Zoff in Familienunternehmen „Frieden ist nie mehr eingekehrt“

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„Streitigkeiten über die Strategie sind selten“

Wiederholen sich die Fehler der Junior-Chefs?
Viele Söhne machen zunächst Fehler im Umgang mit den Mitarbeitern, indem sie mit ihnen nur mangelhaft kooperieren. Andere holen sich sofort nach der Übernahme eine große, teure Unternehmensberatung in die Firma oder tätigen hohe Investitionen, statt über die ersten Jahre die vom Senior eingeschlagene Strategie fortzuführen. Solche Umbrüche im Unternehmen – angeführt vom Nachfolger – gehen nie gut.

Und wenn der Junior tatsächlich unfähig ist? 
Dann müssen die Senioren sofort eingreifen und entweder einen neuen Geschäftsführer finden oder das Unternehmen rasch verkaufen, solange es noch etwas zu verkaufen gibt. Bei der Brauerei Dortmunder Kronen – einst die größte deutsche Privatbrauerei – lief das zum Beispiel so. Der hochqualifizierte Onkel übergab seinem Neffen die Unternehmensleitung, der dafür nicht geeignet war. Der Onkel war völlig ratlos, machte sich große Sorgen um sein Lebenswerk, die Firma. Ich konnte ihm nur noch raten, dem Neffen seine Unternehmensanteile zum Kauf anzubieten. Das hat er getan, um wenigstens sein Vermögen zu retten, und einige Jahre später war die „Dortmunder Kronen“ pleite. Unnötigerweise? Ja, aber so kann es zwischen Onkel und Neffe laufen.

Das klingt ja so, als wären es immer persönliche Konflikte, an denen Familienunternehmen zerbrechen. Spielen Streitigkeiten über die Strategie des Unternehmens selbst denn gar keine Rolle?
Streitigkeiten über die Strategie sind selten, dafür aber umso schwerwiegender. Sie lähmen das Unternehmen nachhaltig. Das habe ich als Beiratsvorsitzender der Firma Krups in Solingen erlebt. Einer der Gesellschafter wollte die Produktion auf Elektrorasierer umstellen, statt weiterhin Haushaltsgeräte herzustellen.

Was ist nach Ihrer Lebenserfahrung das größte Risiko für den Frieden in Familienunternehmen?
Für mich ist das größte Risiko im Familienunternehmen das, was ich als Veränderungsrisiko bezeichne. Wenn sich die personelle Situation ändert, wenn das gemeinsame Verständnis unter den Eigentümern in die Brüche geht, wenn das tradierte Werteverständnis angezweifelt wird, dann ist der Fortbestand des Unternehmens in Gefahr.

Die Ursachen können vielfältig sein. Wenn von zwei Söhnen innerhalb der Geschäftsführung der eine plötzlich verunglückt, dann stellen sich naturgemäß für die Familie grundlegende neue Fragen. Oft sind es auch Kleinigkeiten, die Streit auslösen. So, wenn einer der Gesellschafter höhere Bezüge erhält als sein Partner, wenn einer der Gesellschafter überteuerte Geschäftsreisen antritt, wenn einer Vorzüge genießt, die der andere ihm neidet. Es kann der Gärtner sein, der nur einen der beiden Geschäftsführer bedient, es kann der Chauffeur sein oder es können überhöhte Restaurantrechnungen sein.

Was ist mit fragwürdigen Fällen wie bei Konzernchef Dussmann, wo Gutachter aufgefahren werden, um zu klären, ob der Vater überhaupt noch geschäftstüchtig war, als er das Erbteil seiner Tochter auf 25 Prozent herabsetzte. Das Motiv, das Insider vermuten, auch hier: Nachvollziehbare Emotionen, der Schwiegersohn gefällt nicht. Schätzen Sie bitte mal, wie oft Nacht- und Nebel-Aktionen womöglich mit Enterbungen passieren und wie oft so eine Testamentsanfechtung Erfolg hat.
Testamentsanfechtungen haben nur selten Erfolg. In meiner Praxis habe ich das nur selten gesehen.

Können Sie auch Beispiele aus der eigenen Familie beisteuern?
Bei meinen Kinder herrscht absolute Harmonie, zwei Söhne, eine Tochter und fünf Enkel. Aber wir haben ja auch kein Familienunternehmen und selbst mein jüngerer Sohn hat es als promovierter Volljurist abgelehnt, sich unter die Fittiche des Vaters zu begeben. Er führt heute als CEO ein Unternehmen in der Schweiz.

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