Keine Zinsen für Tagesgeld Die Nullzins-Banken spielen mit dem Feuer

Die Sparkassen verstehen sich als Bank

Vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken bieten auf Spareinlagen nach wie vor keine oder nur mickrige Zinsen. Sie setzen darauf, dass ihre Kunden zu faul sind, um den Anbieter zu wechseln. Das könnte sich rächen: Wer einmal weg ist, der kommt nicht wieder. Ein Kommentar.

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Sparkassen und Genossenschaftsbanken stellen gerade die Geduld ihrer Kunden auf eine harte Probe: Obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen in schneller Folge anhebt, tut sich bei den Sparzinsen: nichts.

80 von 350 Genossenschaftsbanken bieten für einen Anlagesumme von 10.000 Euro noch immer keine Tagesgeldzinsen. Bei den Sparkassen sind es 58 von 309 Instituten, wie eine Auswertung des Vergleichportals Verivox zeigt. Die übrigen bieten ihren Kunden meist Knickerzinsen, weit weg von den besten Angeboten.

Ganz offensichtlich setzen die Verantwortlichen in den Chefetagen auf die treudoofe Bequemlichkeit ihrer Kunden. Sie behalten die EZB-Zinsen lieber für sich, um ihre Bilanzen aufzupolieren. Dieser Weg ist wirtschaftlich legitim, aber strategisch hochriskant.
Denn was können Filialbanken eigentlich noch besser als Direktbanken? Ist es der Service? Die persönliche Beratung vor Ort? Das Image als „kleine“, zuverlässige Hausbank?

Die Rückkehr der Zinsen macht Tages- und Festgeld wieder attraktiv. Mit der richtigen Strategie kommen Sparer auf ansehnliche Erträge. Doch wer das Maximum rausholen will, muss Konten wechseln – und Ratings checken.
von Philipp Frohn

Die Antworten darauf fallen wenig schmeichelhaft aus. Das Filialnetz wird immer löchriger, die Beratung kürzer und automatisiert. Die Sparkassen haben einen Chatbot eingeführt, der die Fragen der Kunden beantworten soll, oft aber nur inhaltsleere Phrasen liefert. Auch beim Online-Banking kommt es immer wieder zu technischen Problemen. Obendrein versuchen einzelne Institute wie die Stadtsparkasse München, ihre Gebühren drastisch zu verteuern. Der Frust steigt.

Je länger Sparkassen und Genossenschaftsbanken an ihrer kurzsichtigen Zinspolitik festhalten, umso mehr Kunden werden sich nach Alternativen umsehen. Denn bis jetzt ist kein Ende der Zinsanhebungen bei Tages- oder Festgeld auszumachen. Bis Ende des Jahres könnte die Fünf-Prozent-Marke beim Tagesgeld fallen, sagen Experten.

Ein Bankwechsel war nie so einfach wie heute

Fünf Prozent Zinsen im Jahr – oder gar keine. Das macht bei einer Sparsumme von 10.000 Euro immerhin einen Unterschied von 500 Euro. Auch der bequemste Sparer, der sein Leben lang bei der gleichen Bank war, dürfte da immer mehr ins Grübeln kommen.

Hinzu kommt, dass ein Bankwechsel nie so einfach wie heute war: Seit 2016 müssen die Banken bei einem Kontowechsel helfen. Lastschriften und Daueraufträge werden auf das neue Konto übertragen, Auftraggeber automatisch informiert. Bequemer kann man es den Kunden nicht mehr machen.

Die nächsten Monate werden zeigen, ob die Strategie der Banken aufgeht, oder es zu einer Abstimmung mit den Füßen kommt. Im schlimmsten Fall treiben die Filialbanken ihre Kunden in die Arme von Direktbanken. Und wenn die Treue einmal gebrochen ist, kehren die Kunden auch nicht mehr zurück.

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Aber selbst wenn nicht: Junge Sparer, die meist deutlich flexibler in ihren Anlageentscheidungen sind, schrecken die Sparkassen und Genossenschaftsbanken mit diesen Konditionen ab. Der Kundenstamm der Filialbanken stirbt, brutal formuliert, langsam aus. Und auch darauf haben die Institute noch keine Antwort.

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