Asienbörsen Aktienperlen aus Fernost

Börsen in Asien galten vor kurzem noch als hochriskant, doch das konsumgestützte Wachstum in der Region macht sie für Anleger attraktiv. Außerdem sind Aktien aus Fernost preiswerter als im Rest der Welt.

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Aktien aus Südostasien. Quelle: dpa Picture-Alliance

Wie schnell sich die Zeiten ändern: Noch zu Jahresbeginn galten asiatische Börsen, allen voran China, als Sorgenkinder. Heftige Verluste drückten die Kurse. Die fast ausschließlich in China gehandelten A-Aktien verloren bis Ende Februar vom Vorjahreshoch rund 50 Prozent an Wert, der auch Aktien anderer südostasiatischer Börsen enthaltende Index MSCI Far East (ohne Japan) sackte um gut 30 Prozent ab.

Nun hat eine neue Stärke die Schwächephase beendet. Mehr als die Hälfte der ausländischen Portfolioinvestitionen in Schwellenländern sind zuletzt nach Asien geflossen. „Aktuell sehen wir den stärksten Kapitalfluss in die asiatischen Märkte seit 15 Jahren“, berichtet John Woods, Chefstratege für Asien von Credit Suisse.

Das treibt die Kurse. Gemessen in Euro, liegt die Börse Bangkok seit Jahresbeginn mit rund 20 Prozent an der Spitze, auch andere südostasiatische Börsen haben etwa den deutschen Dax-Kursindex weit hinter sich gelassen (siehe Chart).

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Große Bedenken müssen Anleger nicht haben, wenn sie jetzt Aktien aus Fernost kaufen. Denn deren Bewertung ist moderat, gemessen am globalen Aktiendurchschnitt: Das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis der 549 im MSCI-Index enthaltenen Unternehmen liegt bei 13,8 (gegenüber global 22,4), das Kurs-Buchwert-Verhältnis bewegt sich bei 1,4 (gegenüber 2,2). Obendrauf kommt eine Dividendenrendite von 2,8 Prozent (gegenüber 2,6 Prozent).

Auch im historischen Vergleich bewegten sich die Bewertungen weit unter ihren langjährigen Mittelwerten, sagt Anh Lu, Fondsmanagerin beim US-Vermögensverwalter T. Rowe Price. „Nur viermal in der Geschichte waren asiatische Aktien günstiger als heute.“

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Allein die relativ günstige Bewertung ließe also noch Luft für Kurssteigerungen. Dass die Bewertungsschere überhaupt so weit auseinandergeklappt ist, war teilweise hausgemacht. Nach der Asienkrise 1997/98 sorgten hohe Kapitalzuflüsse aus dem Ausland für einen gewaltigen Wirtschaftsboom in der Region. Die Unternehmen haben massiv investiert, aber die Kostenseite vernachlässigt. So sind etwa die Löhne schneller gestiegen als die Produktivität. „Das hat sich gerächt, als die Weltkonjunktur schwächer wurde“, sagt Lu. Jetzt aber entwickelten sich die Löhne moderater.

Das werde sich positiv auf die Gewinnmargen und die freien Mittelzuflüsse auswirken. Entsprechend eröffnet sich ein größerer Spielraum für höhere Ausschüttungen und den Abbau von Schulden. „Wenn sich diese Erkenntnis bei immer mehr Investoren durchsetzt, könnte der Zeitpunkt für eine Neubewertung des asiatischen Aktienmarktes gekommen sein“, sagt Lu.

Stabile Währung

Dass eine von den USA eingeläutete Zinswende die Kurse in Asien und anderen Schwellenländern drücken könnte, fürchten Anleger jedenfalls kaum noch. Steigende Zinsen in den USA verteuern die Finanzierungskosten für Investitionen und bremsen die Anlegerneigung, Risiken einzugehen. 2013 hatte die vom damaligen US-Notenbankchef Ben Bernanke angekündigte Straffung der US-Geldpolitik noch für einen Crash vieler Lokalwährungen gesorgt. Tatsächlich erhöhte erst Bernankes Nachfolgerin Janet Yellen die Zinsen – im Dezember 2015 und auch nur minimal.

Unter Investoren setzt sich nun die Überzeugung durch, dass es so bald keine weitere Zinsanhebung in den USA geben wird. Von einem starken Konjunkturaufschwung, der Notenbanken zwingen könnte, auf die Bremse zu treten, ist weder in den USA noch weltweit etwas zu sehen. Die Währungen der Schwellenländer haben sich daher wieder beruhigt.

Seit März summieren sich die Nettozuflüsse internationaler Investoren in Aktien und Anleihen der Schwellenländer auf gut 67 Milliarden Dollar (siehe Grafik). Zwischen Juli 2015 und Februar 2016 hatten sie noch Monat für Monat Geld abgezogen.

Nachdem die Börsen in Lateinamerika bereits stark profitiert haben, könnte nun Asien vor einem breiten Kursanstieg stehen.

Deutsche Bank stapelt Gold in Singapur
Der Goldspeicher in Singapur ist nach London der zweitgrößte der Deutschen Bank. „Wir beobachten in dieser Anlagekategorie ein erhebliches Interesse seitens unserer äußerst vermögenden Kunden”, erklärte Mark Smallwood, Leiter Vermögensplanung bei Deutsche Asset & Wealth Management's im asiatisch-pazifischen Raum, gegenüber Bloomberg. „Die Leute wollen Gold an einem Ort lagern, den sie für sicher halten, was oftmals mit einer geographischen Diverzifizierung einher geht.” Quelle: dpa
Der Goldbunker befindet sich in einem stark abgesicherten Bereich im „Singapore FreePort”, in direkter Nachbarschaft liegt der Flughafen Changi. Auch andere Firmen wie Swiss Precious Metals oder JP Morgan lagern hier Gold. Die Bunker müssen einem Flugzeugabsturz oder Erdbeben standhalten.  Quelle: Singapore Freeport
Auf der Webseite des „Singapore FreePort” ist vom „sichersten Lager und Handelsplatz der Welt” die Rede. Daneben gibt es einen weiteren, möglicherweise noch entscheidenderen Vorteil für Anleger: Da das Gebiet im Zollfreigebiet liegt, fallen keine Steuern oder Abgaben an. Quelle: Singapore Freeport
Der „Singapore FreePort” ist nicht nur sicher, sondern sieht auch noch schick aus. Das lockt die Kunden: Die meisten sitzen in asiatischen Ländern, angeführt von Indien und China. Die wachsende Bedeutung dieser Märkte untermauern die neuesten Zahlen des World Gold Council, dem Lobbyverband der Goldindustrie. Die Nachfrage nach Schmuck, Münzen und Barren stieg im ersten Quartal 2013 in Indien um 27 Prozent, in China um 20 Prozent und in den USA um 22 Prozent. Quelle: Singapore Freeport
Die Gänge in dem asiatischen Goldspeicher ähneln wirklich einem Bunker, aber auf moderne Art. Die Verschiebung des Goldhandels von West nach Ost dürfte sich künftig noch verstärken. Die Regierung Singapurs hatte vor kurzem angekündigt, den Marktanteil im globalen Goldhandel von zwei Prozent im Jahr 2012 auf zehn bis 15 Prozent in den nächsten zehn Jahren erhöhen zu wollen.  Quelle: Singapore Freeport
Nachts erstrahlt der Hochsicherheitstrakt in grünem Licht. Die traditionellen Lagerorte für Gold sind bislang London, Zürich und New York. Quelle: Singapore Freeport

Die konjunkturelle Ausgangslage ist gut. Zwar ist der große Boom früherer Jahre vorbei. Zweistellige Zuwachsraten pro Jahr, wie sie die Tigerstaaten Südkorea, Taiwan und Singapur sowie die Metropolregion Hongkong bis zum Ausbruch der Asienkrise 1997 teils erlebten, gibt es nicht mehr. Aber die Region wächst immer noch mehr als doppelt so schnell wie der Rest der Welt. Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) rechnet allein für die Länder Südostasiens mit 4,5 Prozent Wirtschaftswachstum. „Die Region hat sich von einem Zentrum für die Produktion von Autos, Elektronik und anderen Konsumgütern zu einem Absatzmarkt für genau diese entwickelt“, sagt Kevin Martin, Leiter des asiatischen Vermögensverwaltungsgeschäfts bei der britischen Großbank HSBC. Profitieren werden vor allem Länder mit einem großen Binnenmarkt.

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Als neuer Star der Region gelten die Philippinen. Die Wirtschaft auf dem Archipel mit 7109 Inseln wächst dynamisch, die Demografie ist vorteilhaft, und Staat, Unternehmen und Privathaushalte sind nur gering verschuldet. Mit Wachstumsraten von über sechs Prozent ist der Inselstaat die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft Asiens. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf liegt mit 2900 Dollar dennoch erst halb so hoch wie das von Thailand. Mehr als die Hälfte der 100 Millionen Einwohner ist jünger als 30 Jahre. Der Anteil der Beschäftigten, die mehr als 5000 Dollar verdienen, ist seit 2005 von 6 auf mehr als 20 Prozent gestiegen.

Wachstum und Lohnkosten in ausgewählten Asean-Staaten

Es wächst so eine Mittelklasse heran, deren Kaufkraft steigt. Das Land erwirtschaftet Leistungsbilanzüberschüsse, exportiert also mehr Waren und Dienstleistungen, als es importiert, und sitzt auf 74 Milliarden Dollar Währungsreserven. Als Wachstumsbremse gilt die marode Infrastruktur des Landes. Das aber hat der neue Staatspräsident Rodrigo Duterte erkannt. Er will in die Infrastruktur künftig 5,0 statt 3,3 Prozent des BIPs stecken. Spielraum hat er: Staatsschuldenquote (45 Prozent) und Budgetdefizit (2,5 Prozent) erfüllten Maastricht-Kriterien. An anderer Stelle muss Duterte internationale Standards indes noch erreichen. Jüngst sorgten Aufrufe zum Töten von Drogendealern und -abhängigen für Kritik. Duterte („Menschenrechte interessieren mich nicht.“) zeigte kaum Einsicht.

Verlockende Stezeramnestie

Neben einer expansiveren Fiskalpolitik könnte zusätzlicher Rückenwind auch von monetärer Seite kommen. Die Notenbanken der Region haben, anders als die westlichen, noch Luft für Zinssenkungen. Die Inflationsraten fallen moderat aus. Problemlos die Zinsen senken könnte etwa die Notenbank in Indonesien, der mit 250 Millionen Einwohnern größten Volkswirtschaft Südostasiens. Das über Jahre anhaltend hohe Leistungsbilanzdefizit konnte spürbar reduziert werden, auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung, die Inflationsrate lag zuletzt bei 3,2 Prozent.

Die Wirtschaft könnte in diesem Jahr um fünf Prozent wachsen, angeschoben durch den privaten Konsum. Positiv für die Börse Jakarta: Anfang Juli kündigte die Regierung eine Amnestie von unversteuerten Geldern an, die im Ausland liegen. Allein in Singapur hätten vermögende Indonesier 240 Milliarden Dollar gebunkert. Ein Teil dieser Gelder könnte nun zurückfließen.

Während auf den Philippinen und in Indonesien der Konsum einer der wichtigsten Wachstumsmotoren bleiben dürfte, sind die Privathaushalte in Malaysia und Thailand bereits vergleichsweise hoch verschuldet. Hinzu kommen in beiden Ländern derzeit innenpolitische Spannungen.

Als Garant für politische Stabilität gilt dagegen Singapur. Der Stadtstaat ist als internationaler Finanzplatz stark mit der Weltwirtschaft verwoben. Das Wachstum werde in diesem Jahr allenfalls 1,5 Prozent erreichen, sagen die Volkswirte der singapurischen Finanzgruppe DBS. Was aber für ein Engagement spricht: Die Börse Singapur ist die mit Abstand preiswerteste der Region.

Das aktuelle Kurs-Gewinn-Verhältnis beträgt 12,1, das Kurs-Buchwert-Verhältnis liegt bei 1,1, die Dividendenrendite im Aktienindex Straits Times erreicht fast vier Prozent. Stark im Index vertreten sind Immobilienwerte. Auf dem Immobilienmarkt des Stadtstaates zeichnet sich nach drei Jahren mit fallenden Preisen nun eine Stabilisierung ab. Darauf deuten zunehmende Transaktionen hin. Diese stiegen im zweiten Quartal auf ein Niveau, das zuletzt 2013 erreicht wurde. Darauf lässt sich aufbauen.

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