Das Thema Lebensmittel hatte zwar auch vor der russischen Invasion in der Ukraine nicht gerade ein Schattendasein an der Börse gefristet – ein Papier wie Nestlé etwa ist seit Jahren auf dem Schirm vieler Investoren –, doch im Zuge des Kriegs und der damit verbundenen rasant angestiegenen Inflation hat es auch bei der breiten Öffentlichkeit für Aufmerksamkeit gesorgt, die vielleicht zuvor Technologie-Aktien wesentlich spannender und lukrativer fand.
Eigentlich hätte das Segment der Nahrungsindustrie aber noch früher Beachtung verdient, denn genau genommen geht es dort nicht erst seit einem halben Jahr turbulent zu. Schon die Coronapandemie hatte für eine angespannte Lage gesorgt. Vor dem Hintergrund der Lockdowns beispielsweise in Asien wurde die dortige Reisproduktion gesenkt.
Corona-bedingte Ernteausfälle im Fernen Osten und kriegsbedingte Ausfuhrbeschränkungen im Osten Europas – kurzum: eine drastische Angebotsreduzierung bei mindestens gleichbleibender weltweiter Nachfrage – diese Gemengelage hat die Lebensmittelpreise zuletzt kräftig steigen lassen. Damit einhergehend steigen auch die Aktienkurse zahlreicher Agrar- und Landwirtschaftsunternehmen wie etwa Landmaschinenhersteller, Düngemittelproduzenten oder Saatgutunternehmen. So hat sich der Index mit Vertretern dieser Branche, der S&P Commodity Producer Agribusiness, in den vergangenen Monaten besser entwickelt als der Gesamtmarkt.
Diese Kursentwicklung ist etwas, was mit dem mittlerweile etwas zu oft strapazierten Begriff der Zeitenwende kaum treffender zu bezeichnen ist. So lässt sich feststellen, dass der Wert, der Lebensmitteln zugesprochen wird, auch in westlichen Industrieländern zunimmt. Dass in einem Land wie Deutschland plötzlich Sonnenblumenölflaschen gehortet werden, lässt sich zwar natürlich zum einen auf die vielzitierte, international etwas belächelte „German Angst“ zurückführen. Es besteht aber zum anderen kein Zweifel daran, dass das Thema Lebensmittel grundsätzlich im Begriff ist, eine neue Wertschätzung zu erfahren. Auch in den vermeintlich „satten“ Nationen.
Nun läuft man als Anleger angesichts der kriegsbedingten Aktualität des Themas Lebensmittel schnell Gefahr, das langfristige Potenzial des Sektors der Agrar- und Landwirtschaftsunternehmen aus den Augen zu verlieren. Anleger sollten allerdings nicht nur das Momentum im Blick haben, im Gegenteil.
Klimawandel und zunehmend begrenzte landwirtschaftliche Flächen sind nur zwei der Entwicklungen, die uns noch in den nächsten Jahren begleiten dürften. Vor allem aber die steigende Weltbevölkerung sorgt für die langfristige Perspektive – und langfristig heißt in diesem Zusammenhang im wahrsten Sinne des Wortes langfristig. Denn auch wenn das Wachstum der Menschheit nach jüngsten Erkenntnissen der Vereinten Nationen etwas an Dynamik abgenommen hat: Im 2030 werden laut den Forschern der UN-Bevölkerungsabteilung 8,5 Milliarden Menschen den Planeten bewohnen, 2050 sollen es 9,7 Milliarden sein. Im Jahr 2080 wird dieser Prognose zufolge dann ein Allzeithoch von 10,4 Milliarden erreicht werden, das dann bis etwa 2100 Gültigkeit haben soll.
Wir reden hier also von einem Trend, der mindestes die nächsten 60 Jahre anhalten dürfte. Was man dabei auch berücksichtigen sollte, sind die veränderten Essgewohnheiten in den Emerging Markets: Vor dem Hintergrund, dass in einigen Schwellenländern der Erde die Mittelschicht rasant wächst, sprich der Pro-Kopf-Verbrauch zunimmt, bekommt das Wachstum hier noch einmal eine andere Qualität.
Wer sich in diesem Trend engagieren möchte, ohne wie die Profis eine aufwändige Einzeltitelanalyse von Agrar- und Landwirtschaftsunternehmen vorzunehmen, kann sich einen breit gestreuten ETF wie beispielsweise den iShares Agribusiness UCITS näher anschauen. Damit dürfte er langfristig – um im Bild zu bleiben – seinen Renditehunger stillen können.
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