Die Hoffnung auf eine Konjunkturankurbelung durch die neue US-Regierung treibt amerikanische Aktien auf neue Höhen. Der Dow Jones ist erstmals in seiner Geschichte über die Marke von 19.000 Punkten gestiegen. Und ob man den alten Dow wegen seiner simplen Zusammensetzung nun mag oder nicht, ein neues Hoch in dieser meistbeachteten Börsenkurve der Welt ist schlicht und ergreifend erst einmal ein gutes Zeichen.
Nach klassischen Regeln hat der Dow Jones in diesem Jahr schon mehrere, starke Kaufsignale gegeben. Aktuell ist seine Verfassung robust: Punktgenau hat er bei knapp 18.000 an der steigenden 200-Tage-Linie nach oben gedreht und zieht seitdem dynamisch nach oben. Technisch ist das eine stabile Hausse, bei der kurzfristig allenfalls Reaktionen in den Bereich bis 18.500/18.600 zu erwarten sind – und das dürften Nachkaufgelegenheiten werden.
Gedämpfter sieht es bei den Technologiewerten aus. Mit einem Stand um 4850 Punkten notiert der Nasdaq-100-Index unter den Spitzen der Vorwahlzeit. Darin spiegelt sind die Angst wider, die neue US-Regierung könnte durch ihre Politik die Geschäftsmodelle der großen, international agierenden Technologiekonzerne beschneiden.
Die verhaltene Verfassung an den Technologiemärkten deutet darauf hin, dass es den einen oder anderen Einschnitt geben könnte, die großen Wachstumstrends der Branche aber nicht abgebrochen werden. Konkret heißt das für den Nasdaq-100-Index: Solange er bei seinen kurzfristigen Schwankungen die Zone 4650 bis 4700 verteidigt, bleiben die Risiken überschaubar.
US-Anleiherenditen können nächstes Jahr bis auf drei Prozent steigen
Die Stärke des Dow Jones ist umso bemerkenswerter, da aller Voraussicht nach im Dezember eine Zinserhöhung durch die amerikanische Notenbank bevorsteht. Aus zwei Gründen kann Janet Yellen jetzt nicht mehr zurück: Erstens hat die US-Wirtschaft zuletzt wieder an Fahrt gewonnen und die Inflationssignale häufen sich. Zweitens bleibt sie damit bei ihrer bisherigen Linie, zeigt also Unabhängigkeit auch gegenüber der neuen Regierung. Die mehrmonatige Vorbereitung der Märkte auf dieses Ereignis sollte dazu beitragen, die Reaktionen nicht allzu heftig ausfallen zu lassen.
Brisant ist die Lage an den Anleihemärkten allerdings schon. Der Sprung auf 2,3 Prozent bei den zehnjährigen US-Renditen war er stärkste Zinsanstieg seit 2013. Damals blieben die Renditen an ihrem langjährigen Abwärtstrend hängen und drehten danach wieder nach unten. Auch jetzt haben die Renditen genau diesen Abwärtstrend erreicht, der sich seit 2007 gebildet hat.
Mögliche Konsequenzen des Zinsanstiegs
Die jüngste Dynamik spricht nun aber dafür, dass es nach einer vorübergehenden Korrekturphase (die sich zwischen 2,0 bis 2,4 Prozent abspielen könnte) dann im nächsten Jahr in Richtung drei Prozent gehen könnte. Ein solcher Zinsanstieg würde zu den von Trump angekündigten Investitionsprogrammen passen, zu steigenden Ölpreisen, der Wende auf den Rohstoffmärkten und anziehenden Inflationsraten.
Gleichzeitig würde das weiter sinkende Anleihekurse bedeuten – und darin liegt die eigentliche Gefahr der möglichen Zinswende: Nachdem die Zinsen mehr als drei Jahrzehnte nur gesunken und Anleihen im Kurs immer weiter gestiegen sind, ginge dann der Basistrend in die andere Richtung. Ein schrittweiser Rückgang auf den Anleihemärkten wäre dabei keine Gefahr. Ungemütlich wird es nur, wenn es zu crashartigen Rückschlägen kommt.
Bisher haben die Aktienmärkte Kursstürze bei Anleihen gut weggesteckt. Beim Anleihecrash 2013 ging die Aktienhausse bruchlos weiter; und der Aktienrückschlag 2015 hatte vor allem mit Konjunkturängsten zu tun und war nicht zinsbedingt. Ein Anstieg der zehnjährigen US-Renditen in Richtung drei Prozent muss nicht automatisch das Ende der Aktienhausse einleiten.
Der Markt ist stark genug für eine Jahresendrally
Im Gegensatz zum Dow Jones hat der Dax noch kein neues Hoch erreicht. Die Hoffnung, diesmal könnte Europa größere Chancen bieten als Amerika, hat sich bisher noch nicht erfüllt.
Dennoch sieht auch der Dax nicht schlecht aus. Seitdem er im Sommer über das entscheidende Niveau von 10.200 gekommen ist, hält er sich in der Bandbreite 10.200 bis 10.800. Der Ausbruch nach oben, der dann die Jahresendrally einleiten könnte, ist noch nicht gelungen. Immerhin hat die 200-Tage-Linie wie angekündigt nach oben gedreht; zudem ist der Dax innerhalb seiner Bandbreite 10.200 bis 10.800 mehr in der oberen als in der unteren Hälfte. Beides ist klassisch für einen stabilen Markt nach einem langfristigen Kaufsignal. Insofern spricht die Konstellation im Dax weiterhin für eine Fortsetzung des Aufwärtstrends.
Die wichtigsten Einzelwerte unterstützen diese Tendenz. SAP hat sich durch den jüngsten Anstieg wieder von der 200-Tage-Linie nach oben entfernt, ein klassisches Stärkesignal; Siemens hat die wichtige Untergrenze bei 100 Euro verteidigt; BASF tut sich um 80 Euro etwas schwer, könnte aber auch noch bis 75 sinken, ohne das positive Bild zu beeinträchtigen; Daimler hat sich nach der Sommer-Enttäuschung wieder zwischen 60 und 65 stabilisiert; und Bayer ist zwar nach wie vor angeschlagen, hat aber seit sechs Monaten kein neues Tief mehr gebildet.
Fazit: An der stabilen Verfassung der Aktienmärkte hat sich nichts geändert. Durch Trump haben die amerikanischen Märkte wieder einen Vorsprung bekommen, der aber auch für die europäischen Börsen angesichts schwelender Unsicherheiten – derzeit besonders in Italien – eine Rückversicherung ist. Die Chance auf eine Jahresendrally ist weiterhin größer als die Gefahr eines Einbruchs. Wichtige Untergrenzen für das positive Szenario sind 18.000 bis 18.200 im Dow Jones und 10.000 bis 10.200 im Dax.