Blutgeld Jagd auf das Geld der Ex-Diktatoren

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Hosni Mubarak mit Familie Quelle: dpa

Der Etat des ägyptischen Präsidenten war geheim, ebenso das Budget der Sicherheitskräfte. Nach unbestätigten Angaben ägyptisch-amerikanischer Geschäftsleute profitierte die Familie enorm von der militärischen Hilfe der USA. Mubaraks Familie sei exklusiver Vertragspartner für amerikanische Militärtransporte im Nahen Osten gewesen. Ab dem Jahr 2000 lief zudem in dem zuvor von Staatsunternehmen geprägten Land eine Privatisierungswelle. Unabhängige Kontrollen gab es nicht, mit Beraterjobs für Unternehmenskäufe ließen sich Milliarden machen. Wer gute Verbindungen und Finanzerfahrung hatte, so wie Mubarak-Sohn Gamal, der auch an einer Tochter der ägyptischen Investmentbank EFG Hermes beteiligt ist, verdiente an jeder Privatisierung.

Nahost-Experte Davidson glaubt, dass Mubarak große Teile seines Geldes nach dem Sturz von Ben Ali aus dem Westen abgezogen und nach Dubai und Bahrain verlagert hat. „Auch so lässt sich sein langes Zögern vor seinem Rücktritt erklären. Mubarak und sein Sohn Gamal wollten das Geld noch in Sicherheit bringen.“ Nicht in Sicherheit bringen lassen sich Immobilien. Mubarak besitzt im teuren Londoner Viertel Knightsbridge – um die Ecke vom Luxuskaufhaus Harrods – eine Villa im Wert von geschätzt 9,5 Millionen Euro, eine weitere Immobilie Mubaraks soll sich im Londoner Stadtviertel Kensington befinden. Außerdem besitzt er angeblich einen Palast im Golfstaat Bahrain. Wie viel Geld wirklich noch auf seinen – mittlerweile eingefrorenen – Schweizer Konten und in EU-Staaten liegt, ist nicht bekannt.

Die Causa Mubarak  wird damit ein potenzieller Fall für den Anwalt Enrico Monfrini. Der Genfer Partner von Monfrini Crettol & Partners ist einer der renommiertesten Blutgeldjäger. Er spürt Staatsgeld auf, das Herrscher wie Mubarak veruntreuten und gibt es der Bevölkerung zurück. Sein bisher größter Fall war der des Ex-Generals Sani Abacha, der Nigeria bis 1998 regierte. Am Anfang gab ihm „jemand aus Nigeria“ zehn Seiten Dokumente – heute stapeln sich in seinem direkt am Genfer See gelegenen Büro Akten mit einer Million Seiten. Laut einer Weltbank-Studie, die sich auf Daten von Transparency International stützt, soll Abacha bis zu fünf Milliarden Dollar durch Bestechungen bei Bauprojekten und durch direkten Zugriff auf die Kasse der Zentralbank zusammengeraubt haben. Abacha wusch das Geld in einem komplexen System aus Firmen und Bankkonten in zahlreichen Ländern, darunter die Schweiz, Großbritannien, Luxemburg, Liechtenstein, Jersey und die Bahamas. „Doch es gibt immer Spuren“, sagt Monfrini.

Der Blutgeldjäger

Über ein Konto von Abachas Söhnen flossen binnen acht Monaten knapp 300 Millionen Deutsche Mark an „Provisionszahlungen“, welche meist an eine Bank in Luxemburg überwiesen wurden. Für Monfrini sind solche Transaktionen ein gefundenes Fressen: „Ich schaue mir die Auszüge an und verfolge, woher und wohin Geld geflossen ist“, sagt er. Wem gehören die Konten? Ist schon der Geldeinzahler eine verdächtige Person? Überweisen plötzlich ungewöhnlich viele Menschen geringe Beträge? Wird das Geld sofort wieder abgehoben? Nach und nach bekommt Monfrini so einen Überblick über die oft weit verzweigten Kontensysteme. „Es gibt immer Spuren. Selbst ein leeres Konto spricht zu mir, denn die Banken speichern ja den Geldfluss aus der Vergangenheit“, sagt er. Bisher bekam Nigeria 1,3 Milliarden Dollar zurück. Allerdings gebe es noch eine Milliarde einzusammeln, sagt Monfrini, von eingefrorenen Konten in Liechtenstein, Luxemburg und Jersey.

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