Sternstunde

Test geglückt: Amateur-Rakete aus dem Baumarkt fliegt 8000 Meter hoch

Andreas Menn Quelle: Frank Beer für WirtschaftsWoche
Andreas Menn Redakteur Innovation & Digitales

Zwei Dänen haben in der Ostsee eine selbstgebaute Rakete gestartet – mit Teilen aus dem Baumarkt. Bald wollen sich die Weltraum-Fans damit selbst ins All schießen.

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Die Rakete beim Start Quelle: Sapphire Launch Campaign

Kristian von Bengtson und Peter Madsen haben einen erstaunlichen Plan: Sie wollen sich ins Weltall schießen. Seit fünf Jahren schrauben und schweißen die beiden Dänen Tag für Tag in ihrer Werkstatt im Hafen von Kopenhagen herum und bauen das erste Amateur-Raumschiff der Welt. Das Material dazu holen sie aus dem Baumarkt, das Wissen aus dem Internet und das nötige Geld treiben sie bei Spendern auf.

So etwas kommt sonst nur in Kinofilmen vor. Aber am Wochenende gelang den beiden Dänen, über die die WirtschaftsWoche bereits berichtete, ihr bisher spektakulärster Testflug: Vor der Küste der Ostsee-Insel Bornholm starteten sie eine selbst gebaute, unbemannte Rakete – und erreichten eine Flughöhe von 8,2 Kilometern. Das ist zwar noch weit entfernt vom Ziel, die Grenze zum Weltraum in 100 Kilometern Höhe zu überfliegen. Und doch ist der geglückte Start ein wichtiger Meilenstein für das dänische Apollo-Projekt.

Vom Raketenbauer zum Star

Denn erstmals hatte die Eigenbau-Rakete eine vollständige Steuerungstechnik an Bord, wodurch sich ihre Flugbahn per Funkbefehl kontrollieren ließ. Und die Technik funktionierte reibungslos: Kerzengerade stieg das Geschoss in den Himmel, bis es zwischen den Wolken verschwand. "Es war ein perfekter Flug", schrieb von Bengtson weniger Stunden später in seinem Blog. Mehrere Dutzend Helfer, Journalisten und Freunde verfolgten den Rekordflug von Schiffen aus.

Selbst Raumfahrt-Experten dürfte erstaunen, wie weit die beiden Dänen schon gekommen sind. Vier Raketen haben sie bereits von einem selbst gebauten Ponton gestartet, weit über 40 Raketendüsen-Tests haben sie an einem ebenfalls in Eigenregie errichteten Teststand durchgeführt. In den dänischen Medien sind die Raketenbauer längst Stars – und für den jüngsten Test ließen sie zum wiederholten Mal einen Teil des dänischen Luftraums sperren.

Das Erstaunliche ist: Von Bengtson und Madsen wollen eine mehr als 20 Meter hohe Rakete bauen, wie sie die Nasa in den 60er Jahren für die ersten bemannten Flüge benutzte – aber mit den Werkzeugen und Mitteln einer besseren Hinterhof-Werkstatt. Es ist das spartanischste Raketenlabor der Welt: Umkleiden, Duschen, eine Kaffeeküche? Fehlanzeige. Es gibt nicht einmal eine Heizung.

Die Raumkapsel aus dem Bastelkeller

Die Raumkapsel, in der Madsen als erster zu einem Flug ins All aufbrechen will, baute von Bengtson aus Stahl – und nicht aus luxuriösem Titan oder Karbon. Die Funkantennen stabilisierte er mit Röhren aus einem Fachgeschäft für Lenkdrachen. Ebenso spartanisch konstruiert sind die Auftriebskörper, die nach der Wasserung das Raumschiff stabilisieren sollen. Das Material dazu – verstärkte Plastikplanen – entdeckte von Bengtson in einem Anglerladen. Die CO2-Kartuschen, die die Bojen aufblasen sollen, schraubte er kurzerhand aus seinem Sprudelwasser-Automaten.

Eine Reihe von Testflügen, Versuchen und Bauplanänderungen steht den Raketen-Bastlern noch bevor. Doch in nicht allzu ferner Zukunft will Madsen als erster in die Raumkapsel steigen, in die er nur mit angezogenen Beinen passt, sich anschnallen und dann mit Überschalltempo in den Himmel emporsteigen. Rund vier Minuten lang wird er schwerelos sein, dann fällt das Garagen-Raumschiff wieder zur Erde, gebremst von mehreren Fallschirmen.

Es wäre mit einem Budget von bisher geschätzten 500000 Euro der preiswerteste Raumflug der Geschichte. Und ganz gewiss auch der kühnste.

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