Angst haben die Kunden von Salome Preiswerk, Gründerin und CEO beim Robo Advisor Whitebox, nicht. Dazu gebe es auch keinen Grund: „Mir ist kein Modell bekannt, wo ein Roboter etwas an Kundengeldern macht, wo nicht mindestens noch ein Mensch drüber schaut“, so Preiswerk.
Und auch Machine Learning und künstliche Intelligenz funktioniert nicht ohne die Kontrolle des Menschen: "Machine Learning entwickelt sich zu einer Schlüsseltechnologie, die den Menschen künftig nicht ersetzen, aber sehr stark unterstützen wird. In drei bis fünf Jahren werden Unternehmen aller Branchen damit arbeiten, ob sie nun ihre Kunden besser beraten oder aber ihre Prozesse effizienter gestalten wollen", sagt Dirk Ungemach-Strähle, Experte für das Thema Machine Learning bei der auf Finanzdienstleister spezialisierten Unternehmensberatung Cofinpro.
Selbst beim Recruiting, wo es mehrheitlich um Bauchgefühl geht, können Algorithmen die lästige Vorarbeit erledigen, wie Luuk Houtepen, Director Business Development bei der auf IT, Bankwesen, Technik und Energie sowie Life Sciences spezialisierten Personalberatung SThree, sagt. „Ich würde nicht sagen, dass man die Finger vom Robot Recruiting lassen sollte, denn Big Data kann den Auswahlprozess deutlich verbessern“, so sein Urteil.
Was Big Data im Personalwesen kann
Ein Großhandelsunternehmen nutzt für eine interne HR-Analytse Daten und Modelle über Stärken und Schwächen im Management und warum die Leistung der Mitarbeiter in den unterschiedlichen Niederlassungen unterschiedlich ist. Zusammen mit einem Überblick über die Kontrollreichweite der einzelnen Managementeinheiten und den unterschiedlichen Vergütungsvarianten aller Abteilungen und Teams im Unternehmen lässt sich darstellen, wo im Unternehmen sich Talente bewegen. Ob sie das Unternehmen verlassen oder wo die Mobilität der Talente in höhere Positionen gut oder weniger gut ausgeprägt ist. Das gibt der Unternehmensführung Erkenntnisse darüber, wann sie Organisationsprozesse konsolidieren oder erweitern und wann sie neue Führungskräfte fördern oder dort Strukturen reorganisieren sollen.
Quelle: Cornerstone OnDemand
Xerox konnte die eigene Mitarbeiterfluktuationsrate in allen seinen Callcentern um etwa 50 Prozent reduzieren, nachdem es Big Data im Rahmen der Überprüfung der Bewerbungen einsetzte. Das Unternehmen hatte bisher Personen basierend auf deren Praxiserfahrungen eingestellt. Doch die Daten zeigten, dass die Persönlichkeit eine größere Rolle spielt als die Praxiserfahrung. Während kreative Menschen meist für mindestens sechs Monate im Unternehmen bleiben, so dass das Unternehmen wenigstens die Investitionen in deren Ausbildung erwirtschaften kann, verlassen wissbegierige Menschen das Unternehmen.
In einem anderen Unternehmen war das Team der HR Analytiker aus ihrer ursprünglichen Aufgabe, der Personalplanung, herausgewachsen. Nach mehr als drei Jahren Analysen hatte das Team Rekrutierungs-Modelle entwickelt, die in der Lage waren, Arbeitsmarktdaten, Gehaltsdaten und Informationen über Fähigkeiten externer Personen miteinander zu korrelieren, um auf diese Weise lokale Rekrutierungsstrategien in der ganzen Welt zu entwickeln.
Und auch er ist überzeugt, dass der Algorithmus den Personaler oder Recruiter nicht überflüssig macht, sondern ihn nur unterstützt. Der müsse schließlich definieren, was ein Kandidat können muss, damit der Algorithmus anhand dieser Kriterien Karrierenetzwerke und eingesandte Lebensläufe auswerten und so die nötige Vorauswahl treffen könne. „Die eigentliche Auswahl eines Kandidaten ist und bleibt Menschenarbeit“, sagt Houtepen.
Dennoch sei man in Deutschland beim Einsatz von Algorithmen im Recruiting eher zurückhaltend. Wer das Vorsortieren von Lebensläufen & Co. abgibt, tut dies in der Regel in Call- und Back-Office-Center nach Ost-Europa und nicht an Roboter. Die Unternehmensberatungen EY und Gapgemini sind Beispiele für diese Art des Outsourcings. Oder der Chef kümmert sich gleich selbst. Houtepen: „Beim BDU, wo ich Mitglied bin, habe ich einmal ein Gespräch mitbekommen, wo ein Unternehmensberater den anderen fragte: ‚Nutzen Sie schon Xing?‘ und der andere antwortete: ‚Nein, ich rufe einfach an, ich hab doch die Kartei.‘“
Wahrscheinlichkeit, dass Menschen innerhalb von 20 Jahren ganz oder teilweise durch Maschinen ersetzt werden
Gesundheitsberater
Quelle: Frey/Osborne
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Dabei ist die Aufbereitung und Auswertung großer Datenmengen und sei es nur als digitales Netzwerk, gar nichts Neues, wie Stéphane Garelli erzählt. Der Ökonom ist Professor an der Schweizer Business Schule IMD und hat dort das IMD World Competitiveness Center ins Leben gerufen. „Seit 1995 ermöglicht es uns Big Data, Algorihmen zu kreieren, die den beeindruckenden Reichtum an Informationen nutzbar machen“, sagt er. Und das hat sehr viele Vorteile.
Ohne Menschen sind Algorithmen nichts
Aber ohne Menschen, die kritisch hinterfragen, die nicht nur im Jetzt, sondern auch vorausschauend denken und der Maschine die richtigen Fragen stellen, werden Algorithmen und Künstliche Intelligenz zu der Bedrohung, zu der sie derzeit hochstilisiert werden.
Denn der Algorithmus an sich denkt nicht in gut und böse beziehungsweise menschen- oder demokratiefeindlich. Er denkt in einem wenn-dann-Schema. Würde man einen Algorithmus zum Supermarkt schicken und ihm sagen: „Kaufe ein Brot. Wenn Äpfel da sind, dann bring fünf Stück mit“, würde er mit fünf Broten zurückkommen, wenn es in der Obstabteilung Äpfel gibt.
Vor so etwas braucht sich niemand fürchten. Man sollte seine Algorithmen nur nicht unbeaufsichtigt zum Einkaufen schicken oder Entscheidungen treffen lassen.