Wenn Sozialwissenschaftler heute nach den Berufen der Zukunft gefragt werden, fällt ihnen die Auswahl schwer. Denn angesichts der demografischen Entwicklung werden es junge Menschen auf dem Arbeitsmarkt zumindest in Deutschland generell viel leichter haben, als etwa Arbeitssuchende in den 1970er, 80er oder 90er Jahren. "Grundsätzlich wird die Herausforderung der Zukunft für mich durch den demografischen Wandel bestimmt werden. Statt Arbeitssuchende werden wir in vielen Bereichen zukünftig Arbeiter-gesucht-Kampagnen erleben", sagt Ulrich Reinhardt von der Stiftung für Zukunftsfragen.
Dass die Situation für fast alle Berufseinsteiger derzeit sehr gut aussieht, steht außer Frage. "Aufgrund der guten Wirtschaftsentwicklung und vor allem des demografischen Wandels wird dieser Trend noch einige Jahre anhalten", sagt Werner Eichhorst vom IZA Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit. "Für Akademiker wird auf absehbare Zeit Vollbeschäftigung herrschen."
Die beliebtesten Abschlüsse
Auch wenn die Bachelor-Abschlüsse in Deutschland eingeführt wurden, um der Wirtschaft besser spezialisierte Arbeitskräfte zuzuführen - als High Potentials gelten die Bachelor-Studenten nicht. Zumindest nicht bei den Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Erstaunlicherweise sind auch die Uniabgänger mit Doktortitel nicht Arbeitgebers Darling. Ähnlich wie die Bachelor-Studenten rangieren Promovierte eher unter ferner liefen, wenn es um die Suche nach High Potentials geht.
Der Master-Abschluss ist besonders in Österreich beliebt. In der Schweiz gelten auch Fachhochschulabsolventen mit Master-Qualifikation als begehrte High Potentials.
In Deutschland ist das Diplom immer noch der am meisten angesehene Abschluss - Bologna-Reform hin oder her. 99 Prozent der befragten deutschen Chefs suchen Uniabsolventen mit Diplom.
Gute berufliche Perspektiven bieten sich vor allem, so erwartet Eichhorst, für alle Berufe, die in irgendeiner Weise mit Gesundheit, Pflege, sozialen Diensten und Ausbildung zu tun haben. Auch Lehrer aller Art werden in absehbarer Zukunft keine großen Probleme haben, eine Stelle zu finden.
So finden Sie den richtigen Beruf
Eine große Karriere beginnt bereits in der Schule und in der Universität. Doch junge Menschen finden sich im Dickicht der Berufswahl oft nicht gut zurecht. Svenja Hofert hat einen sehr nützlichen Ratgeber geschrieben, um die Probleme zu umschiffen („Am besten wirst du Arzt“, Campus Verlag). Die Expertin für neue Karrieren hat bereits zahlreiche Bestseller geschrieben. Es folgen einige ihrer Ratschläge in der Kurzfassung.
Immer mehr Deutsche haben Angst vor einer (zu) niedrigen Schulbildung ihrer Kinder. Doch die Expertin rät: „Es macht keinen Sinn, einen jungen Menschen durch das Gymnasium zu prügeln.“ Es gibt Lerntypen, die dort nicht hinpassen und auf anderem Weg eine tolle Karriere starten.
Eine junge Persönlichkeit muss lernen, was sie kann – und was (noch) nicht. Feedback ist in der Erziehung extrem wichtig, sowohl Lob als auch Kritik. Stellen Sie Fragen wie „Was hast du richtig gern gemacht?“ oder „Warum hast du die Zeit vergessen?“ und fordern Sie genaue Antworten ein. Kinder sollten auch die Dinge tun, die ihnen schwerfallen und ihr Können aufschreiben. Die tatsächlichen Interessen finden sich am besten durch viel Lesen und intensive Gespräche.
Kinder sind manchmal einfach faul. Kaum eines übt freiwillig jeden Tag auf einem Instrument oder engagiert sich erheblich über das minimale Maß hinaus. Geld oder sonstige extrinsische Anreize haben oft nur kurzfristige Wirkung. Besser ist, gesunde Neugier zu wecken oder schlicht das Kind zu fragen, wie man es motivieren könnte.
Wenn junge Menschen eine feste, möglichst dauerhafte Position in einem Unternehmen anstreben, sollten sie eher auf das duale Pferd setzen als auf eine reine Ausbildung. Nicht ratsam ist das duale Studium, wenn ein starkes thematisches Interesse vorhanden ist. Dann lieber studieren und sich währenddessen beruflich orientieren.
Es gibt immer mehr Studiengänge und immer mehr, die nichts taugen. Durch die Umstellung auf Bachelor und Master ist es grundsätzlich flexibler geworden – bei allen Nachteilen ist die Kombinierbarkeit ein großer Vorteil. In Zukunft wird es eine stark steigende Anzahl von Biografien geben mit zwei oder drei Studiengängen. Vorsicht vor dem Schweinezyklus: Einige Studiengänge werden nach einer Phase von zu wenig Nachfrage gern rasch überlaufen.
Da gibt es keine einheitliche Antwort. Einige Studenten sollten nach dem Bachelor – also dem Grundlagenstudium – eher Erfahrungen im Berufsleben machen, andere direkt noch den Master folgen lassen. Entscheidend ist die intrinsische Motivation, also die persönliche Neigung zum Lernen. Studien belegen, dass Bachelor-Absolventen immer bessere Einstiegschancen haben.
Studenten haben viele Möglichkeiten, sich nebenbei weiterzuentwickeln. Ein Auslandssemester lohnt sich umso mehr in einem Land, in das nicht alle gehen und wo nicht nur unter Deutschen gefeiert wird. Der Nebenjob sollte nicht nur Geld bringen, sondern auch etwas für den eigenen Berufswunsch. Ein Ehrenamt macht sich immer gut und ein Praktikum sollte es während des Bachelor-Studiums mindestens sein. Dabei wäre es gut, wenn das Unternehmen Relevanz am Arbeitsmarkt hat.
Jobs an sich kann man in der Regel nicht zukunftssicher bezeichnen, denn es hängt allzu sehr vom Individuum ab. Also davon, was er oder sie kann und bereit ist, zu investieren. Grundsätzlich sollte man bei der Auswahl Wunsch und Wirklichkeit strikt trennen. Wie das genau geht, lesen Sie weiter unten! Bei neuen Berufen sollten Sie nachschauen, ob es sich um einen anerkannten Ausbildungsberuf handelt.
Reinhardt sieht aufgrund der demografischen Entwicklung und gesellschaftlicher Trends das Entstehen neuer oder die Ausweitung schon bestehender Bedarfe. Er sieht vier besonders aussichtsreiche Felder:
- Natur und Gesundheit: Gute Aussichten bestehen zum Beispiel für Berufe, die mit Gesundheitsvorsorge, Körperpflege/Schönheit, Bio-Kosmetik, Fitnesscenter, Anti-Aging, Bioprodukten, Naturküche, alternativen Energien oder umweltfreundlichen Produkten zu tun haben.
- Genuss/Muße/Zerstreuung/Geselligkeit/Erlebnis: Darunter fallen vor allem Dienstleistungen in Bereichen wie Tages- und Wochenendreisen, Eventveranstaltungen, "Erlebniswelten", Sprachen und Kunst, aber auch Esoterik, Yoga oder ähnliches.
- "Weiterentwicklung persönlicher Interessen": Reinhardt sieht eine Tendenz zur Hobby- und "Do-it-yourself-Kultur", die neue Gelegenheiten für Dienstleister und Konsumgüterindustrie bieten wird.
- Verantwortung und Sicherheit: Die Zukunftsunsicherheiten und Ängste einer alternden Bevölkerung dürften die Nachfrage nach Alterssicherung jeder Art befördern. In dieses Feld gehören für Reinhardt auch Aspekte wie Verbraucherberatung und soziales Engagement auf Zeit.
Neben dem prognostizierbaren Fachkräftemangel wird laut Reinhardt vor allem die technische Weiterentwicklung die Berufswelt der Zukunft prägen. Naturwissenschaftler und Ingenieure und alle, die sich mit aussichtsreichen Technologien befassen - und bei der rasanten Entwicklung am Ball bleiben - werden sich auf absehbare Zeit keine Existenzsorgen machen müssen.