 Teilnehmern zeigen, dass Menschen, die sich allein fühlen, eine Erkältung als schlimmer empfinden.
Für den Versuchsaufbau rekrutierten die Wissenschaftler zunächst 213 gesunde Freiwillige. Vor dem Experiment wurden mit psychologischen Fragebögen, dem sogenannten „Social Network Index“ und „Short Loneliness Scale“ deren soziale Beziehungen erfasst. Abgefragt wurde dabei nicht nur, wie groß der Freundes- und Familienkreis ist, sondern auch wie die Qualität der Beziehungen eingeschätzt wird und ob die Teilnehmer sich häufig allein oder ausgeschlossen fühlen.
Im Anschluss wurden die Probanden per Nasentropfen mit einem harmlosen Erkältungsvirus infiziert. Dann kamen sie für fünf Tage in Quarantäne. Ihre Krankheitssymptome wurden überwacht und zusätzlich ihre subjektiven Erkältungssymptome dokumentiert. Von den mehr als 200 Probanden wurden 160 tatsächlich krank. Nur diese Daten gingen in die Analyse ein. Andere Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht oder Einkommen wurden herausgerechnet.
Die Auswertung zeigte: Je ausgeschlossener sich ein Mensch fühlt, umso mehr leidet er im Krankheitsfall. Die Versuchsteilnehmer, die in den Vorab-Fragen zu ihren sozialen Beziehungen die größte Einsamkeit aufwiesen, berichteten von deutlich stärkeren Erkältungsbeschwerden. Wie groß ihr Freundeskreis war, hatte darauf keinen Einfluss. Denn die Qualität der Beziehungen spielt die entscheidende Rolle. Die Zahl der Kontakte sagt nichts darüber aus, ob die Beziehungen auch als befriedigend empfunden werden.
Dass Alleinsein auch der körperlichen Gesundheit schadet, ist ein seit Langem erforschtes Phänomen. So fand zum Beispiel 2010 ein Team von US-Wissenschaftlern heraus, dass Menschen, die sich über vier Jahre hinweg fortlaufend einsam fühlen, im Laufe der Zeit unter erhöhtem Blutdruck leiden - was wiederum einen Herzinfarkt begünstigt. Andere Einflussfaktoren wie Körpergewicht, Alkohol- und Zigarettengenuss oder Herkunft und Einkommen wurden herausgerechnet. Auch Faktoren wie Stress und Depressionen konnten den Anstieg des Blutdrucks nicht erklären. Die 229 Probanden waren zwischen 50 und 68 Jahren alt.