Wir alle wollen glücklich leben. Klar. Und im Idealfall über unser Glück selber bestimmen. Deshalb lohnt es sich immer wieder, sich über die befreiende Schlagkraft des folgenden Leitspruchs zu freuen: „love it, change it or leave it“! Dies gilt für praktisch alles im Leben, auf das wir Einfluss haben. Und auf eines haben wir zum Glück immer Einfluss: auf unsere Haltung zu den Dingen.
Wenn Sie im Kino sitzend merken, dass Sie der Film zu Tode langweilt, haben Sie zwei Optionen:
1. sitzen zu bleiben. Denn nun sind die Karten bezahlt und es wäre deshalb schade, vorzeitig zu gehen und den Wert der Karten nicht voll auszukosten.
2. aufzubrechen. Denn zusätzlich zum vergeudeten Geld soll jetzt nicht auch noch Zeit verplempert werden.
Was sich für Sie am befriedigendsten anfühlt, hängt von Ihrer Haltung ab.
Letztendlich lässt sich an diesem Beispiel das Prinzip von „love it, change it or leave it“ wunderbar durchspielen. Sie finden den Film blöd? Ändern können Sie ihn nicht. „Change it“ fällt also flach. Sie könnten also gehen oder bleiben. Wenn Sie gehen, könnten Sie stattdessen in einer Cocktailbar einkehren oder so. Wenn Sie aber bleiben, dann können Sie getrost aufhören, darüber nachzudenken, wie blöd Sie den Film finden und was für ein verlorener Abend das ist. Weil das nicht nur nichts bringt, sondern Ihnen sogar schadet. Sie investieren Energie in Gedanken, die Sie runterziehen und aufregen, was am Ende sogar Ihrer Gesundheit schadet.
Gönnen Sie sich stattdessen jedoch den Spaß, darauf zu achten, was bei diesem Film, der nicht Ihrem Geschmack entspricht, wider Erwarten doch ganz nett gemacht ist, oder darauf, wie das Publikum auf Stellen mit Gelächter reagiert, die Sie gar nicht lustig finden, und machen eine kleine Sozialstudie daraus. Dann wird Ihnen der Abend womöglich in Erinnerung bleiben als der, an dem Sie Kino einmal ganz anders erlebt haben.
Finden Sie abwegig, Ihnen fällt aber selbst auch nichts Besseres ein? Dann gehen Sie raus und in die Bar. Leave it!
Worauf das Prinzip von „love it, change it or leave it“ hinausläuft: Meckern, klagen, trauern, sich in die Frustspirale abwärts stürzen – all das sind keine Optionen. Weil es selbstzerstörerisch wirkt und nicht dazu beiträgt, dass sich Ihre Situation verbessert. Und so gilt es etwa auch im Umgang mit dem Partner, bei all den Abwägungen bei der Wahl der nächsten Wohnung und auch im Job.
Angenommen, im Job ist trotz aller Unzufriedenheit „Leave it“ gefühlt keine Option, dann fragen Sie sich warum. Oft kristallisieren sich zwei Gründe heraus: der Wunsch nach gesichertem Einkommen („Möchte in Krisenzeiten nicht in einen neuen Job mit Probezeit“) und mangelnde bessere Alternativen („finde nichts Besseres“). Vorausgesetzt, beide Gründe wurden gut durchdacht (vielleicht auch durch ein Coaching und/oder Gespräche mit Partner und Freunden unterstützt), dann können Sie festhalten: Wenn sich nichts ergibt, was die eigenen Bedürfnisse in gleicher Weise oder besser erfüllt, ist die aktuelle Lage nun einmal die beste aller realen Optionen! Das ist doch erstmal eine beruhigende Erkenntnis.
Aber natürlich ist auch dann nicht alles rosa. Nun gilt: „change it“. Hier gibt es eine Vielzahl von Optionen, die ich nur anreißen möchte. Vieles läuft auf eine vertrauensvolle Abstimmung mit den Vorgesetzten hinaus, wie etwa Aufstiegsoptionen nach Fortbildung, Gehaltsanpassungen, Einbeziehung gesundheitlicher Bedürfnisse, mehr Flexibilität in der Urlaubsplanung, mehr Verantwortung, professionell moderierte Aussprachen mit der verhassten Kollegin oder dem Kollegen, angepasste Arbeitszeiten bis hin zum höhenverstellbaren Schreibtisch oder der Einrichtung einer besseren Office-Küche, um dort gesünderes Mittagessen zu ermöglichen. Wenn Sie irgendwann nach reiflichen Überlegungen zu dem Ergebnis kommen: „Beim Thema ‚change it‘ nutze ich alle Möglichkeiten und trotzdem nervt mich der Laden“, beginnt der Feinschliff bei der inneren Haltung. „Love it!“ Denken Sie um. Hören Sie auf, sich zu ärgern, traurig, frustriert und beleidigt zu sein.
Nicht um sich katastrophale, inakzeptable Zustände schönzureden! Das nicht. Das ist ganz wichtig. Inakzeptabel bedeutet, dass hier „leave it“ zieht, oder zumindest (wenn sich die Katastrophe abbiegen lässt) „change it“. Merken Sie, wie schön der Dreiklang immer wieder passt, gedankliche Verwirrung glättet, und uns in die Rolle der Verantwortlichen setzt? Das ist ja das, was wir wollen: Unser Glück selber in der Hand halten, statt andere über unser Leben entscheiden zu lassen.
„Love it“ also. Liebe es. Das sagt sich leicht. Aber das Gute ist: Es lässt sich wirklich umsetzen. Beim Umdenken geht es nicht darum zu lernen, sich selbst zu belügen, sondern darum, einen objektiv nun einmal bestehenden Zustand als wunderschön, gut oder zumindest als hinnehmbar wahrzunehmen.
Die einen ekeln sich vor Hausspinnen, die anderen setzen sie mit bloßen Händen vor die Tür. Für beide Gruppen von Menschen sind die Spinnen aber gleich ungefährlich. Ist es nicht besser, dann zu denen zu gehören, die das Heft, also hier die Spinne, souverän in der Hand halten? Wer seine Spinnenangst ablegt, hat die Situation objektiv nicht verändert, aber seine innere Haltung so verändert, dass eine Spinne an der Wand keinen Nachteil mehr bedeutet. Im Job funktioniert das auch. Sie können sogar Ihre innere Kündigung wieder zurückziehen. Ohne Demütigungen, ohne das Gefühl des Scheiterns. Sondern mit dem guten Gefühl des inneren Triumphs. Weil Sie damit ihr Leben glücklicher machen.
Mal drei Beispiele:
1. „Meine Vorgesetzten nerven mich“
Die einen interpretieren etwa die ruppige Art des Chefs, mit seinem Team in Konferenzen zu diskutieren, als dessen Arroganz und Gleichgültigkeit und fühlen sich gekränkt und verstummen in den Konferenzen zunehmend. Andere erkennen darin eher Überforderung, empfinden hier Mitleid und das Bedürfnis, dem Chef mit eigenen Ideen auf die Sprünge zu helfen, und blühen auf. Es ist klar, wer hier zufriedener in den Feierabend geht.
Wenn es im Verhältnis zu den Vorgesetzten knirscht, dann fragen Sie sich: Lohnt es sich, probeweise wohlwollend einen Blickwinkel zugunsten der Chefinnen und Chefs einzunehmen? Wie fühlt es sich an zu versuchen, die Vorgesetzten zu „führen“ (eine Kunst für sich), statt sich selber als deren Opfer zu sehen? Über die Wirkung des Verhaltens anderer auf Sie selbst entscheiden schließlich Sie (oftmals nicht bewusst, aber es ist von Vorteil dahinterzukommen). Hier führt womöglich eine Kombination aus Haltungsänderungen hin zu „love it!“ und Verhaltensänderung „change it!“ zu mehr innerer Zufriedenheit. Zum Gefühl: Eigentlich mag ich den Job doch.
2. „Die Pendelei verdirbt mir den ganzen Tag“
Bei routinierten Pendlern stelle ich salopp gesagt zwei Untergruppen fest. Die einen, die den Drang entwickelt haben, anderen ständig zu zeigen, wie laienhaft diese ihr Auto steuern. Das zeigen sie denen, indem sie drängeln, aggressiv gestikulieren, aufblenden, hupen, die Scheibe runterlassen und schimpfen. Sie sehen den Konflikt schon kommen, provozieren die Eskalation auf der Straße und gehen in den Machtkampf hinter Blech. Sie empfinden jeden Fahrfehler anderer als Anschlag auf ihre Freiheit.
Und dann gibt es die, die sich auf den ersten Schluck Kaffee im Auto freuen, einen Sprachkurs starten oder ein Hörbuch und die Fahrt zur Arbeit als Zeit für sich genießen. Die Leute dieser Gruppe gleiten entspannt durch den Verkehr wie ein Korken im Bächlein und machen sich über die anderen Autofahrer gar keine Gedanken. Abgeschirmt im eigenen Kokon namens Auto.
Welche Gruppe leidet wohl seltener an Magengeschwüren?
Wohlfühlen im eigenen Kokon, das klappt meiner Erfahrung nach selbst im Regionalexpress und in der U-Bahn. Hier zieht wieder die Kombi „love it“ und „change it“. Kopfhörer mit guter Geräuschunterdrückung lassen Sie in eine andere Welt abtauchen, in der Sie ganz für sich sind, produktiv sein oder ganz gemütlich an den vergangenen Urlaub denken können.
Tipps für das Kündigungsgespräch
Verwenden Sie keinesfalls Sätze wie: „Es wird schon nicht so schlimm werden!“, „Mach Dir keine Sorgen!“ oder „Das Leben geht doch weiter!“
Floskeln vermitteln dem Gekündigten nur, dass Sie mit seinen Emotionen nicht zurechtkommen. Sie wirken dadurch verunsichert. Ihre möglicherweise gute Absicht, Trost zu spenden, wird jedenfalls nicht erreicht.
Sagen Sie nicht: „Wenn ich hätte wählen können, hätte ich den Müller rausgeworfen, nicht Dich!“ oder „Was soll ich denn machen? Ich habe das ja nicht entschieden!“
So vermitteln Sie nur Hilflosigkeit und verdrehen das Geschehen auf eine fast unlautere Art und Weise: Sie zwingen den Anderen, Sie als „Opfer“ mit seinem berechtigten Schmerz zu verschonen. Außerdem müssten Sie damit rechnen, dass der betroffene Mitarbeiter seinen Gefühlen bei den Kollegen freien Lauf lässt.
Gehen Sie nicht lax oder fahrlässig mit den Gefühlen Ihrer verbliebenen Mitarbeiter um! Sparen Sie sich scheinbare Aufmunterungen wie „Ihr könnt Euch freuen, Euch betrifft es ja nicht!“
Erkennen Sie stattdessen deren Emotionen an. Es ist für niemanden einfach, wenn Kollegen entlassen werden – die Gefühle bewegen sich von Hilflosigkeit, Scham und schlechtem Gewissen gegenüber den gekündigten Kollegen bis hin zu Sorge und Ärger aufgrund der neuen Mehrarbeit.
Machen Sie grundsätzlich keine Aussagen über anstehende Entlassungen. Falls aber einer Ihrer Mitarbeiter nachfragen sollte, geben Sie ihm kleine Bissen Information. So vermeiden Sie, dass die Gerüchteküche erst richtig brodelt und möglicherweise unter den Mitarbeitern ein Hauen und Stechen beginnt.
Bleiben Sie bei der Wahrheit! Geben Sie den Bleibenden keine anderen Begründungen für die Kündigung als dem Gekündigten. Wenn auch nur einer der entlassenen Kollegen über die wahren Hintergründe spricht, haben Sie Ihr Image nachhaltig geschädigt. Das Vertrauen in Sie als Vorgesetzter ist dann verloren. In so einem Fall ist es sehr schwer, eine Mannschaft wieder in die Spur zu bringen.
3. „Ich habe keine Aufstiegschancen“
Das ist nach meiner Erfahrung ein Klassiker des Dreiklangs. Wer sich sicher ist, dass sich die Karriere nicht so entwickeln lässt, wie gewünscht, obwohl er oder sie unter dem Motto „change it“ bereits alle Verbesserungsoptionen ausgekundschaftet und besprochen hat, und dennoch nicht kündigt (leave it), hat sich ja dazu entschlossen, auf die Aufstiegschancen zu verzichten.
Sich dann darüber zu beklagen, hilft nicht. Jetzt bleibt als wunderbares Zufriedenheits-Instrument „love it“. Fragen Sie sich:
Ist Aufstieg wirklich mein innerer Wunsch oder verfalle ich da eher zeitweise einem Prestigedenken?
Sind die Aufgaben, die durch einen Aufstieg hinzukämen und heutige Aufgaben ablösen würden, wirklich die, die mir mehr Spaß machen würden? Womöglich kommt neben mehr Gehalt mehr Verwaltungsaufwand, mehr „Innendienst“ am Schreibtisch, weniger Kontakt zu Kunden und Partnern auf Sie zu, weniger Arbeit an handfesten, kreativen Projekten.
Wenn ich immer noch da bin, obwohl es sich nicht ändern lässt: Was ist daran Bequemlichkeit, was eigentlich „verdeckte“ Zufriedenheit, die es anzuerkennen gilt?
Und wenn es wirklich so ist, dass Sie auch gerne ohne Aufstiegschancen bleiben wollen, dann erkennen Sie das innerlich an. Freuen Sie sich, dass Sie zufrieden sich. Und vergessen Sie gesellschaftliche Erwartungen. Sollte sich der Wind noch einmal drehen und Sie bei sich verdeckte Bequemlichkeit feststellen, dann können Sie ja immer noch die „Leave-it-Karte“ spielen.
Haben Sie ein schönes Jahr 2023. Wie gesagt: Sie haben die Haltung zu Ihrem Job auch die kommenden Monate ganz fest in Ihrer Hand. Ich wünsche Ihnen, dass Sie das genießen können.
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