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El Salvador will den Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel etablieren. Quelle: imago images

Bitcoin in der Pubertät

Hauke Reimer
Hauke Reimer Stellvertretender Chefredakteur WirtschaftsWoche

China, das FBI und Tesla-Gründer Elon Musk drücken den Kurs des Kryptogelds. Gut so. Das härtet ab – und hilft beim Erwachsenwerden.

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Der Versuch ist mutig. El Salvador will den Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel etablieren. Für ein Land, in dem alle ein Handy, aber nur wenige ein Konto haben, keine dumme Idee. Alltagstauglich ist der Bitcoin dennoch nicht, hat er doch in zehn Jahren 15 Crashs durchlitten, mit Verlusten bis 85 Prozent. Der letzte läuft gerade. In Venezuela etwa wären die Leute mit Bitcoin trotzdem viel besser dran gewesen als mit ihrem Bolívar und 6500 Prozent Inflation. Dennoch ist Bitcoin kein Zahlungsmittel, sondern dient der Spekulation und Wertaufbewahrung, in Konkurrenz zu Gold. Papiergeld wird weiter an Wert verlieren, solange Staaten sich unmäßig verschulden und Notenbanken die Schulden aufkaufen. Menschen, die diesem Teufelskreis entfliehen wollen, kann ein kleiner Teil Bitcoin helfen – so sie Geld übrig haben und FUD (fear, uncertainty, doubt) aushalten.

„Rattengift“ nennt Börsenlegende Warren Buffett den Bitcoin, der nichts produziert, aber mehr Strom verbraucht als Holland. Ähnlich hatte er auch Gold abgelehnt („ausgegraben, nur um es zu verbuddeln“). Und doch gekauft. Denn Gold wie Bitcoin sind wertvoll, weil Menschen ihnen Wert beimessen. Auch Gold ist schmutzig. Völker wurden seinetwegen ausgerottet, heute hinterlässt der Goldabbau vergiftete Mondlandschaften. Für Bitcoin spricht, dass repressive Regime wie das in China sie ernst nehmen und verbieten, weil Zahlungen sich ihrer Kontrolle entziehen. Dass das nicht unbegrenzt gelingt, zeigte jetzt das FBI, das Pipelinehackern erpresste Coins wieder abnahm. Das drückte den Kurs, weil Kriminelle aus dem Bitcoin flohen, dürfte aber langfristig die Rolle des Bitcoin als Mafiageld erledigen. Ebenfalls positiv ist, dass China die Bitcoin-Minen vertreibt. Überall auf der Welt dürfte die CO2-Bilanz der Miner besser sein als im Riesenreich des billigen Kohlestroms.

Doch erst mal leidet der Kurs unter Pekings Repression. Den Rest besorgt Elon Musk, der für Milliarden Bitcoin kaufte, jetzt aber merkt, dass das schlecht ist für das Geschäft als Ökoguru. Doch dessen Durchschlagskraft wird schwächer. Zumal wertorientierte Investoren gegenhalten, wie Fondsmanager Hendrik Leber („Bitcoin 500 000 Dollar – warum nicht?“) oder der konservative Brite Jonathan Ruffer, der damit gerade eine schnelle Milliarde einsackte.

Auch El Salvadors Vorstoß stabilisiert: Als gesetzliches Zahlungsmittel müssten Banken anderswo Bitcoin als Devise bilanzieren, nicht mehr als immateriell, von zweifelhaftem Wert. Noch ein Schritt in Richtung Erwachsenenwelt.

Mehr zum Thema: Tesla-Chef Elon Musk bewegt mit seinen Twitter-Botschaften regelmäßig den Bitcoin-Kurs. Zwischenzeitlich verlor die Kryptowährung nach Musk-Tweets an Wert. Spekuliert der Krypto-Fan auf fallende Kurse? Wie geht das überhaupt?

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