Wirtschaftsprüfer und Berater Für wen sich der Einstieg lohnt

Sinkende Honorare, angekratztes Image, zwei Branchen im Umbruch: Warum und für wen sich der Einstieg bei Beratern und Wirtschaftsprüfern trotzdem lohnt.

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Steile Lernkurve: Als Beraterin wollte Christiane Bergner, 27, nie arbeiten – nach dem Studium stieg die Romanistin bei Branchenprimus McKinsey ein. Quelle: Wolf Heider-Sawall für WirtschaftsWoche

Zu einer Beratung? Ich? Das wäre mir früher nicht in den Sinn gekommen“, sagt Christiane Bergner, wenn sie heute auf ihren Berufseinstieg zurückblickt. Im Sommer 2012 büffelt sie gerade für die letzten Prüfungen ihres Romanistik-Studiums und will dann bei einem Berliner Start-up einsteigen: flache Hierarchien, junge Kollegen, eine lockere Arbeitsatmosphäre – das klingt attraktiv.

Bis ein Aushang in ihrer Uni alles ändert: Die Unternehmensberatung McKinsey wirbt darauf für einen Workshop zum Thema Interviewtechniken. Bergner beißt an, auf den Workshop folgt ein Praktikum bei der Consultinggesellschaft – heute ist die 27-Jährige Fellow bei McKinsey, mit gerade mal vier Vorlesungen zum Thema Wirtschaft im Rücken: Betriebswirtschaft war nur Bergners Nebenfach. Trotzdem trauen die Berater ihr große Schritte zu und schicken sie mit dem ersten Projekt gleich nach Südamerika, wo sie dank ihrer Spanischkenntnisse die Marketingabteilung eines Pharmaunternehmens berät. „Danach war sogar noch Zeit, privat durchs Land zu reisen – toll!“

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Urlaub, Zeit für Freunde und Familie sind Bergner wichtig – wie so vielen Absolventen, die heute bei den Recruiting-Events und Jobmessen der Beratungsbranche aufschlagen. Selbstbewusst fragen sie dort nicht nur nach dem Einstiegsgehalt, sondern auch nach den Arbeitszeiten. Work-Life-Balance hat für die jungen Bewerber hohen Stellenwert. „Das gab es früher in dieser Form einfach nicht“, so Klaus Reiners vom Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU).

Auf dem aufsteigenden Ast

Weshalb einige Unternehmensberater zuletzt stark an ihren weichen Faktoren gearbeitet haben: McKinsey etwa kann sich inzwischen auch vorstellen, Backpacker einzustellen – wer sich auf eine Rucksackreise durch Asien einlasse, brauche ein hohes Maß an Engagement und Selbstvertrauen, heißt es beim Branchenprimus.

Der Sinneswandel kommt bei den jungen Talenten gut an: Laut des Arbeitgeber-Rankings des Marktforschungsunternehmens Universum stieg etwa McKinsey im Ansehen angehender Ökonomen von Platz 11 auf 8, bei Ingenieuren von Position 68 auf 41. Konkurrent Boston Consulting Group (BCG) steigerte sich um fünf Plätze und zählt dort nun wieder zu den 20 beliebtesten Arbeitgebern. Und auch Wirtschaftsprüfer sind tendenziell auf dem aufsteigenden Ast.

Zwar stellen junge Consultants immer mal wieder die Sinnfrage – etwa Benedikt Herles, der sich seinen Frust über das Denken im PowerPoint-Format und sein Dasein als „trainierter Affe“ im vergangenen Jahr von der Seele schrieb. Sein Buch „Die kaputte Elite“ wurde prompt zum Bestseller.

Deutschlands beste Unternehmensberater

Doch die Kritik der Nachwuchsberater greife zu kurz, mahnen Branchenexperten wie Dietmar Fink, Wirtschaftsprofessor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Natürlich sei es sinnvoll, das Arbeitsethos der Branche regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen – nur so können Fehlentwicklungen rechtzeitig offengelegt werden. Aber es sei nun einmal unrealistisch, international agierende Firmen mit Milliardenumsätzen in einem Nine-to-five-Job beraten zu wollen. „Es gibt bei Beratungsunternehmen notwendigerweise extrem lange Arbeitszeiten. Wer da nach seinen Überstunden fragt, macht sich lächerlich, Punkt.“

Steile Lernkurve

Er beobachtet unter seinen Studenten ohnehin erste Ansätze einer Trendwende: Einige Absolventen stünden wieder zu ihrer starken Karriereorientierung. Sie interessieren sich in erster Linie für die führenden Häuser der Branche, neben McKinsey sind das vor allem die Boston Consulting Group und Bain. Die Häuser dominieren den Markt hinsichtlich Umsatz und Personal deutlich und locken die Jahrgangsbesten nach wie vor mit ihren internationalen Auftraggebern und einer steilen Lernkurve. „Wer sich dort bewirbt, sucht keinen Job, sondern eine Karriere“, sagt Fink.

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