Zum Skifahren in die Alpen, die ersten heißen Tage zum Sonnenbaden am Mittelmeer nutzen oder zu Hause mit der Familie Ostereier bemalen? Die Vorstellungen vom perfekten – und bezahlbaren – Urlaub gehen auseinander. Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Wem es dabei jedoch vor allem auf die Erholung ankommt, kann sich einige Erkenntnisse aus der Forschung zunutze machen.
Ein erster überraschender Befund ist, dass zusätzliche Urlaubstage nicht unbedingt für zusätzliche Erholung sorgen: So deuten mehrere Untersuchungen darauf hin, dass die ersten freien Tage besonders guttun. Eine Studie der Universität von Tel Aviv zeigte, dass Urlaube von sieben bis zehn Tagen das Stresslevel von Industriearbeitern ebenso wirksam reduzierten wie längere Auszeiten. Forscher der finnischen Universität Tampere stellten fest, dass Reisende am achten Tag am entspanntesten waren. Sie empfehlen deshalb eine Urlaubsdauer von acht bis zehn Tagen.
Lieber mehrmals kurz als einmal lang
Doch selbst Kurzurlaube von zwei bis vier Tagen haben nachweislich positive Auswirkungen auf den empfundenen Stress und das Wohlbefinden. Eine Studie aus Australien kam sogar zu dem Ergebnis, dass sich die Konzentrationsfähigkeit von Beschäftigten durch ein paar freie Tage stärker verbesserte als durch einen längeren Urlaub.
Wer gut durchs Jahr kommen will, fährt mit mehreren Urlauben also besser als mit einer langen Auszeit. Auf diese Weise haben Beschäftigte außerdem immer wieder Grund zur Vorfreude. Denn – auch das ist eine Erkenntnis aus der Forschung – vor dem Urlaub sind Beschäftigte besonders glücklich.
Bewegung und Begegnungen
Wichtiger als die Dauer ist die Gestaltung der Ferien: Die erste Regel lautet dabei, den Urlaub auch tatsächlich als solchen zu nutzen – und nicht währenddessen zu arbeiten. Wer sich gedanklich von der Arbeit lösen kann, ist nach dem Urlaub zufriedener und empfindet das Arbeitsklima als besser, zeigte eine Studie aus den Niederlanden.
Freie Zeit für sich selbst, Bewegung, guter Schlaf und das Knüpfen neuer Bekanntschaften sind Bestandteile eines besonders erholsamen Urlaubs, so das Fazit einer Studie der Medizinischen Universität Wien. Ähnliches gilt für Freizeit im Allgemeinen: Zwei deutsche Forscherinnen fanden heraus, dass sich vor allem zwei Freizeitbeschäftigungen positiv auf die Lebenszufriedenheit auswirken: Treffen mit Freunden und Sport. Internetnutzung und Fernsehen gehen dagegen mit einer geringeren Zufriedenheit einher.
Meer schlägt Berge
Wo fühlen sich Menschen am wohlsten? Wissenschaftler von der britischen University of Exeter sind dieser Frage nachgegangen. Dazu befragten sie mehr als 1000 Personen, die innerhalb von England umgezogen waren. Das Ergebnis: Wer in eine grünere Region gezogen war, fühlte sich danach signifikant besser. Auch die Urlaubsforschung zeigt, dass Aufenthalte in der Natur besonders erholsam sind.
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Eine grüne Umgebung scheint allerdings noch nicht das Optimum zu sein. In einer weiteren britischen Untersuchung sollten mehr als 20.000 Menschen per Smartphone Fragen zu ihrem aktuellen Aufenthaltsort und zu ihrem Gefühlszustand beantworten. Demnach waren Menschen in der Nähe eines Meeres am glücklichsten. Auf einer 100-Punkte-Skala schnitten Küstengebiete im Schnitt etwa sechs Punkte besser ab als städtische Räume. In den Bergen oder im Heideland waren die Teilnehmer durchschnittlich nur um rund drei Punkte glücklicher als in der Stadt. Auch die Temperatur spielt eine Rolle: Warmes Klima scheint die Erholung tendenziell zu begünstigen.
Tipps zum richtigen Entspannen
Damit sich der Stress des Arbeitstags nicht aufstaut, sollten öfter kleine Pausen eingelegt werden. Ärzte empfehlen etwa jede Stunde eine kleine Unterbrechung von wenigen Minuten. Eine lange Pause ist nicht so effektiv wie viele Minipausen. Voraussetzung: Die Selbstbestimmtheit. Die Unterbrechungen müssen selbst gewählt sein, erzwungene Pausen vergrößern Ärger und Stress nur noch.
Sowohl die Pause als auch die Feierabend-Aktivitäten sollten sich möglichst vom Arbeitsalltag unterscheiden. Es muss nicht immer das süße Nichtstun sein – auch ein Spaziergang, ein Telefonat mit Freunden oder ein Kaffee mit den Nachbarn wirken sich positiv aus. Wer viel sitzt, dem tut Bewegung gut. Wer arbeitstechnisch viel unterwegs ist, dem tut es gut, es mal ruhiger angehen zu lassen.
Gerade, wer viel im Büro sitzt, belastet seine Wirbelsäule stark, schmerzhafte Verspannungen sind die Folge. Das schlägt auch auf die Psyche. Viele kleine Entspannungs- und Dehnungsübungen helfen da weiter.
Den Arbeitsstress einfach weg atmen – das geht. Wer angespannt ist, verändert auch seine Atmung, sie wird schneller und flacher. Eine Atemübung ist zum Beispiel, beim Einatmen durch die Nase langsam bis fünf zu zählen, beim Ausatmen durch den Mund ebenso. Solche Rituale können auch den Übergang in den Feierabend erleichtern.
Im Idealfall sollten alle Aufgaben abgeschlossen sein, bevor man in den Feierabend oder Urlaub geht. Sonst löst allein der Gedanke an die noch bevorstehende Arbeit wieder Stress aus.
Leider ist das nicht immer möglich. Wer kann, sollte Liegengebliebenes an einen Stellvertreter delegieren. Wo auch das nicht möglich ist, kann eine To-Do-Liste weiterhelfen. Sie nimmt die Angst, etwas zu vergessen und verhindert, dass man im Kopf immer wieder die anstehenden Aufgaben durchgeht. Diese Liste sollte man nach dem Aufschreiben verbannen, bis man wieder im Büro ist.
Es ist Feierabend – tun Sie nur das, wozu sie auch Lust haben. Lassen Sie sich nicht von Verpflichtungen und Terminen beherrschen, seien sie spontan. Diese selbstbestimmten Freiräume helfen dabei, sich zu entspannen. Wer in seiner Freizeit ehrenamtlich arbeiten möchte, darf das natürlich auch tun, solange die Arbeit Freude bereitet.
Urlaub auf Balkonien?
Trotzdem kann auch Urlaub zu Hause erholsam sein – und hat nicht nur finanzielle Vorteile: Wissenschaftler der amerikanischen Brown University fanden heraus, dass man in den eigenen vier Wänden besser und tiefer schläft. In einer neuen Umgebung sind manche Gehirnareale in ständiger Alarmbereitschaft, um schneller auf Gefahren reagieren zu können. Eine Studie des österreichischen Stressforschers Gerhard Blasche zeigte zudem, dass Urlaub in einer anderen Zeitzone zu größerer Erschöpfung führt. Allerdings deutet die Forschung auch darauf hin, dass es bei einer räumlichen Entfernung von zu Hause leichter fällt, sich mental von den Arbeits- und Alltagssorgen zu distanzieren.
Erholung in den Alltag retten
Wie schön der Urlaub auch gewesen sein mag – speichern lässt sich die Erholung nur bedingt: Eine Befragung unter rund 1500 Niederländern zeigte, dass Urlauber nach der Rückkehr an den Arbeitsplatz im Durchschnitt ebenso zufrieden oder unzufrieden waren wie andere Beschäftigte. Nur wer seine Reise als besonders entspannt erlebte, war in den Tagen danach noch etwas besser gelaunt als die Kollegen. Selbst dann war der Effekt aber nach zwei Wochen verflogen – unabhängig von der Länge des Urlaubs. Eine andere Studie aus den Niederlanden kam zu dem Schluss, dass Gesundheit und Wohlbefinden innerhalb der ersten Woche nach dem Urlaub bereits wieder das Vorniveau erreichten.
Etwas längere Erholungseffekte hatten einer Studie der Universität Sheffield zufolge die Sommerferien von Lehrern: Erschöpfung, Angst und negative Gefühle waren erst nach vier Wochen wieder auf dem Ursprungsniveau. Um den Urlaubseffekt auszudehnen, empfehlen Experten, die Tage nach dem Urlaub möglichst stressfrei zu gestalten. Dabei kann es helfen, mit einer halben Arbeitswoche zu starten. Das zeigte zumindest eine Studie, die den Effekt von Kurbehandlungen untersuchte: Wer in der zweiten Wochenhälfte zurückkehrte, fühlte sich länger erholt als Beschäftigte, die sonntags zurückkamen und direkt eine volle Arbeitswoche vor sich hatten.
Für die Erholung optimal sind demnach mehrere kurze oder mittellange Urlaube, die eine Mischung aus sportlichen, entspannenden und sozialen Aktivitäten bieten und unter der Woche enden. Die ideale Unterkunft liegt dabei an der Küste – und das möglichst in einer gewohnten, nicht allzu weit entfernten Region. Wem da etwas Passendes einfällt, der kann den nächsten Urlaub beruhigt buchen – und in der verbleibenden Zeit die Vorfreude genießen.
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