BER Woran der Flughafen Berlin Brandenburg scheitert

Der neue Hauptstadt-Flughafen sollte 2012 eröffnen. Nun wird es 2017. Oder 2018. Oder 2019. Eigentlich auch egal. Für die Massen, die nach Berlin kommen, wird er ohnehin zu klein sein. Wie konnte das nur alles passieren?

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Hinter den Kulissen des BER

Karsten Mühlenfeld darf das. Er steht vor einer weißen Leuchttafel mit den roten Initialen BER. Neben ihm steht eine Handwerkerleiter, die Decken über ihm sind abgehängt. Seit etwas mehr als einem Jahr ist Mühlenfeld Chef der Berliner Flughäfen. Er hat das Chaos am neuen Hauptstadt-Airport BER nicht zu verantworten. Es muss nur beseitigen, was ihm seine Vorgänger hinterlassen haben. Und so kann er aussprechen, was man sonst so nicht sagen würde. „Als man sich 2012 vom Planer trennte, hätte man die Bauarbeiten stoppen müssen, um neu zu planen“, sagt Mühlenfeld. „Aber Baustilland wollte die Politik vermeiden.“

Ein Satz, der einiges verrät über Deutschlands peinlichste Baustelle. Nicht nur, dass Planung und Bau im Vorfeld von Dilettanten erledigt wurde. Die Fehler wurden anschließend sogar wiederholt. Erst planen, dann bauen - so sollte es zugehen auf den Baustellen dieser Nation. Doch am BER war das anders.

Die Folgen sind bis heute zu spüren. Mühlenfeld hat die WirtschaftsWoche auf einen Rundgang durch den BER mitgenommen: durch die Haupthalle, den Duty-Free-Bereich, die Entrauchungskanäle und Gepäcksortieranlage. Fast überall wird gehämmert, geschweißt und geschraubt. An den Wänden hängen Baupläne. „Vereinzelt müssen wir Planungen noch immer auf den aktuellen Stand bringen“, sagt der 53-Jährige. Vier Jahre nach dem geplanten Eröffnungstermin! Man habe Brandlasten, also brennbare Materialien, an Stellen gefunden, wo sie laut Planfeststellung nicht hätten sein dürfen. Bis heute wird nachgezeichnet.

Wie es am Pannen-Airport derzeit aussieht
Christian Schlesiger (l), Karsten Mühlenfeld (r) Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche
Sitzbänke unter Plastikplanen Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche
Kabel Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche
Karsten Mühlenfeld Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche
Kunst im Berliner Flughafen. Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche
Duty-Free-Bereich Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche
Check-In-Schalter von Air Berlin. Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche

Am Ziel, den BER in der zweiten Jahreshälfte 2017 zu eröffnen, hält Mühlenfeld weiterhin fest. Er muss es tun. „Wir brauchen den Termindruck“, sagt er. Sonst lassen die Baufirmen wieder Hammer und Schrauber fallen.

BER ist die Lachnummer der Nation

Doch wen interessiert es eigentlich noch, ob der BER 2017 oder 2018 oder 2019 eröffnet? Der Hauptstadt-Flughafen bleibt so oder so die Lachnummer der Nation. Der BER ist Gesprächsthema auf der ganzen Welt. Internationale Medien haben berichtet und konnten kaum glauben, dass so etwas in Deutschland möglich ist.

Doch es war möglich. Der Untersuchungsausschuss des Berliner Landtags hat gerade seinen Abschlussbericht vorgelegt. Drucksache 17/3000, zwei Bände, 1269 Seiten. Wer ist schuld am Totalversagen des Bauprojekts, das den Steuerzahler nun sechs statt zwei Milliarden Euro kosten wird? Am ehesten die damalige Geschäftsführung, also die früheren Flughafenmanager Rainer Schwarz und Manfred Körtgen, heißt es in dem Bericht: „Bereits aus rechtlichen Gründen ist bei der Geschäftsführung eine übergeordnete Verantwortung für den Gesamtverlauf des Projektes anzusiedeln.“ Doch so ganz genau weiß man es nicht. Der Bericht spricht auch von „geteilten Verantwortlichkeiten“ und „kollektiven Wirklichkeitsverlust“. Es durfte nicht wahr sein, was wahr wurde.

Hat der BER überhaupt noch eine Chance?

Im Flughafen selbst kann man sich jedenfalls bis heute ein Bild von den Versäumnissen machen. Was ging schief?

Da ist die Entrauchungsanlage. Vier Ventilatoren sollten im Brandfall dafür sorgen, dass der Rauch aus dem Terminal durch unterirdische Kanäle ins Freie geleitet wird. „Jeder Laie weiß: Rauch steigt nach oben“, sagt Mühlenfeld. Man habe die Anlage deshalb aufgeteilt. Obere Etagen werden über Schornsteine durchs Dach entraucht, die unteren Ebenen weiter durch den unterirdischen Tunnel. Und ganz wichtig: Die Ventilatoren sind jetzt regulierbar. „Sie laufen also nicht auf Volllast, wenn man einen kleinen Raum entrauchen muss“, so der Flughafen-Chef. „Das war vorher nicht möglich. Ein Planungsfehler.“

Einer von vielen. Aber ein entscheidender. Denn im Prinzip hätte der hohe Unterdruck, den die Ventilatoren erzeugt hätten, Leitungen regelrecht implodieren lassen. Die fehlende Steuerung der Entrauchungsanlage, von Mitarbeitern liebevoll das „Monster“ genannt, musste nachträglich eingebaut werden. Kilometerlang zusätzliche Kabel durch das gesamte Flughafengebäude. Deshalb hängen fast überall die Decken ab.

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