




12 Prozent Rendite, Wunsch oder Wirklichkeit? Man mag es kaum glauben: Wirklichkeit! Erzielbar gewesen mit deutschen Aktien, von 1992 bis 2014 Monat für Monat à 50 Euro angelegt (vor der Euro-Einführung entsprechend in D-Mark). Das rechnet uns die Fondsgesellschaft Allianz Global Investors vor.
Damit Anleger erst gar nicht herummäkeln, das sei Vergangenheit und keine Garantie für die Zukunft, hängt sie gleich die Bemerkung an: „Für die unrentierlichen Staatsanleihen muss ein Ersatz zum Aufbau von Vermögen und Vorsorgekapital gefunden werden.“ Wodurch der Bogen, wenn schon nicht in die Zukunft, so doch wenigstens in die Gegenwart geschlagen wäre.
Bereits ein einziger Blick in die Statistiken des Deutschen Aktieninstituts genügt, um festzustellen, dass nur eine verschwindend kleine Minderheit der Bundesbürger von sich behaupten kann, mit 12 Prozent dabei gewesen gewesen zu sein. Die meisten haben ihre Ersparnisse während der fraglichen Zeit ja nicht in Aktien investiert, sondern den Banken, Sparkassen und Versicherern anvertraut – wie der Allianz, deren Tochter jetzt Werbung für die Aktienanlage macht.
Aktienkultur in Deutschland
Menschen mit Aktieninvestments im Jahr 2014: 8,4 Millionen
Vorjahr: 8,9 Millionen
Anteil der Bevölkerung über 14 Jahren im Jahr 2014: 13,1 Prozent
Vorjahr: 13,8 Prozent
Wie die deutschen Aktionäre investiert sind:
4,3 Millionen Menschen besitzen nur Aktienfonds.
1,6 Millionen Menschen besitzen Aktien und Aktienfonds.
2,5 Millionen Menschen besitzen nur Aktien.
Seit 2001 haben rund 4,4 Millionen Menschen dem Aktienmarkt den Rücken gekehrt.
Aktionärsanzahl 2001: 12,8 Millionen
Aktionärsanzahl 2014: 8,4 Millionen
Das Interesse an Aktien hat in den vergangenen Jahren besonders bei den Jüngeren stark nachgelassen.
Anteil der Aktien- und Aktienfondsbesitzer nach Altersgruppen:
20-29 Jährige: 7,2 Prozent (2001: 17,5 Prozent)
30-39 Jährige: 12,1 Prozent (2001: 27,9 Prozent)
40-49 Jährige: 17,2 Prozent (2001: 25,5 Prozent)
50-59 Jährige: 17,1 Prozent (2001: 24,5 Prozent)
60-69 Jährige: 13,6 Prozent (2001: 14,4 Prozent)
Anteil von Aktienbesitzer nach beruflicher Position:
Leitende Angestellte: 28,4 Prozent
Leitende Beamte: 30,1 Prozent
Selbstständige/Freie Berufe: 26,0 Prozent
Sonstige Beamte: 29,5 Prozent
Öffentlicher Dienst: 22,7 Prozent
Sonstige Angestellte: 14,8 Prozent
Rentner/Pensionäre: 12,3 Prozent
Studenten: 4,3 Prozent
Facharbeiter: 8,9 Prozent
Selbstständige Landwirte: 23,5 Prozent
Schüler: 1,9 Prozent
Sonstige Arbeiter: 4,2 Prozent
Auszubildende: 4,6 Prozent
Menschen mit höherem Einkommen, haben ein höhere Interesse an Aktien.
Anteil von Aktien und Aktienfondsbesitzern nach Nettohaushaltseinkommen:
750-1.250 Euro: 2,5 Prozent
1.250-2.000 Euro: 6,9 Prozent
2.000-3.000 Euro: 24,6 Prozent
3.000-4.000 Euro: 18,5 Prozent
Über 4.000 Euro: 34,3 Prozent
Alte Bundesländer: 13,8 Prozent besitzen Aktieninvestments
Neue Bundesländer: 10,3 Prozent besitzen Aktieninvestments
Gesamt: 13,1 Prozent
Die nächste Falle
Früher lockte eine andere Tochter, Allianz Leben, Anleger vor allem in Kapitalpolicen, die ausgerechnet mit Staatsanleihen und anderen Zinspapieren vollgestopft waren (und weiter sind), die nun für unrentierlich erklärt werden, was nicht zu bestreiten ist: Bundesanleihen rentieren aktuell zwischen minus 0,31 Prozent bei einem Monat und plus 1,22 Prozent bei 30 Jahren Restlaufzeit. Das bekommen nicht zuletzt solche Anleger bitter zu spüren, die ihr Geld in Kapitalpolicen investiert haben. So viel zum Thema Wunsch und Wirklichkeit bei der Geldanlage.
Das extrem niedrige Renditeniveau findet sich in niedrigen Kreditzinsen wieder, und die locken Anleger in die nächste Falle: Immobilien. Nichts gegen das selbst bewohnte Haus im Grünen oder gegen eine schicke Stadtwohnung für den Eigenbedarf. Aber kritisch wird es, wenn Amateurvermieter auf einmal ihr Herz für Wohnimmobilien entdecken, nur weil Kredite so billig sind und die finanzierenden Banken mitspielen. Dann genügt oft schon eine zu kurze Zinsbindung, ein einziger Mieterwechsel oder eine größere Reparatur, und die Rendite schmilzt dahin. Ich frage mich ohnehin, wie sich eine akzeptable Mietrendite mit Grunderwerbsteuern bis zu 6,5 Prozent und mit dem ganzen Sozialklimbim einschließlich Mietpreisbremse vereinbaren lässt.
Anleger in Angst
Dass deutsche Anleger Aktien einschließlich Aktienfonds nicht besonders mögen, ist durch diverse Studien hinreichend belegt. Also stellt sich die Frage, wie man sie trotzdem dazu bringen kann, wenigstens einen Teil ihres Vermögens in Aktien zu investieren – eine schier unlösbare Aufgabe: Stehen die Aktienkurse tief wie 2008/09 und dann noch einmal 2011, neigen die meisten Anleger dazu, die Kursverluste nach unten zu extrapolieren. Im Klartext: Sie haben Angst. Steigen die Kurse, hoffen Anleger, die Aktien kaufen möchten, auf einen Kursrückgang. Stellt der sich ein, kommt erneut Angst auf. Der anschließende Kursanstieg findet dann weitgehend ohne private Anleger statt. Und nachdem der Deutsche Aktienindex Dax über 12.000 Punkte gestiegen ist, fürchten sie sich vor Kursverlusten, sodass es wieder nichts mit den Aktien gibt.
Abhilfe? Schwierig. Das liegt zu einem erheblichen Teil an der Aktienphobie der Deutschen, und die ist sogar verständlich. Denn nach den Experimenten mit Volksaktien Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre und nach der 1996 erfolgreich emittierten Telekom-Aktie kam es um die Jahrtausendwende zu einer Aktieneuphorie sondergleichen, von der zunächst auch die Aktie der Telekom profitierte – bis deren Begleiter aus der Chefetage (Ron Sommer) aus der Politik (Theo Waigel) und aus der Schauspielerei (Manfred Krug) den Kapitalmarkt zulasten der Aktionäre derart unverschämt anzapfen ließen, dass aus der Euphorie innerhalb kurzer Zeit eine bis heute anhaltende Phobie wurde.