Nachhaltigkeit Mit diesen Tricks waschen sich deutsche Unternehmen grün

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Schwarze Schafe werden aussortiert

Eine Frau isst Schokolade Quelle: dpa/dpaweb

Dass das System auch acht Jahre nach der Gründung nicht perfekt ist, geben selbst Unternehmen wie Rewe und Unilever zu. Palmöl-Experten wie Daniel May von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit in Bonn halten das Siegel dennoch für den richtigen Weg, weil schwarze Schafe nach und nach aussortiert würden.

Besonders schwer zu durchschauen sind bei alledem aber die sogenannten CO2-neutralen Produkte. Angeblich belasten sie das Klima so wenig, als wären sie nie produziert worden. Die Packungen des Schweizer Schokoladenherstellers Chocolats Halba zum Beispiel sind gepflastert mit grünen Siegeln. Die Schokolade ist nicht nur bio und fair, sondern auch "Carbon Neutral". Doch das ist höchst fragwürdig.

Aufforstung dauert Jahzehnte

Die Kohlendioxidemissionen, die bei Produktion und Transport entstehen, würden kompensiert, teilt Chocolats Halba mit: Kakaobauern in Ghana und Peru pflanzen Bäume, um die Menge an Emissionen, die eine Tafel Schokolade verursacht, zu binden. Alle Produkte mit dem Siegel "Carbon Neutral" wiegen so angeblich ihre Emissionen wieder auf.

Doch solche Kompensationen sind in den Augen vieler Experten Augenwischerei: "Die Aufforstung dauert Jahrzehnte", sagt Klimabilanzexperte Stefan Gössling-Reisemann von der Universität Bremen. "Ich halte es für vermessen, dafür heute das Siegel Carbon Neutral zu geben." Wer garantiert, dass der Baum ein halbes Jahrhundert stehen bleibt?

Gerade solche Botschaften hören die Konsumenten immer öfter. Vielleicht ist Greenwashing ja auch eine Art Krisenphänomen. "Mein Eindruck ist, dass Unternehmen und die PR-Abteilungen in wirtschaftlich schweren Zeiten nach positiven Geschichten aus dem Unternehmen suchen", sagt Rolf Häßler von der Nachhaltigkeitsratingagentur Oekom. "Die finden sie oft bei den Nachhaltigkeitskollegen." Damit die Botschaft dann richtig ankomme, würden die Aktivitäten anschließend oft blumiger dargestellt, als sie sind.

Umweltaktivitäten werden so genau beobachtet wie nie

Wer wissen will, wie ernst es Unternehmen mit dem Thema Nachhaltigkeit nehmen, sollte sich die interne Struktur anschauen: Gibt es dort eine Abteilung, die sich um das Thema kümmert? Hat sie einen direkten Draht zum Vorstand – und ein Budget? Oder sind die Nachhaltigkeitsbeauftragten lediglich der Marketing- und PR-Abteilung unterstellt?

Ein glaubwürdiges Management des Themas zahlt sich indes aus. "Noch nie wurden die Umweltaktivitäten von Konzernen so intensiv beobachtet wie heute", glaubt Häßler. Soziale Medien machen es zunehmend unmöglich, sich dauerhaft unverantwortlich zu verhalten.

Bleibt die Frage, welchen grünen Versprechen und Ökosiegeln Kunden trauen können. Aktivisten empfehlen, vor allem auf bekannte Siegel zu setzen. Das Bioetikett bei Lebensmitteln etwa hat bislang fast jede amtliche Prüfung bestanden und wird streng kontrolliert.

Gegen die italienische Mafia, die kürzlich Tausende herkömmlich produzierte Nahrungsmittel in teureres Biofood umetikettierte, half aber selbst das nicht.

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