Herr Otte, wie fällt Ihre Bilanz für das Anlagejahr 2015 aus?
Es war kein einfaches Jahr für Anleger. Man merkt, dass sich alles für das Endspiel um die Vermögenswerte der Welt positioniert hat. Die Besitzer von Geldforderungen müssen verlieren, während die Besitzer von guten Sachwerten – dazu gehören auch Aktien von Unternehmen mit guten Geschäftsmodellen – eine gute Chance haben, ihr Vermögen über dieses Endspiel zu retten.
Zur Person
Max Otte, Jahrgang 1964, ist ein deutsch-amerikanischer Ökonom, der durch sein 2006 erschienenes Buch „Der Crash kommt“, in dem er die Finanzkrise vorhersagte, national wie international große Bekanntheit erlangt hat. Er ist Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Worms und war Professor für Unternehmensanalyse und -diagnose an der Universität Graz. Der Vertrag mit der Uni Graz ist inzwischen ausgelaufen ist, die Lehrtätigkeit in Worms ruht. Otte ist Leiter des 2003 von ihm gegründeten Instituts für Vermögensentwicklung (IFVE) sowie unabhängiger Fondsmanager. Zwei Investmentfonds für Privatanleger, die nach der Strategie von Max Otte seit 2008 und 2013 anlegen, basieren auf seinen Anlageentscheidungen. Otte ist Herausgeber des Börsenbriefs "Der Privatinvestor", hat zahlreiche Bücher zu verschiedensten Wirtschafts- und Anlagethemen veröffentlicht und ist gern gesehener Gast auf Vortragsveranstaltungen, in Talkshows und in Expertengremien.
Die klassischen Qualitätstitel sind entsprechend weiter gelaufen. Außerdem war es ein Rekordjahr im Hinblick auf Übernahmen und Fusionen. Bei Rohstofftiteln, Industrie und Goldminen ging es aber weiter bergab. Die Korrektur im Spätsommer hat uns heftiger erwischt als erwartet. Wir mussten Verkäufe mit Verlust hinnehmen, um die Risikostruktur unserer Fonds zu verbessern.
Vor einem Jahr hatten Sie noch Rohstofftitel und Energiekonzerne im Portfolio. Haben Sie die noch?
Wir sind größtenteils ausgestiegen, vor allem Rohstofftitel haben wir mit Verlust verkauft. Wir haben nur noch eine Minenaktie im Portfolio, eine Gold- und Kupfermine.
Die wichtigsten Fakten zu Gold
Die gesamte Goldnachfrage im zweiten Quartal 2014 betrug 963.8 Tonnen. Damit ist die Nachfrage um 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q2'13: 1,148.3) gefallen.
Quelle: World Gold Council
Die weltweite Nachfrage nach Schmuck betrug im zweiten Quartal 2014 insgesamt 509.6 Tonnen und ist damit um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (Q2'13: 726.7) gefallen.
Die Nachfrage des Technologiesektors belief sich im zweiten Quartal 2014 auf 101 Tonnen und blieb damit, verglichen mit den 103.8 Tonnen im zweiten Quartal 2013, nahezu unverändert.
Die Nachfrage nach Goldbarren und -münzen im zweiten Quartal 2014 deutlich gesunken – auf 275.3 Tonnen. Ein Minus von 56 Prozent im Vergleich zu 2013 (Q2: 627.9).
Dass die Gesamtnachfrage nach Gold im zweiten Quartal 2014 um 16 Prozent zurückging, ist vor allem auf die Abflüsse aus Gold-EFTs zurückzuführen, die sich auf insgesamt auf 39.9 Tonnen beliefen. 2013 waren das im zweiten Quartal noch 402.2 Tonnen.
Die Nettoeinkäufe von Zentralbanken betrugen 117.8 Tonnen. Dies entspricht einem Anstieg von 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal (92.1 Tonnen).
Die Goldnachfrage im Investment belief sich im zweiten Quartal 2014 auf 235.4 Tonnen. Das ist eine minimale Steigerung von vier Prozent, im Vorjahresquartal waren es 225.7 Tonnen.
Die klassischen Versorger hatten wir schon länger nicht mehr. Der Absturz dieser Energiekonzerne ist für mich auch eine Facette des Endspiels – ganze Branchen werden durcheinandergebracht, Geschäftsmodelle zerstört. In diesem Fall durch eine unglaublich dumme deutsche Politik, die sich instrumentalisieren lässt. Immer mehr setzt sich die Machtwirtschaft anstelle der Marktwirtschaft durch.
Nennen Sie ein Beispiel dafür.
Der VW-Skandal verdeutlicht das Problem. Die USA haben unglaublich niedrige Grenzwerte für Feinstaubemissionen verhängt, 32 Milligramm pro Kilometer. In der EU sind diese Grenzwerte viel höher – bei 86 Milligramm. Nun fragt man sich, warum die USA solch niedrige Grenzwerte verhängen, wo sie doch sonst nicht so zimperlich in Umweltfragen sind. Zudem dürften die amerikanischen Dieseltrucks weiter als Dreckschleudern rumfahren. Aus Sicht von Hans-Werner Sinn, der ich mich anschließe, ist das amerikanische Industriepolitik zu Lasten der deutschen Autokonzerne. Die US-Konzerne haben nämlich keine Diesel-PKW.
Die Folgen von Dieselgate
Die Entwicklung der Motorsteuergeräte-Software erfolgt in Zukunft unter strikter Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips.
Emissionstests werden künftig grundsätzlich extern und unabhängig überprüft.
Die Prüfstandswerte sollen stichprobenartig mit Real-Life-Test zur Emissionseinhaltung auf der Straße überprüft werden.
Seit Beginn des Jahres 2015 sind 6 von 10 Vorstandsposten neu besetzt worden. Zudem wurden neue Posten außerhalb des Vorstands – etwa der des Chefstrategen oder Leiter der Digitalisierung – geschaffen.
Sieben von dreizehn Markenchefs inklusive der Konzernspitze wurden im Laufe des Jahres 2015 ausgetauscht.
Kehren wir zu den Aktien zurück. War der Kurssturz vom Sommer tatsächlich nur eine Korrektur oder ein Vorbote dessen, was uns bald erwartet?
Fest steht, dass die globalen Schulden noch einmal in der Größenordnung eines Welt-Bruttoinlandsproduktes gestiegen sind. Das kann nicht ewig so weitergehen. In den USA wurde das billige Geld lange für Aktienrückkäufe der Unternehmen auf Kredit genutzt. Zunächst ist das für Aktionäre gut. Das Vermögen auf dem Papier ist deshalb kräftig in die Höhe geklettert. Aber Private-Equity-Firmen kaufen mit dem billigen Geld den halben deutschen und europäischen Mittelstand auf und hinterlassen große Verwüstungen. Komisch, dass niemand mehr von „Heuschrecken“ spricht, wie es der damalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering 2005 tat. Irgendwann müssen die Schulden jedenfalls reorganisiert oder erlassen werden. Die Wachstumsschwäche Chinas tat vor diesem Hintergrund ihr Übriges. Hinzu kommen die Krisen rund um Europa, die uns demoralisieren und zeigen, wie handlungsunfähig wir sind.
Die fünf großen Gefahren für Chinas Wirtschaftswachstum
Seit Jahren schießen die Immobilienpreise in Chinas Großstädten in ungeahnte Höhen - seit Monaten mehren sich jedoch Zeichen für einen Kollaps.
Neben den trägen Staatsbanken hat sich in China ein großer Markt von nicht-registrierten Geldinstituten etabliert, die der Staat bislang nicht kontrollieren kann.
Banken haben ohne genaue Prüfung Firmen immense Kredite für unproduktive und verschwenderische Investitionen gegeben.
Mit Subventionen der Regierung haben viele Branchen gewaltige Überkapazitäten aufgebaut, beispielsweise die Solarindustrie. Aber sie werden ihre Produkte nicht los.
Chinas Wirtschaft hängt vom Export ab. Geraten wichtige Abnehmerländer in Krisen, hat auch China Probleme.
Inwiefern sind die USA im Vorteil?
In den USA ruft die Rekordverschuldung nur ein müdes Achselzucken hervor, Schulden sieht man dort nicht als Problem. Außerdem wurde der Bankensektor nach Ausbruch der Finanzkrise in den Staaten radikal ausgemistet und die Notenbank Fed hat die Rolle der Bad Bank übernommen. Sie stützt den Dollar, stützt damit die Aktienmärkte und stellt den Unternehmen das Kapital zur Verfügung, um sich europäische Unternehmen zu kaufen und hiesige Märkte einzuverleiben.
Konserven für den Ernstfall
Sehen Sie darin das drohende Endspiel?
Die Börse ist auf die ständige Geldzufuhr durch die Notenbanken angewiesen. Aber das kann nicht ewig so weitergehen – und keiner weiß, was alles passiert, wenn die Notenbanken weiter Geld drucken. Im schlimmsten Fall ist dann Geld nichts mehr wert und die Wirtschaft kommt zum Erliegen. Ebenso könnten die Konflikte in der Welt zu einem größeren Krieg eskalieren. Wir stecken immer noch in einer echten Weltwirtschaftskrise, auch wenn die Zwangsmaßnahmen und die Staatswirtschaft der Notenbanken das zu vertuschen versuchen. Dafür gibt es kein Drehbuch, man kann sich das kaum vorstellen. Aber wenn so etwas passiert, dürfte es einen kompletten Neustart des Wirtschaftssystems erforderlich machen.
Das klingt nach Tauschwirtschaft, Hyperinflation und Währungsreform. Haben Sie einen Bunker und Regale voller Konserven?
Einen Bunker habe ich nicht. Aber einige Vorräte lagern schon im Keller. Und etwas Edelmetall ist auch nicht schlecht. Eine große deutsche Tageszeitung schrieb vor Jahren, dass ich „kein raunender Apokalyptiker“ sei. Bin ich auch nicht. Aber die Risiken sind gestiegen. Es wäre sträflich, das komplett zu ignorieren. Wenn es wirklich kracht, kommt man nicht so ohne weiteres an sein Geld, vielleicht ist sogar eine Währungsreform nötig. In meinen Augen ist der Euro eine Fehlkonstruktion. Dass Schuldenstaaten wie Griechenland mit allen Mitteln in der Euro-Gruppe gehalten werden, macht die Konstruktion des Euro noch riskanter.
Bedeutet die Zinswende in Amerika-, während die EZB immer mehr Geld in die Märkte pumpt – einen zusätzlichen Vorteil für die USA?
Dadurch wird noch mehr Kapital aus Europa und den Schwellenländern in die USA fließen. Der schwächere Euro hilft zwar unseren exportorientierten Unternehmen, macht aber auch Aktien und Unternehmen aus Europa für Amerikaner billiger. US-Unternehmen wird es damit noch leichter fallen, europäische Märkte zu erobern und vor allem europäische Unternehmen zu schlucken. Die USA verfolgen eine konsequente und rücksichtlose Industriepolitik, um ihre eigenen Unternehmen zu fördern. Der VW-Skandal zeigt dies, aber auch der Umgang mit Siemens, den schweizerischen Banken und der Deutschen Bank fallen in diese Kategorie. Wäre Europa genauso streng bei der Einhaltung der europäischen Datenschutzbestimmungen, müssten viele US-Unternehmen, allen voran die großen IT-Konzerne, Geschäftsverbote oder satte Bußen bekommen.
Dabei zeigen Europa und die USA auf politischer Ebene wieder mehr gemeinsame Interessen – vor allem im Hinblick auf Russland.
Die völlig destruktiven Sanktionen gegen Russland werden vor allem von Deutschland und Österreich und einigen anderen EU-Staaten bezahlt. Viele unserer Unternehmen leiden unter diesen Sanktionen. Ein neuer Riss durch Europa wird hier bewusst herbeigeführt. Und für die US-Konzerne ist diese Situation potenziell vorteilhaft. Selbst europäische Konzerne investieren vermehrt in den USA. Dazu passt auch das amerikanische Interesse am Handelsabkommen TTIP.
Als Aktieninvestor müsste TTIP doch eigentlich in Ihrem Interesse sein?
Nein, ich bin seit langem dagegen. Und ich sage das nicht als notorischer USA-Gegner. Ich kenne die USA sehr gut, schätze vieles an den USA und bin selbst seit mittlerweile zehn Jahren auch amerikanischer Staatsbürger. Ich sorge mich aber um die Zukunft der europäischen Wirtschaft, wenn Großkonzerne und ihre Lobbyisten das Sagen haben. TTIP ist ein großer Schritt in Richtung einer Wirtschaftsordnung der Reichen und Superreichen, die Kapitalseite wird gestärkt. Staaten können nun von Konzernen auf Vermögensschaden verklagt werden. Zum Beispiel wurde der Staat Michigan vom Betreiber einer Brücke verklagt, weil dieser seine Zolleinnahmen gefährdet sah, wenn die neue Brücke zwischen Detroit und Kanada gebaut wird. Das wurde im Ernst lange verhandelt, am Ende sah sich das Gericht nicht zuständig. Aber auch ohne Urteilt zeigt das, wie TTIP die Handlungsfähigkeit der Staaten in Bezug auf Infrastruktur- oder Sozialpolitik beschneidet. Wenn TTIP kommt, bedeutet das das endgültige Aus Europas und den kompletten ökonomischen Anschluss Europas an die USA.
Was ein Freihandelsabkommen zwischen EU und USA bringt
Die Zölle zwischen den USA und den EU sind bereits niedrig. Sie liegen im Schnitt zwischen fünf und sieben Prozent, sagt der deutsche Außenhandelsverband BGA. Da jedoch jährlich Waren im Wert von mehr als einer halben Billion Euro über den Atlantik hin- und herbewegt werden, kann die Wirtschaft Milliarden sparen. Europäische Chemieunternehmen haben 2010 für Exporte in die Vereinigten Staaten fast 700 Millionen Euro in die US-Staatskasse gezahlt. Umgekehrt führten die USA gut eine Milliarde Euro nach Brüssel ab. Wirtschaftsverbände erwarten durch den Fall der Zollschranken weniger Bürokratie für mittelständische Unternehmen und mehr Geld für Investitionen, etwa in Forschung und Entwicklung.
Die deutsche Wirtschaft verspricht sich Impulse in Milliardenhöhe. "Das Freihandelsabkommen könnte unsere Exporte in die Vereinigten Staaten um jährlich drei bis fünf Milliarden Euro erhöhen", sagt der Außenhandelschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier. Die Amerikanische Handelskammer in Deutschland (AmCham) rechnet mit einem zusätzlichen Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in Höhe von 1,5 Prozent. Viele Unternehmen hoffen zudem darauf, einen besseren Zugang zu öffentlichen Aufträgen in den USA zu bekommen.
Fast unlösbar scheinen die unterschiedlichen Auffassungen zwischen den USA und der EU in Fragen der Landwirtschaft. "Für die Amerikaner sind Hormonfleisch und Genmais kein Problem, für Europäer ist das dagegen ein 'No-Go'", sagt der Geschäftsführer des Außenhandelsverbandes BGA, Jens Nagel. "Da kann man sich auch nicht in der Mitte treffen." Die Handelskammer AmCham empfiehlt daher, dass Thema außen vor zu lassen. "Das Thema Agrar würde die Gespräche nur belasten", sagt AmCham-Ehren-Präsident Fred Irwin. "Deshalb wäre es gut, das beiseite zu schieben."
Bei der Angleichung technischer Standards. "Das fängt bei der Länge der Stoßstangen an und hört beim Krümmungswinkel des Rückspiegels auf", sagt BGA-Experte Nagel. "Hier gibt es seit Jahrzehnten unterschiedliche Standards, die sich nicht in wenigen Jahren angleichen lassen." Die Chemieindustrie fordert, vor allem Umwelt-, Verbraucher- und Gesundheitsschutz stärker aufeinander abzustimmen.
Die deutschen Exporteure warnen davor, aus dem Freihandelsabkommen eine Art Wirtschafts-Nato zulasten anderer Handelspartner zu schmieden. "Uns stört das Gerede um eine Wirtschafts-Nato", sagte der Geschäftsführer des Außenhandelsverbandes BGA, Jens Nagel. "Ein Freihandelsabkommen ist nicht dazu da, sich gegen Dritte abzuschotten nach dem Motto 'Jetzt verbünden wir uns gegen die bösen Chinesen'." In der Politik wird das zum Teil genau andersherum gesehen. "Es bleibt nur noch wenig Zeit, gemeinsam mit den USA Standards zu prägen, bevor Wachstumsmärkte wie China und Indien den Takt angeben", sagte der Geschäftsführer des CDU-Wirtschaftsrats, Thomas Raabe.
Sie können Produkte billiger einkaufen, verspricht beispielsweise der Verband der Automobilindustrie (VDA). "Das würde auch die Kosten eines Autos für den Verbraucher senken", sagt VDA-Präsident Matthias Wissmann. Auch andere Branchen können mit einer Kostensenkung rechnen. Ob sie den Vorteil an ihre Kunden weitergeben oder den eigenen Gewinn damit steigern, bleibt ihnen überlassen. Produkte können außerdem schneller erhältlich sein, wenn sie einheitlich zugelassen werden - etwa wenn die US-Aufsicht FDA ein neues Medikament freigibt, das damit automatischen die Zulassung in den EU erhält. (Quelle: Reuters)
Wie gefährlich sind die Flüchtlingskrise, der Konflikt in der Ukraine und der Kampf gegen den IS-Terror in Syrien für Anleger und Sparer?
Weil sich die EU-Staaten über ein gemeinsames Vorgehen in Syrien nicht verständigen können, hat Putin selbst die Initiative ergriffen und unterstützt Syriens Staatschef Assad im Kampf gegen den IS. Er tut das wohlüberlegt, beschwört damit jedoch auch Streit mit anderen Staaten herauf, die den IS ohne Assad bekämpfen und die Ukraine unterstützen wollen. Noch gab es keine Eskalation in der Weltpolitik, aber das kann jederzeit passieren. Als die Türkei den russischen Kampfjet an der syrischen Grenze abgeschossen hat, dachte ich schon, jetzt ist es soweit. Immerhin ist die Türkei ein NATO-Land. Zum Glück sind alle noch ruhig geblieben. Ich kann nur die Besonnenheit und Ruhe von Putin loben. Die Lage ist jedoch hochexplosiv und toxisch für die Märkte.
"Anleger dürfen sich von einer Verkaufspanik nicht anstecken lassen"
Wie groß schätzen Sie das Risiko ein, dass die Lage im kommenden Jahr kippt, das Endspiel also stattfindet?
Bleibt eine politische Eskalation aus, haben wir für einen Crash derzeit zu viel Planwirtschaft. Solange die Notenbanken im politischen Interesse weiter unbegrenzt Liquidität zur Verfügung stellen, wird es auch für Anleger weiter laufen, allerdings im festverzinslichen Bereich ohne Rendite. Aber das Gefahrenpotenzial ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen und nimmt weiter zu. Es besteht jedenfalls die Gefahr, dass sich unser Geld und unser Papiervermögen in Luft auflöst. Dann ist es gut, wenn man noch etwas Werthaltiges besitzt.
Dabei denken die meisten zuerst an Immobilien. Für Sie sind das in erster Linie Aktien?
Friedrich von Metzler, für mich Deutschlands bester Privatbankier, erzählt gerne, dass seine Bank zweimal in ihrer Geschichte gerettet werden konnte, weil ihr immer noch die Aktien blieben, als sie alles andere bereits verloren hatte. Das Aktiendepot war die Basis für die wirtschaftliche Auferstehung der Bank. Aktien sind nun einmal ein Sachwert, weil sie gleichbedeutend sind mit dem Eigentum an Unternehmen.
Welche Aktien sind ihrer Einschätzung nach relativ krisenfest?
Es sind vor allem Aktien mit soliden, dauerhaft funktionierenden Geschäftsmodellen. Solche Qualitätstitel zeichnen sich dadurch aus, dass sie in nahezu allen Marktphasen stabiles Geschäft haben, also etwa Konsum- und Pharmatitel. Auch die IT-Branche ist unter diesem Aspekt interessant.
Wenn die Kurse aber wie 2015 stark schwanken, dürfte das viele Anleger den letzten Nerv kosten.
Anleger brauchen Geduld und dürfen sich von einer Verkaufspanik nicht anstecken lassen, wenn es kracht. Selbst wenn die Aktien einbrechen, bleiben dem Anleger immer noch Unternehmensanteile. Von Anleihen sollten Privatanleger jedenfalls die Finger lassen, weil der Markt völlig aus den Fugen geraten ist, eine Verzinsung gibt es nur bei hohem Risiko. Das einzige was bleibt, ist eine Verteilung des Vermögens über verschiedene Anlageklassen und viel Geduld. Wer mag, kann noch Wachstumswerte beimischen.
Gehört Gold trotz des weiter gesunkenen Kurses ihrer Meinung nach in jedes Portfolio?
Ja, als Versicherung. Der günstige Goldpreis lädt sogar zum Aufstocken ein. Aber ein Vermögensanteil von zehn bis 15 Prozent ist ausreichend. Selbst ausgesprochene Goldfanatiker sollten nicht über 30 Prozent gehen. Denn wenn nur noch kleine Transaktionen mit Bargeld gemacht werden dürfen, bekommt man auch das Gold nicht mehr in den Umlauf.
Im vorigen Jahr lagen Sie mir Ihrer Prognose für einen Dax zwischen 11.000 und 12.000 Punkten zumindest zeitweise richtig. Wo sehen Sie den Dax im Laufe des Jahres 2016?
Wenn es so weiter läuft wie zuletzt, halte ich einen neuen Dax-Rekord mit bis zu 14.000 Punkten durchaus für möglich. Solche Prognosen sind jedoch für meine Investitionsentscheidungen unerheblich, weil sie Wetten auf Zeit sind. Das kann eintreffen oder auch nicht. Richtig ist es, auf prinzipiell sichere Vermögensgegenstände wie Aktien von Qualitätsunternehmen, Qualitätsimmobilien und Gold zu setzen und sich in Geduld und Gelassenheit zu üben.