Coaching Ein Coach für alle Fälle

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Vom Sport-Instrument zur Manager-Lebenshilfe

Seit Menschengedenken suchen Menschen bei anderen Menschen Rat, Hilfe und Orientierung. Der Begriff des Coachens stammt ursprünglich aus dem Sport.

Dort trainiert der Coach eben nicht nur die sportlichen Talente seiner Athleten, sondern hört ihnen auch zu, motiviert sie, begleitet sie mental.

Mit intimen Geständnissen auf der Couch hat das heutige Business-Coaching jedoch herzlich wenig gemein. Eher ist es eine Art Autoanalyse unter fachmännischer Aufsicht, wobei der Coach seinem Klienten in erster Linie dabei hilft, die Lösung seiner Probleme in sich selbst zu bergen.

Der Coach kann aber, wie von den Beratern stets betont wird, so allenfalls vorhandene Begabungen wecken, Impulse geben, auf Verbesserungen in der Praxis hinarbeiten. Aus einem verschlossenen Eigenbrödler eine Rampensau machen, kann er nicht. Ebenso wenig trainiert er neue Fähigkeiten ein oder prüft diese ab – das machen Trainer.

Und auch die Arbeit eines Psychotherapeuten kann er nicht ersetzen. Kindheitstraumata, Psychosen, akute Sucht oder die Behandlung eines Burnouts gehören nicht zu seinen Aufgaben – und sollten ihm ohne entsprechende Ausbildung schon gar nicht überlassen werden.

Der Coaching-Markt ist unübersichtlich

Doch genau das ist das Problem der Branche.

Der Coaching-Markt ist unübersichtlich, atomisiert und ein Biotop für Quacksalber und Trittbrettfahrer. Spätestens seit dem Jahr 2000 explodiert die Anzahl der Anbieter. Um die ohnehin knappen Weiterbildungsbudgets buhlt längst eine Vielzahl von Klein- und Kleinstunternehmern: Die meisten Coachs sind Einzelkämpfer, laut Branchenuntersuchungen liegt die durchschnittliche Unternehmensgröße bei 1,3 Mitarbeitern.

„Coach“ ist keine geschützte Berufsbezeichnung, entsprechend tummeln sich im Markt fragwürdige Gestalten zuhauf, die sich Coach, Trainer, Supervisor oder anders nennen und die mit ihrer gutgläubigen Klientel alles Mögliche zelebrieren, vom Glasscherbenlaufen bis zur Urschrei-Therapie – nur eben kein Coaching.

Wundern muss einen das nicht. Um Coach zu werden, gibt es hierzulande weder eine universelle Ausbildung noch klare Anforderungen an Erfahrung und Methodik. Rund 330 Institutionen bieten im deutschsprachigen Raum eine Ausbildung zum Coach an. Manche dieser Zertifikate stammen von fragwürdigen Ausbildern.

Während es in anderen europäischen Ländern zumindest eine übergeordnete Berufsvereinigung gibt, sind es in Deutschland nahezu 20, die oft noch gegeneinander arbeiten oder allein dem Ego ihrer Vorsitzenden dienen.

Wieder andere Karrierehelfer schließen sich zu reinen Marketing-Clubs zusammen und hübschen ihre Leistungen zu wundersamen Bindestrich-Beratungen vom Typus „Mental-Coaching“, „E-Mail-Coaching“ oder „Power-Coaching“ auf.

Rund 40.000 dieser selbst ernannten Menschenverbesserer praktizieren im deutschsprachigen Raum.

Die Zahl der echten Profis dürfte weit darunter liegen: Auf höchstens 4000 Coachs, die zumindest irgendeine qualifizierte Ausbildung absolviert haben, schätzt sie etwa Christopher Rauen, Vorsitzender des Deutschen Bundesverbandes Coaching (DBVC).

Selbst bei denen, die den Beruf seriös betreiben, variieren die Honorare für eine Sitzung derart stark, dass nicht sicher ist, ob vielleicht doch nur die Prominenz des Coachs honoriert wird statt seine Kompetenz. So beginnen Stundensätze in der Regel bei 100 bis 200 Euro und steigen oft mit der Hierarchiestufe des Klienten auf bis zu 2000 Euro.

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