Riedls Dax-Radar

Börse im Bann des starken Euro

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Zündstoff: Trumps USA gegen Europas Comeback

Für europäische Aktien ist die US-Politik eine schwere Bürde. Währungen reagieren auf solche Veränderungen unmittelbar und unmissverständlich. Das war beim Brexits mit dem Britischen Pfund Sterling der Fall, als Anleger noch davon träumten, der Rückzug der Briten vom Kontinent wäre ein Non-Event. Im Euro war der Währungseffekt besonders heftig, als 2015 bis 2016 im Zuge von Griechenlandkrise und Populisten-Vormarsch das Ende der EU erwartet wurde.

Seit 2017 läuft das Comeback Europas – und in Amerika die Trump’sche Umdefinition der USA. Weil beide Entwicklungen so konträr verlaufen, bergen sie für die Finanzmärkte erheblichen Zündstoff.

Große amerikanische Konzerne, die oft weit mehr als die Hälfte ihres Geschäfts außerhalb des Dollar-Raums machen, werden in diesem Jahr deutlich von der Entlastung auf der Währungsseite profitieren. Dieser Profit als Folge der neuen Währungsschlagseite muss bezahlt werden. Und je höher der Euro relativ zum Dollar steht, desto mehr werden vor allem die europäischen Konkurrenten hier zur Kasse gebeten.

Gewinnprognosen werden jetzt neu berechnet

Einen so starken Anstieg des Euro und einen so deutlichen Rückgang des Dollars hatte in den vergangenen Monaten kaum ein Analyst auf seiner Rechnung. Gewinnprognosen von Banken zu Unternehmen sind in der Regel Fortsetzungen bisheriger Trends gemixt mit bestimmten, allgemeinen Annahmen, vor allem zum Zinsniveau und den Währungskursen. Kommt es bei einer dieser Basis-Variablen zu unerwarteten Veränderungen, werden ganze Gewinnreihen umgestoßen. Eine Gewinnhochrechnung für BASF mit einem Euro von 1,25 Dollar fällt ganz anders aus als eine mit einem Euro von 1,15 Dollar.

Bisher haben die wenigsten Analysten den Euro in ihren Prognosen besonders hoch angesetzt; analog zum Credo, die US-Wirtschaft sei robust und der amerikanische Zinsvorsprung eklatant. In den nächsten Wochen werden nun Neuberechnungen einsetzen – umso mehr, da die europäischen Unternehmen im Zuge ihrer Jahresberichterstattung mit Sicherheit auf die plötzlich offene Währungsflanke weisen werden.

Obwohl die US-Börsen bei einem Dow Jones von mehr als 26.000 Punkten in die Überhitzungszone vorgedrungen sind, trifft es wegen der Währungsverschiebungen nun doch die europäischen Aktienmärkte stärker. Der Dax hat sich am bisherigen Hoch im Bereich um 13.500 festgefahren, der Stoxx 600 an der Top-Zone um gut 400 Punkte. Beides ist noch kein knockout, die Chance auf neue Höchstkurse besteht immer noch.

Für die nächsten Tage wäre es gut, wenn der Dax sich über 13.200 hält. Wenn nicht, wäre noch Spielraum bis 12.800. Erst wenn der Dax darunter tauchen sollte, wäre das mittelfristig positive Szenario gefährdet. Von den sechs führenden Aktien im Dax sind zwei kurz- bis mittelfristig in sehr guten Verfassung (Allianz, Daimler), zwei moderat gut (BASF, Siemens), eine am Wackeln (SAP) und eine mit leicht negativer Schlagseite (Bayer). Insgesamt spricht das dafür, dass der Dax in den nächsten Wochen zwar unter dem Währungskrieg leidet, er deshalb aber nicht zusammenbrechen sollte.

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