Neobroker Ein Girokonto von Trade Republic?

Mit der Vollbanklizenz kann Trade Republic noch stärker ins Bankgeschäft drängen. Quelle: dpa

Europas führender Neobroker hat von der EZB grünes Licht für eine Vollbanklizenz bekommen. Damit steht Trade Republic künftig auf einer Ebene mit den großen Banken.

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Knapp fünf Jahre nach Unternehmensgründung bekommt Trade Republic ein besonderes Geburtstagsgeschenk: Der Berliner Neobroker hat von der Europäischen Zentralbank (EZB) eine Vollbanklizenz erhalten. Das teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. „Mit dem Erhalt der Vollbanklizenz öffnet sich ein neues Kapitel in der bisherigen Entwicklung von Trade Republic“, sagte Mitgründer Christian Hecker.

Bislang hatte sich Trade Republic vor allem auf klassische Kapitalmarktprodukte konzentriert. Kerngeschäft ist der Handel mit Aktien und ETFs zu günstigen Konditionen. Seit Anfang des Jahres verzinst das Unternehmen außerdem Kundeneinlagen, mittlerweile mit vier Prozent. Zuletzt führte es den Anleihehandel ein.

Mit der Vollbanklizenz kann Trade Republic seine Produktpalette abermals ausbauen. Formal gesehen steht es nun auf einer Ebene mit großen Bankinstituten. Was genau Trade Republic für die Zukunft plant, verrät das Start-up zwar noch nicht.

Fest steht aber: Nun, wo Deutschlands führender Neobroker eine eigene Vollbanklizenz in der Tasche hat, kann das Unternehmen theoretisch in den Zahlungsverkehr einsteigen. Zum Beispiel könnte es ins Kreditgeschäft einsteigen und ein eigenes Girokonto anbieten. Überlegungen dieser Art gibt es offenbar schon: Recherchen der WirtschaftsWoche hatten jüngst gezeigt, dass Trade Republic zumindest zeitweise an einer eigenen Bezahlkarte gearbeitet hat. Das war Videomitschnitten einer internen Veranstaltung zu entnehmen, die der WirtschaftsWoche vorliegen.

Gibt es bald Tagesgeldkonten bei Trade Republic?

Außerdem könnte Trade Republic in Zukunft ein eigenes Tagesgeldkonto offerieren – und damit Geld verdienen. Bis jetzt verfügte das Fintech nur über eine Wertpapierbanklizenz und durfte keine Kundengelder selbst verwahren, geschweige denn verzinsen. Die Einlagen lagerte es bei Partnerbanken wie der Deutschen Bank und reichte für diese Zinsen an seine Nutzer weiter.

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von Philipp Frohn, Lukas Zdrzalek

Mit der Vollbanklizenz kann Trade Republic unabhängiger agieren. Der Vorteil: Wenn das Fintech die Kundeneinlagen künftig selbst verwaltet, kann es daraus auch Einnahmen generieren. Der Einlagenzins der EZB liegt derzeit bei 4 Prozent. Den bekommen Banken, wenn sie Geld bei der Zentralbank lagern.

Allein in den ersten zwei Wochen nach der Zinsofferte zu Jahresbeginn sollen Kunden Insidern zufolge zwischen zwei und drei Milliarden Euro eingezahlt haben. Trade Republic kommentiert die Zahlen nicht. Mittlerweile dürfte es aber deutlich mehr sein, insbesondere nachdem das Fintech die Zinsen von ursprünglich zwei auf vier Prozent verdoppelt hatte.

Konservativ geschätzt ließe sich aus den Einlagen schnell ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag an Zinseinnahmen generieren. Geld, das Trade Republic gut gebrauchen kann: Fürs Geschäftsjahr 2021/22 – das sind die neuesten Zahlen – wies das Fintech einen Fehlbetrag von 145 Millionen Euro aus, über 300 Prozent mehr als im Vorjahr.

Ein Selbstläufer war die Vollbanklizenz offenbar nicht. Schon seit Jahresbeginn kursierte das Gerücht, dass Trade Republic bei der Bundesfinanzaufsicht BaFin eine Vollbanklizenz beantragt hatte. Qua Gesetz sind die Aufseher dazu verpflichtet, über solche Anträge binnen sechs Monaten zu entscheiden, sobald alle Dokumente vorliegen. In Branchenkreisen war diskutiert worden, ob zunächst Unterlagen fehlten oder aber die EZB Einwände hatte. Die Notenbank hat bei solchen Anträgen das letzte Wort.

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Mit der Vollbanklizenz dürfte Trade Republic nun stärker in den Fokus der Aufseher rücken, muss strenge Eigenkapitalanforderungen erfüllen und Geldwäscherichtlinien genau beachten. Große Hürden, aber auch große Chancen – und nach dem Zinsangebot eine neue Kampfansange an die Banken.

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