Smart-Chefin Annette Winkler Nächste Station: Daimler-Vorstand

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Klare Worte, versöhnliche Gesten

Als bekennende Querdenkerin („Ich hasse Erklärungen, die mit ,Das geht nicht‘ beginnen“) brauchte einige Zeit, um sich im Großunternehmen zurechtzufinden. Wie sie sich an den Konzern gewöhnt, muss der Konzern sich auch an sie gewöhnen. In Mitarbeiterkreisen berüchtigt sind von Beginn ihrer Daimler-Zeit an die E-Mails, die Winkler vom frühmorgendlichen Jogging per Blackberry verschickt – kurz vor 7 Uhr morgens. Dutzende Ideen, die „der Chefin“ beim Trab durch die Landschaft gekommen sind, werden dann zur Diskussion gestellt oder Anweisungen erteilt, die, wie ein Insider lästert, möglichst bis acht Uhr umgesetzt sein sollten: „Sonst kann es schon mal ungemütlich werden.“

„Ich will, dass wir alle begeistert sind. Dass wir dafür brennen, nicht nur Autos zu bauen, sondern auch unseren Kunden mehr Lebensqualität in der Stadt zu verschaffen und die Städte schöner zu machen“, doziert Winkler zu später Stunde nach einem langen Messetag. Womit wir wieder bei Smart wären.

VW bleibt trotz Dieselgate vor Toyota
Toyota – 1. Halbjahr 2016Der japanische Branchenprimus, zu dem auch der Kleinwagenbauer Daihatsu Motor und der Nutzwagenhersteller Hino Motors gehören, verkaufte zwischen Januar und Juni global 4,99 Millionen Autos. Das ist ein Rückgang zum Vorjahreszeitraum von 0,6 Prozent. Die ganze Halbjahres-Bilanz auch mit Umsatz- und Gewinnkennzahlen legt der japanische Konkurrent am 4. August vor. Quelle: AP
Volkswagen (Konzern) – 1. Halbjahr 2016Krise? Welche Krise? Die Abgas-Affäre scheint die Auslieferungen bei Volkswagen nicht zu bremsen. Pünktlich zum Halbjahr setzt sogar die schwächelnde Kernmarke zur Wende an. Mit 2,925 Millionen verkauften Volkswagen blieb die Marke zwar knapp unter dem Vorjahresergebnis, die Tendenz im Juni zeigte aber um fast fünf Prozent nach oben. Mit dem starken Juni stehen nach sechs Monaten die Zeichen bei den Verkäufen klarer als zuvor auf Zuwachs: 5,12 Millionen Fahrzeuge – vom VW-Up bis zum schweren Scania-Lkw – sind 1,5 Prozent Verbesserung im Vergleich zum ersten Halbjahr 2015. Trotz Diesel-Krise steuert der Konzern damit 2016 bisher auf ein Auslieferungsplus zu. Nach fünf Monaten Ende Mai hatte der Zuwachs lediglich bei 0,8 Prozent gelegen. Zumindest als Momentaufnahme scheint der Autobauer damit zehn Monate nach dem Ausbruch der Diesel-Krise eine Durststrecke zu verlassen. Quelle: dpa
BMW – 1. Halbjahr 2016Zwischen Januar und Juni diesen Jahres wurden weltweit 986.557 BMW verkauft. Damit konnten die Münchner im Vergleich zum Vorjahr um 5,8 Prozent zulegen. Allein im Juni stieg der Absatz um 9,7 Prozent auf 189.097 – mit den Marken Mini und Rolls-Royce kommt der Konzern sogar auf 227.849 Autos (+9,1 Prozent). Für das Plus sorgte demnach vor allem die hohe Nachfrage in Europa und Asien. In den USA dagegen schrumpfte der Absatz. Mit den knapp 190.000 Fahrzeugen im Juli lag BMW vor den beiden Dauer-Konkurrenten Audi (169.000 Autos) und Mercedes (188.444 Fahrzeuge). Doch wie sieht es im gesamten ersten Halbjahr aus? Quelle: dpa
Audi – 1. Halbjahr 2016Zumindest Audi konnte BMW hinter sich lassen. Die Ingolstädter konnten zwar zulegen, mit 5,6 Prozent fiel das Wachstum aber geringer aus als bei der Konkurrenz aus München – genauso die absolute Zahl an Auslieferungen von 953.200 Fahrzeugen. Dennoch ist die Bilanz für Audi positiv. Man habe den Absatz in allen Weltregionen steigern können, sagte Vertriebsvorstadn Dietmar Voggenreiter. Spaß-Modelle wie das TT Cabrio im Bild tragen traditionell wenig zum Volumen bei. Zu den größten Treibern gehörten die Baureihen A4 mit einem Plus von 12,3 Prozent und das Oberklasse-SUV Q7, das es nach dem Modellwechsel im Vorjahr auf ein Plus von satten 73,6 Prozent bringt. Auch für das zweite Halbjahr ist Voggenreiter optimistisch: Dann stehen die Premieren des überarbeiteten A3 und der komplett neuen Baureihen A5 und Q2 an. Quelle: obs
Daimler – 1. Halbjahr 2016BMW und Audi waren gut, Mercedes war besser. So lässt sich das erste Halbjahr zusammenfassen – sowohl beim Wachstum als auch beim Absatz konnte die Marke mit dem Stern die Konkurrenten abhängen. In den ersten sechs Monaten gingen 1.006.619 Mercedes-Benz an die Kunden – das entspricht eine Zuwachs von 12,1 Prozent. Ganz nebenbei der 40. Rekordmonat in Folge für die Marke. Dabei profitiert Mercedes vor allem von den SUV-Modellen, die inzwischen ein Drittel des weltweiten Absatzes ausmachen. „Das zeigt, dass sich unsere Produktoffensive auszahlt und unser rundum erneuertes SUV-Portfolio hervorragend bei den Kunden ankommt“, sagt Vorstandsmitglied Ola Källenius. Zusammen mit den 73.510 verkauften Smart kommt die Pkw-Sparte des Daimler-Konzerns so auf 1,08 Millionen Fahrzeuge. Quelle: dpa
Porsche – 1. Halbjahr 2016Drei Prozent Wachstum auf 117.963 Fahrzeuge. Das sind die Eckdaten des ersten Halbjahres bei Porsche. Der Sportwagenbauer zeigt sich damit zufrieden und spricht von einer „Stabilisierung auf hohem Niveau“. Viele Modelle wie die Baureihen Cayman, Boxster, Macan und der 911er konnten zwar zweistellig wachsen, bei der Limousine Panamera hielten sich die Kunden wegen des anstehenden Modellwechsels aber spürbar zurück. „Die durchweg positive Resonanz auf die Weltpremiere des neuen Panamera Ende Juni stimmt uns sehr optimistisch. Wir erwarten uns davon einen deutlichen Schub“, sagt Marketing- und Vertriebsvorstand Detlev von Platen. Der neue Panamera kann seit dem 28. Juni bestellt werden und steht in Europa ab November beim Händler. In den USA und im chinesischen Markt ist das Auto ab Januar 2017 verfügbar. Quelle: dpa
Toyota – Gesamtjahr 2015Der japanische Autokonzern Toyota hat seine Stellung als weltgrößter Fahrzeughersteller im vierten Jahr nacheinander behauptet und den durch den Abgasskandal gebeutelten Konkurrenten VW auf Distanz gehalten. 2015 verkaufte das Unternehmen 10,15 Millionen Autos, wie Toyota am Mittwoch mitteilte. VW kam im vergangenen Jahr auf 9,93 Millionen verkaufte Autos, General Motors auf 9,8 Millionen. 2016 rechnet Toyota mit einem Absatz von 10,11 Autos. Im vergangenen Jahr lag die Prognose bei 10,1 Millionen Fahrzeugen für 2015 und wurde durch die Realität übertroffen. VW hatte Toyota bei den Verkaufszahlen im ersten Halbjahr 2015 überholt, war dann aber infolge des Abgasskandals wieder zurückgefallen. Die Autoverkäufe auf den großen Märkten in den USA und Japan haben sich verlangsamt. Darüber hinaus hat sich auch das in den vergangenen Jahren stetige Wachstum auf aufstrebenden Märkten abgeschwächt. Das schlägt sich auch in den Toyota-Zahlen nieder: 2014 hatten die Japaner noch 10,23 Millionen Autos verkauft. Quelle: dpa

Als Winkler dort Chefin wird, besteht das Produktprogramm nur noch aus einem einzigen Auto. Die Marathon-Rennradlerin, die in ihrer Zeit als Statthalterin von Daimler in Belgien bis zu einem schweren Unfall Tagesetappen von bis zu 250 Kilometern bewältigte, lässt in aller Eile ein Elektrobike entwickeln, um den Smart-Händlern ein kleines Zubrot zu verschaffen. Zudem hilft der Aufbau des Carsharing-Systems Car2Go, die Produktion in Hambach zu stabilisieren und das Unternehmen über Wasser zu halten.

Steigerung der Unternehmenskultur

Aber erst die strategische Kooperation mit Renault-Nissan und die Entwicklung einer gemeinsamen, heckgetriebenen Plattform für Smart und Renault Twingo (Codename Edison) sorgen für neuen Schwung. Winkler trägt viel dazu bei, um die unterschiedlichen Firmenkulturen zusammenzuführen und die Zwistigkeiten, die während der Fahrzeugentwicklung immer wieder zwischen den Ingenieuren von Daimler und Renault ausbrachen, zu beenden – durch klare Worte und versöhnliche Gesten, auch durch Kochevents, zu denen sie ihre deutschen und französischen Kollegen einlädt. Winkler und Renault-Chefentwickler Ali Kassei sind darüber zu Freunden geworden.

So entwickelte sich Mercedes-Benz 2014

Seit Februar ist die neue Modellgeneration nun auf dem Markt, sind mit Zwei- und Viertürer sogar zwei Autos im Angebot, nicht nur in Europa, sondern auch in China. Zusammen mit Bodo Buschmann, dem Besitzer des Mercedes-Veredlers Brabus, feilt sie an stylischen Sondermodellen. Oft bis spät in die Nacht, denn auch um die Farben und Materialien der neuen Reihe Tailor Made, die in Kürze auf den Markt kommt, kümmert sich die Smart-Chefin persönlich. „Es ist nicht immer leicht mit ihr“, sagt der Unternehmer. „Aber es imponiert mir, mit wie viel Einsatz sie für das kleinste Auto im Großkonzern kämpft.“

Und der Einsatz zeigt Wirkung: Das ursprüngliche Verkaufsziel von 200.000 Autos pro Jahr erscheint Analysten erstmals ebenso realistisch wie ein ordentlicher Betriebsgewinn. Friedrich Maier, Geschäftsführer des Smart Centers in Esslingen und Sprecher des deutschen Smart-Händlerverbandes, ist guten Mutes. „Die Durststrecke ist endlich zu Ende.“

Zumal der Ausbau der Modellpalette zügig weitergeht. Im Herbst kommt das Cabrio, die Version mit Elektroantrieb im kommenden Frühjahr. Und hartnäckig halten sich Gerüchte, dass auf Basis des Nissan Juke ein Smart-SUV entsteht – die Produktionsentscheidung für den Smart Formore könnte bald fallen.

Winklers Ideen sind damit noch lange nicht ausgeschöpft. Kostprobe? Smart-Fahrer sollen in Parkhäusern Rabatt kriegen und bargeldlos bezahlen können, sie sollen Facelifts downloaden können, Teil einer weltumspannenden Community werden. „Es gibt für uns Chancen ohne Ende.“

Und das gilt sicher nicht nur für die Marke, sondern auch für deren Chefin.

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