
Iwona Gawlewicz kommt aus Polen und arbeitet derzeit im Oman als Referent für Personalangelegenheiten. Als Frau in einem muslimischen Land zu arbeiten, sei nicht so einfach, es gebe strikte Regeln, sagt sie. Aber es lohnt sich: "Ich bekomme ein sehr gutes Gehalt und kann mit Menschen aus ganz verschiedenen Ländern zusammenarbeiten." Zwei bis drei Jahre wolle sie noch im Oman bleiben, danach soll es weiter gehen nach Hongkong oder Singapur - der Karriere wegen. In diesen Ländern haben Frauen nämlich sehr gute Karrierechancen, wie die Studie "Expat Insider 2015" des Münchner Unternehmens InterNations zeigt.
Karriereparadies Hongkong
Demnach wollen die meisten befragten Frauen in asiatischen und arabischen Länder arbeiten, wie Malte Zeeck, Geschäftsführer des Netzwerks für Expats, sagt. Unter den Top-Ländern in punkto Karrierezufriedenheit liegt die chinesische Sonderwirtschaftszone Hongkong bei den Frauen auf Platz eins. "Woran genau das liegt, ist schwer zu sagen, da sich der Ländervergleich auf viele verschiedene Faktoren bezieht. Bei einigen dieser Länder, wie zum Beispiel Oman und ganz besonders Hongkong, fällt aber besonders die bessere Bewertung des Arbeitslebens auf. Das könnte daran liegen, dass es in solchen Ländern einfacher für Frauen ist, einen Job zu finden", mutmaßt Zeeck.
Diese Länder haben den höchsten Anteil von Frauen in Führungspositionen
44,1 Prozent
44,4 Prozent
44,8 Prozent
45,7 Prozent
46,2 Prozent
47,4 Prozent
47,6 Prozent
52,3 Prozent
53,1 Prozent
59,3 Prozent
In Deutschland dagegen sind zwar fast die Hälfte der Erwerbstätigen weiblich, doch in den Führungsetagen sind sie immer noch unterrepräsentiert. Nach einer jüngst veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) war im Jahr 2014 nur jede vierte Chefposition auf der obersten Führungsebene eines Privatunternehmens mit einer Frau besetzt. Insgesamt sind 29 Prozent der Führungskräfte in Deutschland weiblich, der EU-Durchschnitt liegt bei 33 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März mitteilte. Spitzenreiter in der EU war Lettland, dort waren 44 Prozent der Leitungsfunktionen mit Frauen besetzt. Relativ hoch war der Anteil auch in Ungarn (40 Prozent) sowie Polen und Litauen (jeweils 39 Prozent). Schlusslicht war Zypern mit 17 Prozent.
Fakten zum Weltfrauentag
Der Frauentag wurde auf Anregung der deutschen Sozialdemokratin Clara Zetkin erstmals am 19. März 1911 in Deutschland und in Nachbarländern organisiert. Seit 1921 wird er jährlich am 8. März gefeiert. 1977 erkannte die UN-Generalversammlung den 8. März als Internationalen Frauentag an.
Jedes Jahr am 8. März - dem Internationalen Frauentag - fordern weltweit zahlreiche Organisationen die volle soziale, wirtschaftliche, kulturelle und politische Gleichstellung von Frauen. Der Aktionstag 2016 steht unter dem Motto „Pledge For Parity“ (Zusicherung von Gleichheit). Auf vielen Informationsveranstaltungen geht es auch um Missstände wie Gewalt gegen Mädchen und Frauen.
Unter den knapp 81,5 Millionen Bewohnern der Bundesrepublik Mitte 2015 waren Frauen mit gut 41,4 Millionen in der Mehrheit. Insgesamt waren 47 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland Frauen. Viele Bereiche in Staat und Beruf spiegeln diesen Anteil allerdings nicht wieder.
Den höchsten Frauenanteil unter den ausgeübten Berufen findet man mit 99,2 Prozent bei Arzt- und Zahnarzthelferinnen. Zugleich sind es 47,8 Prozent unter Ärzten und 62,8 Prozent unter Zahnärzten. Den zweithöchsten Frauenanteil gibt es mit 97,8 Prozent bei Apothekenhelferinnen - unter Apothekern selbst sind es 80,7 Prozent.
Bei jungen Frauen war 2014 Kauffrau für Büromanagement mit 10,9 Prozent der häufigste Ausbildungsberuf - gefolgt von medizinischer Fachangestellter (7,1) oder Kauffrau im Einzelhandel (6,4). Junge Männer entschieden sich dagegen für eine Ausbildung als Kraftfahrzeugmechatroniker (7,2 Prozent), Industriemechaniker (5,3) und Elektroniker (4,1).
Im Bundestag beträgt der Frauenanteil - Stand 2015 - 36 Prozent. In der Unionsfraktion sitzen 76 Frauen 234 Männern gegenüber, bei der SPD sind es 83 Frauen und 110 Männer, bei der Linken 35 Frauen und 29 Männer und bei den Grünen 34 Frauen und 29 Männer.
In der Bundeswehr stehen Frauen seit 2001 alle militärischen Laufbahnen offen. Inzwischen leisten unter insgesamt rund 180.000 Soldaten rund 19.300 Berufs- und Zeitsoldatinnen ihren Dienst, knapp 7600 davon im Sanitätsdienst.
2014 waren 25 Prozent der Führungskräfte der obersten Leitungsebene in der Privatwirtschaft Frauen. In Ostdeutschland lag ihr Anteil bei 30 Prozent, im Westen bei 23.
Bundespräsident Joachim Gauck pocht deshalb auf Gleichberechtigung von Frauen im Arbeitsalltag. Um diesem Missverhältnis entgegenzuwirken, sei noch einiges zu tun, so der Bundespräsident: „eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Ausgleich von Lohnunterschieden bei gleicher Arbeit und die Förderung einer stärkeren Präsenz von Frauen in Führungspositionen“.
Diese Präsenz in der Chefetage hängt aber nicht nur von der Unternehmenskultur, sondern auch von der Branche ab: Vor allem in klassischen „Männerdomänen“ gibt es vergleichsweise wenig Frauen in höheren Positionen. Am geringsten war ihr Anteil in der Baubranche mit 13 Prozent, am höchsten im Bereich Erziehung und Unterricht (62 Prozent). Die Quoten entsprechen in etwa den jeweiligen Frauenanteilen in den Branchen.
Karriere vs. Kinder
Als ein Hemmnis für den beruflichen Aufstieg gilt, dass vor allem Frauen aus familiären Gründen in Teilzeit arbeiten. Die IG Metall forderte daher, die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages zum Rückkehrrecht Teilzeitbeschäftigter in Vollzeit konsequent umzusetzen.
Zehn Dinge, mit denen Frauen ihre Karriere riskieren
Fragt man eine Frau: Was ist Ihnen an ihrem Job wichtig? Lautet die Antwort nicht, mein Firmenwagen, das üppige Gehalt oder der leistungsabhängige Bonus. Nein! Frauen wollen hauptsächlich Spaß an der Arbeit. Während 49 Prozent der Frauen sich ein freundliches Arbeitsumfeld wünschen und 44 Prozent Wert auf vielfältige Arbeitsaufgaben legen, sind nur 16 Prozent auf Prestige und 9 Prozent auf eine rasche Beförderung aus.
Gerade in größeren Abteilungen müssen sich Mitarbeiter häufig gegen ihre Kollegen durchsetzen, um sich Gehör und Respekt beim Chef zu verschaffen. Doch gerade dieser interne Konkurrenzkampf gefällt vor allem Frauen nicht. Eine Umfrage von TNS Emnid und der Axa-Versicherung zeigt, dass über ein Drittel aller Frauen Angst vor dem Konkurrenzkampf mit Kollegen haben. Nur 15 Prozent ihrer männlichen Mitstreiter sorgen sich darum.
Teamfähigkeit gilt als einer der wichtigsten Soft-Skills und gerade Frauen bevorzugen diese Form des Arbeitens. Ein Experiment an der Universität Lyon hat gezeigt, dass Männer vor allem dann Teamarbeit nutzen, wenn sie in dem geprüften Bereich nicht so leistungsfähig sind. Frauen arbeiten generell lieber im Team, unabhängig davon wie stark sie selbst auf dem jeweiligen Gebiet sind. Eine durchaus positive Fähigkeit, solange die eigene Leistung nicht vom Können des Teams überschattet wird.
Die karriererelevanten Studienfächer sind nach wie vor Wirtschaftswissenschaften, Jura und Ingenieurswissenschaften. Während bei den Wirtschaftswissenschaften im Wintersemester 2010 immerhin 45 Prozent der deutschen Studierenden weiblich waren und bei Jura sogar über die Hälfte, sieht es im Bereich der Ingenieurswissenschaften weiterhin düster aus. Die Maschinenbaustudiengänge verzeichneten gerade einmal einen Frauenanteil von neun Prozent. Bei Elektrotechnik waren es sogar nur sechs Prozent.
Frauen verkaufen sich häufig unter Wert und trauen sich selbst viel zu wenig zu. Eine Studie des Beratungsunternehmens Accenture zeigt, dass Frauen sich selbst beschuldigen, wenn es um die Gründe für ihre schlechten Aufstiegschancen geht. 28 Prozent der befragten Damen sagen, ihnen fehlten die nötigen Fertigkeiten für den nächsten Schritt auf der Karriereleiter.
Nicht nur Männer wollen keine Frauen als Chef, sogar die weiblichen Arbeitnehmer sind von Frauen in Führungspositionen wenig überzeugt. Nur drei Prozent wollen eine Chefin. Neunmal so viele finden es besser einen Mann als Chef zu haben. Das ergab eine repräsentative Umfrage der Meinungsforscher von Forsa.
Damit in Zusammenhang könnte das Phänomen der Stutenbissigkeit stehen. Eine Studie der Universität Amsterdam belegt, dass Frauen zwar gut kooperieren können, aber nur so lange sie mit männlichen Kollegen zu tun haben. Sobald sie mit Frauen zusammenarbeiten sollen, ist es um den Teamgeist schlechter bestellt. Ein internationales Forscher Team setzte kürzlich sogar noch einen obendrauf. Sie fanden heraus, dass die Damen besonders schlecht miteinander können, wenn die jeweils andere bei den männlichen Kollegen gut ankommt.
Selbst Frauen in Führungspositionen verdienen immer noch deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen. Eine Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung unter 12.000 Akademikern zeigt die Unterschiede. Ein männlicher Abteilungsleiter verdient etwa 5000 Euro monatlich, sein weibliches Pendant gerademal 3800 Euro. Das hat unter anderem damit zu tun, dass Frauen bei Gehaltsverhandlungen mit weniger zufrieden sind und andere Faktoren wichtiger finden.
Zugegeben, es ist nicht einfach Familie und Karriere miteinander in Einklang zu bringen. 72 Prozent der Mütter von minderjährigen Kindern halten dieses Unterfangen für schwierig. Und die Mütter sind es letztendlich auch, die in Sachen Karriere den Kürzeren ziehen. Dafür verantwortlich sind die traditionellen Vorstellungen von Familie, die sowohl Männer als auch Frauen immer noch mit sich herumtragen. Während 2010 nur etwa 5 Prozent der Väter mit minderjährigen Kindern in Teilzeit arbeiteten, waren es über 68 Prozent der Mütter.
Zu all diesen Karrierehemmnissen kommt ein zentraler Punkt hinzu. Viele Frauen wollen überhaupt nicht aufsteigen. Das Beratungsunternehmen Accenture fand heraus, dass nur jede fünfte Frau ihre Karriere überhaupt vorantreiben will. Ganze 70 Prozent sind mit ihrer aktuellen Position im Unternehmen zufrieden.
„Nach wie vor bleiben überwiegend Frauen wegen Kindererziehung oder Pflege zu Hause, was im späteren Berufsleben zu Einbußen bei Entgelt und Karriere führt“, sagte Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall, in Frankfurt. Allerdings ist in Deutschland auch nicht alles schlecht:
Verbessert haben sich dem IAB zufolge in den vergangenen zehn Jahren aber die Karrierechancen von Frauen auf der zweiten Führungsebene. Habe der entsprechende Anteil im Jahr 2004 bei 33 Prozent gelegen, seien 2014 bereits 39 Prozent der Stellen im mittleren Management mit einer Frau besetzt gewesen. Dort nähere sich der Chefinnen-Anteil dem Anteil der in Privatunternehmen beschäftigten Frauen (43 Prozent) allmählich an.