
Zeit für die Vorbereitung seiner Aussage hatten er und seine Anwälte genug: Seit rund drei Jahren sitzt Jonas Köller, der zusammen mit seinem Kumpel Stephan Schäfer die Frankfurter Immobiliengruppe S&K gründete, nun in Untersuchungshaft. Entsprechend strukturiert wirkt Köllers erster großer Auftritt vor dem Frankfurter Landgericht. Der Angeklagte, so scheint es, möchte die Figur eines seriösen Unternehmers abgeben. Fast jede seiner Aussagen unterlegte er mit einem Aktenzeichen, präsentierte reihenweise Dokumente, die seine angebliche Unschuld zeigen sollen.
"Das ganze Verfahren ist ein Konstrukt", erklärt Köller in seinen Vorbemerkungen. Die Staatsanwaltschaft, so die Sichtweise des angeklagten S&K-Gründers, sei mit ihrer Razzia an einem "Point of no return" angekommen und habe "unverhältnismäßig und übereilt" gehandelt.
Am 19. Februar 2013 hatten etwa 1200 Ermittler im Rahmen einer Großrazzia massenweise Akten und Sachgegenstände von S&K sichergestellt. Mehr noch: durch ihr vorschnelles Eingreifen, so die Auffassung Köllers, habe die Staatsanwaltschaft verhindert, dass die S&K-Gruppe große Gewinnsummen einfahren konnte. Reue ist bei Köller während seiner dreijährigen Untersuchungshaft offenbar nicht aufgekommen.





Seine Aussage wurde mit Spannung erwartet. Bereits Ende September 2015 startete der Prozess gegen die Frankfurter Immobiliengruppe S&K. Mit einer Anklageschrift von rund 1780 Seiten ist es einer der umfangreichsten Wirtschaftsstrafprozesse der deutschen Geschichte.
Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet schwerer Betrug und Untreue: Die Angeklagten sollen rund 11.000 Anleger um ihre Fondsgelder in Höhe von 240 Millionen Euro geprellt haben. Statt das Geld wirksam einzusetzen, soll es in den exzessiven Lebensstil der Firmengründer geflossen sein. Teure Autos und Villen gehörten genauso dazu wie Partys mit Prominenten und Elefanten.





Allein die Verlesung der Anklage dauerte fast vier Monate, immer wieder verzögerten Anträge der Verteidigung den Ablauf. Nachdem im Februar bereits die beiden Angeklagten Thomas G. und Hauke B., Geschäftspartner von Schäfer und Köller, ausgesagt hatten, durfte nun Köller persönlich ans Mikrofon.
240 Millionen Euro sollen veruntreut worden sein
Die Staatsanwaltschaft, legte Köller los, bliebe bei ihrem Betrugsvorwurf und der angeblich veruntreuten Summe von 240 Millionen Euro. In der Folge versuchte Köller aufzuzeigen, warum es sich dabei um ein Irrtum handeln müsse.
Sein Jahresgehalt und das seines Kollegen Schäfer bezifferte Köller mit 1,2 Millionen Euro. Das sei hoch, so der Angeklagte. Im Vergleich zum Gehalt von Chefs börsengehandelter Unternehmen relativere es sich aber. Gleichzeitig erklärte Köller, den ihm angehängten teuren Lebensstil habe er lediglich aus seinen Bezügen bestritten, nicht mit dem Geld der Anleger. Dafür zeigt der Angeklagte Kreditkartenabrechnungen. Einzelne Posten sind feinsäuberlich mit dem Buchstaben J markiert, für Jonas. Das seien Privatausgaben, welche er zwar mit der Firmenkreditkarte bezahlt, aber später erstattet habe. "18 Prozent Zinsen" will Köller darauf gezahlt haben.
Reisen nach Mallorca oder Cannes rechtfertigt der S&K-Gründer dagegen mit Immobilien, die S&K dort besessen habe. Zudem habe es natürlich Incentive-Reisen für die Mitarbeiter gegeben, das sei ja im Kapitalmarktgeschäft so üblich, erklärt er und rezitiert dafür extra den zugehörigen Wikipedia-Artikel über Incentives. Es sei also völlig normal, das derartige Reisen mit Mitarbeitern aus dem Firmenbudget bezahlt worden seien.