Werner knallhart

Gestatten? Mein Name ist Airbus Ploppi Kuhfuß

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Wo liegen die Grenzen bei der Namensänderung?

Eine Grenze: das öffentliche Interesse, etwa wenn der neue Name dazu genutzt werden soll, seine eigene Kreditunwürdigkeit zu vertuschen. Ich bin der Meinung, das ließe sich problemlos anders verhindern: Wie etwa in Dänemark könnte jeder von uns eine Art Bürgernummer bekommen. Wer einmal zu seiner Geburt die 5734845890 zugeordnet bekommt, könnte anschließend beliebig oft den Namen wechseln, ohne untertauchen zu können. Fertig. Nicht umsonst halten es die Dänen mit dem Namensrecht schon heute viel lockerer als wir.

Außerdem solle wie zurzeit auch künftig gelten: Der neue Wunschname darf nicht "sittenwidrig oder in sonstiger Weise mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar" sein. Wer also gerne "Adolf Hitler" heißen möchte, der sollte allein schon aus Namensrechtsgründen noch einmal in sich gehen.

Aber ansonsten: Freie Bahn! Wir denken dieser Tage doch so vieles unkonventionell neu. Weg mit dem alten Ballast aus Das-war-schon-immer-so-Zeiten. Warum etwa soll wie noch heute das Geschlecht eindeutig aus dem Namen herauslesbar sein, wenn doch mittlerweile anerkannt ist, dass die bloße Einteilung in Mann und Frau zu kurz greift? Und vor allem: Was geht uns das Geschlecht des Namensträgers eigentlich an? Nur weil das bislang üblich war, muss es nicht für alle Ewigkeit Bestand haben. Der Name ist doch kein Service für andere. Wir haben kein Recht darauf, die kulturellen Wurzeln aus dem Namen eines Mitmenschen herauszulesen (deshalb wird Wojciech zu Adalbert), der Beruf geht schon lange nicht mehr aus dem Namen hervor (nur die wenigsten Schneider heißen heute Schneider, ähnlich bei den Bäckern usw.). Warum dann dieser Anspruch auf die Info zum Geschlecht im Vornamen?

Wie gesagt: Der Name gehört uns. Was spricht dagegen, es zuzulassen, wenn sich jemand Yoyo Kawumm Plopplopp nennen möchte? Und solange man jemanden nicht die Verantwortung für sein eigenes Leben aus den Händen reißen möchte: Warum darf er sich nicht Vollpfosten nennen? Weil der Name blöd klingt? Das ist Geschmacksache. Weil er herabsetzend klingt? Die Freiheit, sich selber herabzusetzen, ist eben ein Stück Freiheit. Wie gesagt: Ein Gesichtstattoo kann auch dem sozialen Ruf schaden. Das muss, nein, das darf jeder selber wissen.

Sicherlich werden sich zum Glück die wenigsten Schimpfworte für sich aussuchen. Und für ihre Kinder käme das eh nicht in Frage. Aber es würden viele neue tolle Namen entstehen. So wie bei Firmennamen auch, wo sich jeder austoben darf. Produkte sollen unverwechselbar klingen und einzigartig wirken. Und wir? Wir wollen doch auch alle einzigartig sein. Neben Outfit, Make-up, Frisur und verbaler Ausdrucksweise kann der eigene Name schnell erfassbarer Ausdruck der eigenen einzigartigen Persönlichkeit werden. Wer auf diese Art der Selbstdarstellung keinen Wert legt, kann seinen vererbten und von den Eltern ausgesuchten Namen behalten. Aber lassen wir doch allen ihre Freiheit. Zusammenhalten immer dann, wenn es nötig ist. Aber Leine lassen, wenn Vorschriften nichts anderes bewirken, als einfach mal so Altes festzuzurren, um des Alten willen. Die Zeiten ändern sich. Nicht nur durch Corona.

Wäre es eigentlich okay, sich selber Corona zu nennen? Oder wäre das sittenwidrig? Die Diskussionen werden spannend. Und sind dann Ausdruck unserer Selbstbestimmung.

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