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BörsenWoche Editorial Im Immobilienaktien-Crash steckt eine Chance

Die Aktien von Vonovia, LEG oder TAG Immobilien werden an der Börse böse abgestraft. Mit dem jüngsten panikartigen Abverkauf könnte die Baisse jetzt ihre finale Phase erreicht haben.

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Am Markt für Immobilienaktien gibt es derzeit einen heftigen Ausverkauf. Deutschlands größter Wohnimmobilienkonzern Vonovia verlor an der Börse binnen zehn Tagen ein Fünftel an Wert. Seit Jahresanfang hat sich der Kurs nahezu gedrittelt. Bei der Konkurrenz sieht es genauso aus: Die MDax-Werte Aroundtown, LEG und TAG liegen seit Jahresbeginn alle zwischen 50 und 75 Prozent hinten.

Vonovia bringt es nur noch auf läppische 15 Milliarden Euro Börsenwert. Ein Witz, angesichts eines Eigenkapitals, das per Ende Juni mehr als das Doppelte betrug. Hier kann man also einen Euro für weniger als 50 Cent kaufen. Oder doch nicht?

Vorsicht ist jedenfalls angesagt. Denn Immobiliengesellschaften leiden auf mehreren Ebenen unter den steigenden Zinsen. Weil der Wert ihres Portfolios mithilfe eines Diskontierungszinses errechnet wird, haben die fallenden Zinsen der vergangenen Jahre zu immer höheren Buchwerten geführt.

Kleiner Zinsanstieg, großer Effekt

Gleichzeitig haben die Unternehmen ordentlich Kredite aufgenommen, um zuzukaufen. Steigen nun die Zinsen, drohen diese Vermögenswerte wieder aus der Bilanz zu verschwinden. Entsprechend würde das Eigenkapital schrumpfen – während die Kredite in voller Höhe bestehen bleiben. Die Folge: Der Verschuldungsgrad steigt, die Eigenkapitalquote sinkt. Dieser Effekt kann erheblich ausfallen.

Vonovia etwa bewertet seinen Bestand mit rund 100 Milliarden Euro. Angenommen, die steigenden Zinsen würden in Zukunft eine zehnprozentige Abwertung nötig machen. Dann würde das Eigenkapital um 10 Milliarden oder fast ein Drittel auf 24 Milliarden schrumpfen – schon deutlich näher am aktuellen Börsenwert.

Bereits 0,25 Prozentpunkte höhere Diskontierungs- und Kapitalisierungszinsen, so steht es im Halbjahresbericht, würden einen Wertrückgang um knapp neun Prozent auslösen.

Entgegenwirken können die Konzerne etwa, indem sie Bestände verkaufen und so ihre Verschuldung reduzieren. Doch dafür muss man einen Käufer finden, der mindestens den Bilanzwert bezahlt. Wollen wegen der steigenden Zinsen viele gleichzeitig verkaufen, kann das schwierig werden. Verkauft man unter Buchwert, entstehen Verluste.

Die Alternative ist, mit den Mieterträgen Schulden zu senken. Dann bliebe aber weniger Geld für Investitionen und Dividenden. Letztere waren lange ein wichtiges Argument für scheinbar langweilige Immoaktien. Der Zinsanstieg gefährdet das – zumal auch die Kosten für Kredite zulegen und den Dividendenspielraum einengen dürften.

Doch es gibt auch Hoffnung. Die Berechnungszinsen verändern sich zeitversetzt und weniger ruckartig als die Zinsen am Kapitalmarkt. Das verschafft Zeit, um mit gezielten Verkäufen die Bilanz aufzubessern, zur Not auch via Kapitalerhöhung.

Zweitens stehen die Chancen gar nicht so schlecht, dass die Notenbanken von ihrem Straffungskurs wieder abrücken müssen, weil der starke Renditeanstieg Turbulenzen am Finanzmarkt auslöst. Siehe England.

Und drittens zeigt sich derzeit in den krassen Abverkäufen nach einer ohnehin schweren Baisse bei den Immoaktien Panik. Auch wenn sie sicher nicht schnell frühere Niveaus erreichen werden, kann sich von hier aus zumindest ein Boden bilden.

Ihr Georg Buschmann

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