Konjunktur Konsumenten sollen China aus der Flaute kaufen

Die Kommunistische Partei bestimmt zum Jahresende die wirtschaftliche Stoßrichtung für 2016: Sie will mehr investieren - um Konsumenten zu ermuntern, die Wirtschaft anzukurbeln. Ein letzter Strohhalm für mehr Wachstum.

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Kunden in einem Supermarkt Quelle: REUTERS

Steuersenkungen, Mehrausgaben, lockere Geldpolitik: Mit einem Mix aus Konjunkturhilfen will China das Wachstum im kommenden Jahr stabilisieren. "Die Wirtschaft muss ein gewisses Tempo haben, um strukturelle Reformen umsetzen zu können", erklärte ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters am Montag am Rande der jährlichen Wirtschaftskonferenz der Führung in Peking. Auf der Konferenz der Kommunistischen Partei werden Grundlinien für die Wirtschafts- und Reformpläne im nächsten Jahr skizziert.

Es gehe darum, die Nachfrage anzukurbeln. "Die aktive Steuerpolitik muss wirkungsvoller und die Geldpolitik flexibler werden", zitierte das staatliche Radio ein offizielles Dokument der Konferenz.
Den Firmen soll mit Steuererleichterungen unter die Arme gegriffen werden. Zudem wolle die Regierung eine höhere Neuverschuldung in Kauf nehmen, um etwa Infrastrukturprojekte zu finanzieren, betonte der Insider. Die Haushalts- und Geldpolitik bleibe nächstes Jahr weiter konjunkturstimulierend.

Auch der Bevölkerung will die Regierung mit Preissenkungen auf dem Wohnmarkt entgegen kommen und so den schwächelnden Immobilienmarkt wieder ankurbeln. So will sie es Bewohnern vom Land einfacher möglich machen, in die Städte zu ziehen. Wie die Nachrichtenagentur Xinhua berichtet, sollen sie sich künftig als Stadtbewohner registrieren können, um dort Wohnungen anzumieten oder zu kaufen. So wolle die Partei die Anzahl der Wohnungsbesitzer nach oben treiben. Obwohl über die Hälfte der Chinesen in Städten leben, sind nur 40 Prozent dort auch mit Wohnsitz gemeldet. China hielt lange daran fest, Massenmigration vom Land in die Großstädte zu beschränken.

Chinesische Aktien kletterten daraufhin auf den höchsten Stand seit vier Monaten - der Shanghai Composite Index schloss bei 3651 Punkten. Die Aussicht auf eine lockerere Geldpolitik im Reich der Mitte stimmte die Aktienanleger in Frankfurt optimistisch. Der Dax machte seine Freitagsverluste wett und stieg am Montag zeitweise um rund 1,5 Prozent. Exportweltmeister China gehört zu den wichtigsten Handelspartnern Deutschlands.

Was der Aufstieg des Renminbi zur Weltwährung bedeutet

Die Regierung dort will geldpolitische Rahmenbedingungen schaffen, um nötige Strukturreformen einzuleiten. Denn das Wachstum der chinesischen Wirtschaft dürfte in diesem Jahr auf den niedrigsten Stand seit 25 Jahren fallen. Die Regierung unter Präsident Xi Jinping hatte ein Wachstum von sieben Prozent für 2015 angepeilt. Bis 2020 solle die Wachstumsrate nicht unter 6,5 Prozent pro Jahr fallen, hatte Xi Jinping in diesem Jahr bereits angekündigt. Konkrete Wachstumsvorgabe für 2016, die üblicherweise auf der Wirtschaftskonferenz festgelegt werden, wurden nicht bekannt. Ökonomen erwarten für China 2016 nur noch ein Plus von 6,5 Prozent.

Insbesondere die kaufkräftige Mittelschicht soll dafür sorgen, dass China sein Wachstumsniveau in den nächsten Jahren halten kann. Eine Studie der Boston Consulting Group prognostiziert jetzt, dass die chinesischen Konsumausgaben bis 2020 um 50 Prozent steigen dürften - auf 6,5 Billionen Dollar. Zum Vergleich: Allein der Zuwachs von 2,3 Billionen Dollar entspräche den für Deutschland erwarteten Konsumausgaben im Jahr 2020. Und: Die Boston Consulting Group (BCG) berücksichtigte bei dieser Prognose gar einen Rückgang des jährlichen Wirtschaftswachstums auf 5,5 Prozent - weit unter den bislang ausgegebenen Erwartungen.

Gemeinsam mit einer Forschungsagentur des chinesischen Versandriesen Alibaba analysierte BCG, welche Käuferschichten für das künftige Wachstum verantwortlich sind: 80 Prozent der Ausgaben sollen von Haushalten mit einem Einkommen über 24.000 Dollar im Jahr stammen.

Diese chinesische obere Mittelschicht wird gemeinsam mit den vermögenden Haushalte mit einem Einkommen ab 46.000 Dollar im Jahr 2020 auf bis zu 100 Millionen Haushalte ansteigen - das wäre knapp ein Drittel alle städtischen Haushalte in China. Heute liegt der Anteil bei 17 Prozent.

Und für den Großteil des chinesischen Wirtschaftswachstums (65 Prozent) dürften Kunden unter 35 Jahren verantwortlich sein. Nach Angaben von BCG sollten von diesem Nachfrageschub vor allem Unternehmen profitieren, die in den Bereichen Ernährung, Bildung und Reise operieren. Die klassischen täglichen Konsumgüter dürften in den kommenden Jahren an Bedeutung verlieren.

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