Nachhaltigkeit Mit diesen Tricks waschen sich deutsche Unternehmen grün

Nicht verrottende Ökotüten, nachhaltiges Klopapier mit Tropenholz und Bioprodukte, die keine sind: Oft steckt hinter den nachhaltigen Verlautbarungen wenig mehr als grüner Schein. In Wirklichkeit wird vertuscht, lasch kontrolliert – und gelogen. Eine Spurensuche.

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Danone-Produkte in einem Regal Quelle: Reuters

Es grenzt an ein kleines Wunder, dass Konsumenten grünen Werbebotschaften überhaupt noch glauben. Da bringen Handelsketten kompostierbare Plastiktüten auf den Markt, die kaum verrotten. Forscher entdecken Spuren von Tropenholz in nachhaltig zertifiziertem Klopapier. Modeketten hängen ohne Scham Hemden mit fragwürdiger Herkunft als Bioprodukte in ihre Schaufenster. Und Kosmetikhersteller bewerben wortreich Inhaltsstoffe wie Bioolivenöl in Cremes, unterschlagen aber, dass der Rest der Pflegeprodukte aus synthetischen Stoffen besteht.

Von Bio also in Wirklichkeit keine Spur. Wie so oft.

Fast im Wochentakt fliegen neue Ökoflunkereien auf. Immer ausgefeiltere Tricks, fragwürdige Siegel und teils kriminelle Methoden verleihen dem Problem eine neue Dimension – mit gravierenden Folgen für die Glaubwürdigkeit der gesamten Wirtschaft. Nachhaltig, klimaneutral und öko: Begriffe, die einst als Leitplanken eines bewussten Lebensstils gedacht waren, verkommen zu inhaltsleeren Worthülsen. Eine gute Idee wird ramponiert.

"Robin Hood der Verbraucher"

Jürgen Resch muss nur daran denken, schon wird er wütend. Der 52-Jährige ist Chef der Deutschen Umwelthilfe. Er zerrt ein Unternehmen nach dem anderen vor Gericht. Manchmal gelingt ihm dabei ein Coup, wie vergangenes Jahr, als sich Danone öffentlich dazu verpflichtete, einen Joghurtbecher nicht mehr als "umweltfreundlicher" im Vergleich zu seinem Vorgänger aus Rohöl zu bezeichnen.

Resch versteht sich als eine Art Robin Hood der Verbraucher. Er kritisiert, dass viele Unternehmen mit aufwendigem Marketing und ein paar Tricks versuchen, sich einen grünen Anstrich zu verpassen. Dem will er ein Ende bereiten. Mit allen Mitteln.

Denn es geht um ein Milliardengeschäft. In Deutschland wird sich der Umsatz mit grünen Produkten und Technologien laut Bundesumweltministerium bis 2020 auf 3,1 Billionen Euro verdoppeln. Doch mit dem kometenhaften Aufstieg der grünen Industrie wächst ihr schmutziger Schweif: Scharlatane, Trittbrettfahrer und Betrüger stürzen sich auf den boomenden Markt.

Werbekampagnen sind teurer als der Umweltschutz

Experten nennen es Greenwashing, wenn Unternehmen mit viel PR-Tamtam darauf abzielen, ihre Marken als nachhaltig darzustellen – mitunter gar, um von umweltschädlichem Verhalten abzulenken. Oft seien dabei die Werbekampagnen teurer als die Umweltschutzmaßnahme selbst, kritisiert Greenpeace.

Aber so klar Greenpeace oder Aktivisten wie Resch die Grenze zeichnen, so deutlich verlaufen die Fronten nur noch selten. Das alte Bild der bösen Konzerne, die versuchen, die schmutzige Wahrheit ihres Handelns zu vertuschen, trägt nicht mehr. Unternehmen wie Hess Natur-Textilien warnen schon länger vor den Folgen des Greenwashing.

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