Umfragen, die Sie zitieren, zeigen, dass der durchschnittliche Angestellte zwischen anderthalb und drei Stunden täglich am Arbeitsplatz mit privaten Angelegenheiten beschäftigt ist. „Leere Arbeit“ scheint bis zu einem gewissen Grad also unvermeidlich und völlig normal zu sein. Ist es daher vernünftig, wenn manche Firmen ganz offiziell die private Nutzung der Computer und Telefone gestatten?
Das ist für alle Seiten eine gute Entscheidung. Natürlich gilt das nur für hochprivilegierte Wissensarbeiter. Sie können wirklich profitieren von solchen frei gewählten Pausen. Mein generelleres Argument ist, dass leere Arbeit analysiert werden sollte im Lichte der enormen Produktivitätsgewinne. In Schweden und allen anderen entwickelten Volkswirtschaften hat die Produktivität sich seit den 1970er Jahren mehr als verdoppelt dank neuer Techniken. Und dennoch arbeiten wir heute mehr als damals.
Also sind wir Opfer einer großen Illusion. Wir glauben immer mehr arbeiten zu müssen, obwohl wir eigentlich viel früher nachhause gehen könnten, um mehr Zeit mit der Familie oder wirklich interessanten Dingen zu verbringen, statt so zu tun als arbeiteten wir.
Ja. Es ist eine völlige Illusion. Unsere Politiker haben diesen Drang, immer neue Jobs zu schaffen. Und das liegt nicht daran, dass es wirklich mehr zu tun gäbe. Sondern weil Jobs den Wohlstand verteilen, den wir haben. Im Effekt wird immer mehr Arbeit unproduktiv. Man kann bei vielen Jobs nicht mehr wirklich erkennen, welche Bedürfnisse sie befriedigen. Arbeit wird also auch leer in dem Sinne, dass sie nichts mehr mit Produktion zu tun hat.
Ist es überhaupt möglich, so zu arbeiten, wie sich das der Arbeitgeber vorstellt? Jederzeit voll konzentriert?
Natürlich nicht. Das ist unmöglich. Man braucht Pausen und Entspannung zwischendurch. Deswegen kann man einen Teil des Stillstands auch dadurch rechtfertigen, dass er letztlich der Produktivität dient. Aber wenn man die Hälfte seiner Arbeitszeit mit Nichtarbeit verbringt, dann hat das mit Erholung nichts mehr zu tun.
Können Sie jungen Menschen, die sich vor Arbeit drücken wollen, einen Tipp geben, welchen Beruf sie wählen sollten?
Ich habe zum Beispiel einen Texter einer Werbeagentur interviewt, der die meiste Zeit mit seinem privaten Blog beschäftigt war. Er meinte, es sei für seinen Arbeitgeber unmöglich festzustellen, wie lange er dafür brauche, einen Werbetext zu schreiben. Es kommt also darauf an, irgendeine ungewöhnliche Leistung vollbringen zu können, die von außen nicht messbar ist. Ich habe auch Webdesigner interviewt, denen es gelingt, spät zu kommen und früh zu gehen. Auch einen Archivar und einen Floristen. Es war auch ein Gebäudereiniger dabei, der sehr ausgedehnte Kaffeepausen macht. Aber die meisten waren ziemlich gut ausgebildet, so dass sie eine Aura der Expertise entwickeln können.
Wissenschaftler und Künstler, vielleicht auch Journalisten, gelten als besonders hoch motiviert. Gibt es Drückebergerei auch an Universitäten?
Wahrscheinlich. Aber die meisten von uns Wissenschaftlern sind so arrogant zu behaupten, dass wir immer arbeiten. Auch wenn wir zuhause vorm Fernseher sitzen, behaupten wir, das gehöre zu unserer Forschung. Darum habe ich keine Wissenschaftler interviewt. Auch keine Unternehmer und keine Journalisten.
Haben Sie denn selbst schon mal so getan, als ob Sie arbeiteten?
Ja klar. Die Idee zu dem Buch kam mir als Student. Ich war Fahrkartenschaffner für die U-Bahn von Stockholm und wurde immer nachts eingesetzt. Es gab Nächte, da hatte ich überhaupt nichts zu tun und saß nur herum. Ich war natürlich froh, weil ich Bücher lesen konnte. Doch ich stellte mir die Frage: Wie ist es möglich, dass ich dafür bezahlt werde, nichts zu tun?