Equal Pay Day Die 22 Prozent sind ein Mythos

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Lohndifferenz wegen Berufswahl, Teilzeit, Babypause


"Real existiert keine nennenswert große Lücke zwischen den Löhnen von Frauen und Männern. Sie liegt bei der Gesamtbetrachtung aller Faktoren um zwei Prozent", erklärt Sven Hille, der Leiter der Fachgruppe „Arbeitszeit und Vergütung“ am Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. (ifaa). In der ganz jungen Generation, die ab 1998 geboren ist, gebe es bei gleicher Arbeit überhaupt keine Lohnlücke mehr. In der Generation der Babyboomer seien es dagegen vier bis fünf Prozent.

Hille ist überzeugt, dass das Statistische Bundesamt bei seiner Rechnung Äpfel mit Birnen vergleicht. "Bei dieser Darstellung werden entscheidende Faktoren nicht berücksichtigt."

Die Gründe dafür, dass die Grundgesamtheit der berufstätigen Frauen weniger verdient als die Grundgesamtheit der berufstätigen Männer, sind andere. "Frauen sind seltener in Führungspositionen, sie haben häufiger Karrierebrüche in ihrer Erwerbsbiographie, sie sind extrem unterrepräsentiert in den gut bezahlten MINT-Berufen", sagt Haussmann. Auch laut ifaa sorgen Arbeitszeit, Berufswahl, Dauer der Betriebszugehörigkeit und die Babypause für den großen Unterschied.

Dass Frauen eher in Teilzeit arbeiten, häufiger und länger für die Familie zuhause bleiben als die Männer und eher in schlechter bezahlten Berufen arbeiten als in den hochdotierten MINT-Fächern, weiß man übrigens auch beim Bundesfamilienministerium. In einer entsprechenden Publikation werden diese Faktoren als die drei Säulen für die Lohnlücke bezeichnet.

Weniger Rente

"Wenn man an diesen 22, 23 Prozent etwas ändern will, muss man die Strukturen verändern. Man muss die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern, das Alphamännchentum abschaffen und mehr Frauen für gut bezahlte Berufe begeistern", sagt der Vergütungsexperte Haussmann. Und Forscher Hille weist auf die Erwerbsverläufe von Frauen hin: sie wählen schlecht bezahlte Berufe, unterbrechen ihre Erwerbstätigkeiten dann lange, wenn die Kinder kommen und arbeiten anschließend nur noch halbtags. Da muss sich niemand wundern, wenn am Ende weniger auf dem Lohnzettel steht.

Auch bei der Rente macht sich diese typisch weibliche Erwerbsbiographie bemerkbar, wie eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt. Rentnerinnen bekamen im Jahr 2014 durchschnittlich 618,36 Euro brutto im Monat, Männer mit 1.037,02 Euro brutto fast das Doppelte. Und auch bei denjenigen, die erst 2014 in den Ruhestand gegangen sind, war die Rentenlücke enorm groß: 532,72 Euro brutto bei den Frauen, 974,67 Euro brutto bei den Männern.

Rentenprognosen für 2040

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