Öl-Prognose der IEA Balance kommt schneller als gedacht

Schon Ende 2016 werden sich Angebot und Nachfrage am Ölmarkt ausbalancieren, schätzt die Internationale Energieagentur. Warum sie dennoch nicht mit einem deutlichen Preisanstieg rechnet.

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Die niedrigen Ölpreise haben auch der US-Ölindustrie schwer zugesetzt. Trotz Marktbalance rechnet die IEA aber nicht mit deutlich steigenden Preisen. Quelle: dapd

Frankfurt am Main Die Nachricht zwischen den Zeilen ist klar: Verabschieden Sie sich von den niedrigen Preisen. So direkt schreibt das die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem jüngsten Ölmarktbericht zwar nicht. Doch es ist die logische Konsequenz aus ihren Prognosen. Wie das Ölkartell Opec glaubt auch die IEA: Schon im dritten Quartal 2016 wird die Nachfrage das Angebot übersteigen. Die Jahre des Überangebots könnten damit vorbei sein.

Damit revidiert die IEA ihre bisherige Prognose, die von einer Balance im ersten Halbjahr 2017 ausging. Dafür gebe es zwei maßgebliche Gründe: Erstens steigt die Nachfrage stärker als erwartet. Allein im ersten Quartal stieg sie um 1,6 Millionen Barrel (159 Liter) und damit um ein Drittel stärker als bislang gedacht auf 95 Millionen Barrel pro Tag. Im Jahresschnitt rechnet die IEA mit einem Anstieg um 1,3 Millionen Barrel. Und so soll es 2017 auch weitergehen.

Zweitens machen die Produktionsausfälle der Angebotsseite weiterhin zu schaffen. Vor allem den Waldbränden in Kanada, Anschlägen auf die Ölinfrastruktur in Nigeria sowie Unruhen in Lybien ist die Verknappung des Angebots zuzuschreiben. Im Mai sei das globale Angebot um 0,8 Millionen Barrel gefallen. „Das ist der erste signifikante Fall seit Anfang 2013“, schreiben die Energieexperten der IEA.

Die Statistikbehörde des US-Energieministeriums rechnete sogar mit zwischenzeitlichen Produktionsausfällen von insgesamt über drei Millionen Barrel. Demnach hätte die Nachfrage das Angebot bereits im Mai überschritten.

Dass es nicht noch drastischere Einschnitte am Markt gab, ist der Rückkehr des Ölproduzenten Iran zu verdanken. Das Land darf nach dem Ende der Sanktionen durch den Westen wegen seines Atomprogramms nun wieder sein Öl am Weltmarkt anbieten – und der Iran macht davon reichlich Gebrauch. „Mit 700.000 Barrel pro Tag verzeichnet der Iran ganz klar das stärkste Angebotswachstum der Opec in diesem Jahr“, schreiben die IEA-Experten.

Und doch sollen schon im dritten Quartal, also in den Monaten Juli bis September, erstmals seit Jahren wieder mehr Vorräte aufgezehrt als aufgebaut werden. Für den gestiegen Verbrauch sorge zum einen vor allem Indien. Zum anderen überrascht eine starke „driving season“ in den USAdie Amerikaner zieht es in der Urlaubszeit wieder verstärkt auf die Straßen.


Kein Preisausbruch nach oben in Sicht

Das alles scheint zunächst für einen nachhaltigen Preisanstieg zu sprechen. Diese Hoffnung will die IEA den Ölproduzenten allerdings nicht machen. „Der starke Preisanstieg der vergangenen Monate dürfte sich nicht fortsetzen“, schreibt die IEA in ihrem Bericht.

Denn aktuell gebe es nach wie vor enorme Lagerbestände. Allein in den OECD-Staaten beliefen sich die Vorräte im April auf über drei Milliarden Barrel – und damit 222 Millionen Fass mehr als im Vorjahr. Nur aus den OECD-Lagern könnte die aktuelle globale Nachfrage also für mehr als einen Monat gestillt werden. Es handele sich dabei um einen gewaltigen Vorrats-Überschuss. „Dieser wird wahrscheinlich einen deutlichen Anstieg der Ölpreise dämpfen“, erklärt die IEA.

Zudem könnte weitere Produktion an den Markt kommen. Gerade jene in Kanada, die durch die Waldbrände bis zu 1,6 Millionen Barrel einbüßte, dürfte allmählich wieder auf ihr ursprüngliches Niveau hochgefahren werden. Wenngleich die IEA die Probleme in Nigeria und Libyen für eine längere Angelegenheit hält und in Venezuela weitere Produktionsausfälle drohen, schlummert dort weiteres Öl, das an den Markt zurückdrängen könnte.

Und schließlich sind da noch die Fracking-Firmen in den USA. Einige können bereits ab einem Ölpreis von 50 Dollar wieder profitabel fördern.

So dürfte die Nachfrage das Angebot 2017 nur leicht übersteigen, schätzt die IEA. Im Jahresschnitt komme es zu einem Lagerabbau von gerade einmal 100.000 Barrel pro Tag. Für die Ölpreise ist das kein Grund zum Jubeln. Entsprechend reagierte auch der Markt: Am Dienstag verlieren sowohl die Nordseesorte Brent (-1,4 Prozent auf 49,66 Dollar) als auch das amerikanische Leichtöl WTI (-1,4 Prozent auf 48,21 Dollar deutlich.

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